UV-Schutz
UV-Schutz in Zeiten des Klimawandels
Welchen Einfluss hat der Klimawandel auf die UV-Strahlung? Was bedeutet das für den Sonnenschutz in der Arbeitswelt? Die gute Nachricht vorweg: Gut gemachter Sonnenschutz ist auch Hitzeschutz und erleichtert den Betroffenen die Arbeit, was sich wiederum in der Produktivität niederschlägt. Die schlechte Nachricht: Es wird aufgrund höherer Sonnenscheindauer auch die UV-Exposition zunehmen.
Sonnenschutz ist in unserer westlichen Kultur verknüpft mit Freizeit. Den wenigsten kommt in den Sinn, dass die berufliche UV-Exposition bei Arbeiten im Freien die dominierende sein könnte.
Dosis
Die bestimmende Größe für Schäden im Gewebe durch UV-Strahlung ist die Dosis, also die „Menge“ an Strahlung. Es ist entscheidend, dass wenig UV-Strahlung auf unseren Körper trifft – aber nicht, dass wir gar keiner UV-Strahlung ausgesetzt sind. Die „Menge“ ergibt sich aus der Intensität der Strahlung und der Zeit, über die diese Strahlung einwirkt. Und das sind die zwei Hebel, bei denen man ansetzen kann: Jede Art von Abschirmung, sei es Kleidung, Schirme, Zelte usw., verringert die Intensität. Die Zeitdauer, die ich mich der Sonne aussetze, kann ich im Privaten selbst bestimmen. Beruflich aber legen die Arbeitsumstände dies fest. Das Personal kann nicht wählen, weder Ort noch Zeit. Darin liegt der wesentliche Unterschied, der beruflichen Sonnenschutz zwingend erforderlich macht.
Hitze ≠ UV
Betrachten wir die Berufe am Bau. Es ist nun einmal so, dass viele Arbeiten in den Sommermonaten erfolgen. Die acht Stunden (oder mehr) liegen immer in der Zeit der höchsten UV-Intensität mit dem Maximum zur Mittagszeit (13 Uhr Sommerzeit). Die höchste UV-Intensität im Jahr ist am 21. Juni gegeben. Die UV-Strahlung ist nämlich neben dem Wetter und einigen anderen Einflussfaktoren vor allem vom Sonnenstand abhängig. Die Zeit der höchsten UV-Strahlung ist aber nicht unbedingt die Zeit der größten Hitze. Nur weil es heiß ist, muss nicht zwangsläufig viel UV-Strahlung vorhanden sein. Und umgekehrt gilt: Wenn es noch kalt ist, kann trotzdem die UV-Strahlung schon hoch sein. Nimmt man den Juni als zentralen Monat mit der höchsten UV-Strahlung, so liegen Mai und Juli gleichauf, ebenso April und August. An diesem Beispiel sieht man, dass UV-Strahlung und Hitze per se nichts miteinander zu tun haben (siehe Abb. 1).
Beruflicher Sonnenschutz
Wie schaut es mit dem Sonnenschutz im Arbeitsalltag jedes:jeder einzelnen Arbeiters:Arbeiterin aus? Der Gesetzgeber legt in der VOPST fest, dass bei Arbeiten im Freien für die sogenannte natürliche optische Strahlung, also die Sonnenstrahlung, eine Gefährdungsbeurteilung erfolgen muss, woraus dann gegebenenfalls Sonnenschutzmaßnahmen abzuleiten sind. Bei der Gefährdungsbeurteilung kann man sich an den Leitfaden über natürliche optische Strahlung1 halten. Dieser zeigt im Wesentlichen drei Möglichkeiten der Beurteilung auf:
- nach Tages-/Jahreszeit (11–15 Uhr, April–Sept.)
- nach dem UV-Index (UVI ≥ 5; uv-index.at)
- nach der Schattenlänge (eigener Schatten ≤ 85 % von Körpergröße)
Individuelle Situationen, die eine Schwächung oder Verstärkung der UV-Strahlung bewirken, können berücksichtigt werden. Besteht nach einem dieser Kriterien eine Gefährdung des Personals, sind Schutzmaßnahmen seitens des Unternehmens zu treffen. Diese gliedern sich laut Leitfaden, wie es sich im AN-Schutz nach dem TOP-Prinzip gehört, in
- technische (ab UVI 8),
- organisatorische (ab UVI 8) und
- persönliche (ab UVI 5!)
Schutzmaßnahmen.
Allerdings denkt man in der westlich geprägten Gesellschaft bei Sonnenschutz fast ausschließlich an die persönlichen Schutzmaßnahmen – und da auch nur an die Sonnenschutzcreme. An Beschattungen und Kleidung wird meist nicht gedacht. Genau das spiegelt sich auch in den Texten zu Sonnenschutz im Beruf wider. Und so stelle man sich Tausende und Abertausende an Arbeiter:innen vor, wie sie sich mehrmals am Tag einschmieren! Nein, so funktioniert das nicht. Aber wie dann? Wie kann Sonnenschutz bei der Arbeit so gestaltet werden, dass er unternehmensseitig einfach und kostengünstig und für das Personal praktischerweise umsetzbar ist?
Andere Länder, andere Sitten
Nun, blicken wir dazu nach Asien. Die UV-Strahlung der Sonne ist aufgrund der Äquatornähe deutlich höher. Wo immer jemand ein Geschäft, z. B. einen Verkaufsstand, betreibt, – ein Sonnenschirm, ob fix oder variabel montiert, ist immer dabei. Eine schattenspendende Kopfbedeckung wird ganz selbstverständlich getragen.
Vereinfacht gesagt, wird das TOP-Prinzip angewendet (Rangfolge der Schutzmaßnahmen: 1. Technisch, 2. Organisatorisch, 3. Persönlich)! Also zuallererst Beschattung, egal ob durch eine technische Maßnahme wie einen Sonnenschirm, ein Sonnensegel, ein Sonnenzelt oder durch eeine organisatorische Maßnahme wie das Ausnützen von gegebenen Schattenplätzen. Und bei den persönlichen Schutzmaßnahmen läuft mit geeigneter Kleidung wiederum alles auf Schatten hinaus.
Jede dieser Schutzmaßnahmen reduziert die UV-Strahlung deutlich, bevor sie den Körper erreicht. Somit kann die UV-Strahlung weniger Zellen schädigen und zudem können auch die Lichtstrahlen und die IR-Strahlung ihre Energie nur in geringem Ausmaß in Form von Wärme im Körper deponieren. Es ist also ein doppelter Schutz. UV-Schutz ist, richtig angewendet, zugleich auch Hitzeschutz.
Renaissance des TOP-Prinzips
Wenn man nach dem TOP-Prinzip vorgeht, so sind Beschattungen und kurze Expositionszeiten vorrangig, wobei Beschattungen sowohl als technische Maßnahme als auch als persönliche Maßnahme erfolgen können. Beide sind voll umfänglich wirksam. Ersteres sind Sonnenschirme, -segel und -zelte, letzteres textiler Sonnenschutz, also Kleidung und nicht zu vergessen, Sonnenbrillen. Alle Textilien, egal ob als Sonnenschirm oder als Kleidung, bieten den Vorteil, dass die Barriere die Strahlung bereits vor dem Auftreffen auf der Haut absorbiert. Somit wird nicht nur die Haut vor Zellschäden bewahrt, es wird der Körper auch vor der Wärme, die die Strahlung bewirken würde, bewahrt. Technische Sonnenschutzmaßnahmen wirken zudem kollektiv und belasten das Personal nicht individuell.
Wie beeinflusst der Klimawandel die UV-Strahlung?
Hat der anthropogene Klimawandel Auswirkungen auf die Arbeit? Natürlich, sehr viele sogar, allen voran die steigende Anzahl an Hitzetagen mit allen Folgen für den menschlichen Organismus. Hat er auch Auswirkungen auf die UV-Strahlung? Ja, aber bei Weitem nicht so stark wie bei der Temperatur.
Wie viel UV-Strahlung auf der Erdoberfläche ankommt, hängt von mehreren Faktoren ab. Sie wird zuerst durch die Ozonschicht in der Stratosphäre geschwächt. Vor allem betrifft dies die UVb-Strahlung, die für Sonnenbrände und karzinogene Wirkung verantwortlich ist (siehe Abb. 2). Beim Durchgang durch die Atmosphäre findet eine weitere Schwächung statt. Das erklärt auch die Tatsache, dass man in höheren Lagen aufgrund höherer UV-Intensität schneller einen Sonnenbrand bekommt. Weiteren Einfluss auf die UV-Intensität haben die Wolkendecke sowie Aerosole in der Luft (Smog).
Aufgrund des Klimawandels steigt die Sonnenscheindauer bzw. wird die Bewölkung geringer2 (siehe Abb. 3). Mit mehr Sonnenschein steigt folglich auch die Dosis an UV-Strahlung, die man aufnimmt, wenn man im Freien ist. Das ist die direkte Wirkung, die man wahrnehmen kann.
Durch ozonzerstörende Substanzen, u. a. durch den Ausstoß von FCKW, wurde die Ozonschicht geschwächt. Es traten und treten „Ozonlöcher“ über den Polarregionen auf, die sich auf niedrigere Breiten ausdehnen können bzw. klimatisch bedingt wandern können. Dabei handelt es sich allerdings nicht um „Löcher“ von Ozon im eigentlichen Wortsinn, sondern um eine Ausdünnung der stratosphärischen Ozonkonzentration. Das Verbot von FCKW im Jahr 1994 hat mittlerweile dazu geführt, dass sich die Ozonschicht regeneriert und nach derzeitigem Stand bis 2050 mit einer vollständigen Erholung gerechnet wird3.
Während sich im Mittel aus der Ozonschicht eine Angleichung der UV-Intensität im Vergleich zu den 1970er-Jahren ergibt, scheinen durch geänderte klimatische Verhältnisse infolge des Klimawandels vermehrt sogenannte Niedrigozonereignisse aufzutreten4. Das sind kleinräumige ozonarme Luftmassen, die von der Arktis bis nach Mitteleuropa verschoben werden können. Somit kommt es speziell im Frühjahr zu lokal begrenzten, aber stark erhöhten UV-Werten. Zu dieser Jahreszeit ist die Haut noch nicht auf hohe UV-Bestrahlung eingestellt.
Hautkrebs als Berufskrankheit
Seit März 2024 gelten zwei Formen des Hautkrebses, nämlich das Plattenepithelkarzinom (PEK) und Aktinische Keratosen (AK) als Berufskrankheit (BK). Es handelt sich um die BK 7.4.2. aus Anlage 1, ASVG.
Damit die genannten Formen von Hautkrebs als Berufskrankheit anerkannt werden können, ist es neben medizinischen Kriterien notwendig, dass die durch den Beruf verursachte UV-Bestrahlung im Freien die UV-Bestrahlung eines Innenbeschäftigten um 40 % übersteigt. Dies ist bei typischen Außentätigkeiten oftmals nach 10–15 Jahren bereits erreicht, oder anders ausgedrückt: Klassische Berufe, die im Freien ausgeübt werden, sorgen für eine deutliche Mehrexposition an UV-Strahlung.
Jene Krebsfälle, die jetzt als BK gemeldet werden, sind hinsichtlich UV-Strahlung und UV-Exposition ein Blick in die Vergangenheit. Wenn man die durch den Klimawandel bedingte Veränderung der UV-Exposition jetzt betrachtet, so kann man erahnen, dass die BK-Fälle in Zukunft steigen werden. Richtig angewandter, in der Praxis durchführbarer Sonnenschutz heute wirkt präventiv für die Zukunft. Es ist eines der vielen Rädchen, an denen die Gesellschaft in Zeiten des Klimawandels drehen kann.
Publikationen/Literatur
[1] Natürliche optische Strahlung, UV-Strahlung im Freien, Leitfaden, ZAI, 2011, https://www.arbeitsinspektion.gv.at/Zentrale_Dokumente/Arbeitsstaetten-_-plaetze/Arbeitsplaetze/leitfadengefahrenevaluierungf_rnat_rlicheoptischestrahlung.pdf
[2] Hiebl, J., Bourgeois, Q., Tilg, AM. et al. Daily sunshine grids for Austria since 1961 – combining station and satellite observations for a multi-decadal climate-monitoring dataset. Theor Appl Climatol 155, 8337–8360 (2024). https://doi.org/10.1007/s00704-024-05103-5
[3] Future ozone and its impact on surface UV.
Ozone assessment report 2010. World Meteorological Organization, Global ozone research and monitoring project, Report no 52.
[4] Bais et al.: Environmental effects of ozone depletion, UV radiation and interactions with climate change: UNEP Environmental Effects Assessment Panel, update 2017. (2017) Photochem Photobiol Sci 17 (2), S. 127–179. doi:10.1039/c7pp90043k.
Zusamenfassung
Hitze und UV-Strahlung gehen zeitlich nicht synchron. Die UV-Exposition steigt früher an, als die Luft sich aufheizt. Daher ist Sonnenschutz bereits im Frühjahr ein Thema. Der Klimawandel verschärft diese Situation zusätzlich. Beim Sonnenschutz ist vorrangig auf Schatten zu achten und technische Maßnahmen sind zu bevorzugen. Wenn der Sonnenschutz in diesem Sinne angewandt wird, ist er zugleich auch ein Hitzeschutz, belastet das Personal weniger und fördert die Gesundheit der Mitarbeiter:innen.