Lärm
Maschinenanschaffung ohne Schallemissionen
Ob das Summen eines Kühlschranks oder das Rauschen des Verkehrs – Schall ist allgegenwärtig. Er kann aber zur Belastung werden und sogar die Gesundheit schädigen. Daher ist es für Unternehmen unerlässlich, sich mit dem Thema Schallemissionen auseinanderzusetzen und die gesetzlichen Vorgaben zu kennen und umzusetzen.
Schall ist ein physikalischer Vorgang, der auf Schwingungen und Wellen basiert. Wenn ein Stein in einen stillen Teich geworfen wird, breiten sich vom Einschlagspunkt kreisförmige Wellen auf der Wasseroberfläche aus. Ähnlich verhält es sich mit Schall: Man stelle sich eine punktförmige Schallquelle in Form eines Baggers auf einer ebenen, starren Fläche vor (siehe Bild 1, S. 12). Der Motor des Baggers strahlt Schallenergie ab, die sich halbkugelförmig um den Bagger ausbreitet.
Je weiter weg man sich von der Schallquelle befindet, desto leiser wird es, weil sich die Schallenergie auf einer immer größer werdenden Halbkugelfläche verteilt. Es ist zu betonen, dass es bei gleicher abgestrahlter Schallenergie (d. h. gleicher Schallleistung) in unterschiedlichen Entfernungen zu unterschiedlichen Schalldruckpegeln kommt. Unter idealen Bedingungen haben wir eine Pegelabnahme von 6 Dezibel (dB) pro Abstandsverdopplung.
In geschlossenen Räumen verhält es sich etwas komplizierter. Hier kommen noch Anteile des Schalls von den mehr oder weniger stark reflektierenden Wänden dazu. Sind diese Anteile sehr hoch, spricht man von einem diffusen Schallfeld, wo es beinahe keine Ortsabhängigkeit mehr gibt.
Schallwellen können sich, ausgehend von einer Quelle, in verschiedenen Medien ausbreiten – nicht nur in der Luft, sondern auch im Wasser oder in festen Stoffen. Sie können reflektiert, gebogen und absorbiert werden. Die Eigenschaften von Schallwellen – wie ihre Frequenz und ihre Amplitude – bestimmen, ob sie als hoch- oder tiefenfrequent, als lautes oder leises Geräusch wahrgenommen werden.
Quelle
Jedes Geräusch hat eine Quelle, die den Schall erzeugt. Mechanische Schwingungen: Die meisten Geräusche entstehen durch mechanische Schwingungen. Dies können zum Beispiel rotierende Teile einer Maschine, die schwingenden Saiten einer Gitarre oder die vibrierenden Stimmbänder eines Menschen sein. Aerodynamische Prozesse: Auch Luftströmungen können Schall erzeugen. Beispiele hierfür sind das Geräusch einer Lüftungsanlage oder Windgeräusche an Autos, Zügen und Flugzeugen. Thermische Prozesse: Explosionen und Verbrennungen erzeugen Schall durch schnelle Erwärmung und Ausdehnung von Luft.
Medium
Schall braucht ein Medium, in dem sich Schallwellen ausbreiten. Luft: In unserem Alltag ist Luft das häufigste Übertragungsmedium für Schall. Die Schallwellen versetzen die Luftmoleküle in Schwingung, und diese Schwingungen pflanzen sich fort. Wasser: Schall breitet sich auch in Wasser aus, sogar besser als in Luft. Deshalb können Wale über große Entfernungen miteinander kommunizieren. Feste Stoffe: Auch feste Materialien leiten Schall. Wenn man zum Beispiel an eine Wand klopft, hört man den Schall, weil sich die Schwingungen durch die Wand fortpflanzen.
Ausbreitung
Schall breitet sich in Form von Schallwellen aus und kann auf verschiedene Weisen beeinflusst werden. Reflexion: Trifft eine Schallwelle auf ein Hindernis, wird sie reflektiert. Das ist der Grund, warum man in einem Raum mit harten Wänden einen Nachhall hört. Absorption: Einige Materialien absorbieren Schall. Das heißt, sie wandeln die Schallenergie in Wärme um. Beugung: Schallwellen können sich um Hindernisse herum beugen. Deshalb kann man jemanden hören, der um die Ecke spricht.
Wozu brauche ich das Wissen über Schallemissionen?
Lärm am Arbeitsplatz ist mehr als nur ein störendes Geräusch. Maschinen, Anlagen und Prozesse erzeugen Schallemissionen, die die Gesundheit beeinträchtigen können. Mitarbeiter:innen, die täglich dem Lärm von Maschinen ausgesetzt sind, riskieren ohne geeignete Schutzmaßnahmen dauerhafte Hörschäden, Tinnitus oder andere gesundheitliche Probleme.
Was kann zum Schutz der Arbeitnehmer:innen getan werden? Zunächst wird durch Messungen und Bewertungen die Höhe der Lärmbelastung ermittelt. Danach macht man sich über die Ursache und eventuelle Reduktion oder Beseitigung der Lärmemissionen an der Quelle Gedanken. Zum Schluss können gezielt Schutzmaßnahmen ergriffen werden, zum Beispiel lärmarme Arbeitsmittel, Lärmschutzwände und die Verbesserung der Raumakustik. Wenn alle technisch möglichen Maßnahmen ausgeschöpft sind, bleibt noch die Verwendung von Gehörschutzmitteln.
Auch in die Erstellung von Betriebsanleitungen fließt das Wissen über Schallemissionen ein. Die Betriebsanleitung erklärt nicht nur, wie man das Gerät bedient, sondern informiert auch über mögliche Gefahren und wie man sich vor ihnen schützen kann. Nach der Maschinenrichtlinie der EU (2006/42/EG) sind in der Betriebsanleitung Schallemissionswerte aufzuführen – siehe Tabelle 1.
Ist der Emissions-Schalldruckpegel LpA am Arbeitsplatz kleiner als 70 dB, dann reicht die Angabe „LpA ≤ 70 dB“ oder der genaue Wert des Emissions-Schalldruckpegels. Zwischen 70 und 80 dB muss der genaue Wert des Emissions-Schalldruckpegels angegeben sein und über 80 dB zusätzlich der Schallleistungspegel LWA. Ist kein Arbeitsplatz vorhanden, müssen der höchste A-bewertete Emissions-Schalldruckpegel in 1 m Abstand von der Maschinenoberfläche und 1,60 m über dem Boden oder den eventuellen Zugangsplattformen und seine Messposition angegeben werden.
Schallleistungspegel
Der Schallleistungspegel LWA ist so etwas wie der „Fingerabdruck“ einer Schallquelle. Er beschreibt, wie viel Schallenergie die Quelle insgesamt abgibt. Stellen Sie sich einen Heizköper vor: Je höher die Leistung, desto mehr Wärme gibt er ab. Beim Schall ist es ähnlich: Je höher der Schallleistungspegel, desto lauter ist die Quelle.
Der Schallleistungspegel wird in dB angegeben. Das Besondere am Schallleistungspegel ist, dass er unabhängig vom Abstand zur Schallquelle ist. Das bedeutet, dass eine Maschine mit einem bestimmten Schallleistungspegel immer die gleiche Menge an Schallenergie abgibt – egal, ob man direkt danebensteht oder weiter weg, oder ob die Maschine im Freien betrieben wird oder in einem Raum.
Schalldruckpegel am Arbeitsplatz
Während der Schallleistungspegel LWA die Schallquelle beschreibt, gibt der Emissions-Schalldruckpegel am Arbeitsplatz LpA an, wie laut es tatsächlich am Arbeitsplatz ist. Der Schalldruckpegel hängt von verschiedenen Faktoren ab, zum Beispiel vom Abstand zur Schallquelle, von der Raumakustik und von der Anzahl der Schallquellen.
Der Schalldruckpegel wird ebenfalls in dB angegeben. Ein hoher Schalldruckpegel am Arbeitsplatz kann zu Gehörschäden, Stress und Konzentrationsproblemen führen. Deshalb ist es wichtig, den Schalldruckpegel am Arbeitsplatz so niedrig wie möglich zu halten.
Will man den Schalldruckpegel als Beurteilungsgröße, zum Beispiel für den Kauf einer neuen Maschine, heranziehen, muss man beachten, dass der Schalldruckpegel im hohen Maße davon abhängt, wo die Maschine oder Anlage betrieben wird: im Freien oder in einer Halle mit den unterschiedlichsten Schallabsorptionsgraden. Daher hat man sich darauf geeinigt, bei der Angabe von Schalldruckpegeln als Schallemissionsgrößen immer die im Freien betriebene Maschine oder Anlage heranzuziehen. Die Schallpegelerhöhung durch die Raumrückwirkung der verschiedenen Hallen muss in weiterer Folge rechnerisch berücksichtigt werden.
Hinweise zum Schallschutz
Die Betriebsanleitung sollte konkrete Hinweise zum Schallschutz geben. Dazu gehören: Persönlicher Gehörschutz: In der Betriebsanleitung sollten Empfehlungen zum persönlichen Gehörschutz angeführt sein, zum Beispiel, welche Art von Gehörschutz für die jeweilige Lärmbelastung geeignet ist und wie er korrekt angewendet wird. Organisatorische Maßnahmen: Die Betriebsanleitung kann auch auf organisatorische Maßnahmen zum Lärmschutz hinweisen, wie zum Beispiel die Einrichtung von Lärmschutzzonen, die regelmäßige Wartung von Maschinen oder die Verkürzung der Expositionszeiten. Technische Maßnahmen: Auch technische Maßnahmen zum Lärmschutz können in der Betriebsanleitung erwähnt werden, wie zum Beispiel die Verwendung von schallabsorbierenden Materialien oder die Einhausung von lauten Maschinen.
Relevante EU-Vorgaben
Die Europäische Union hat eine Reihe von Richtlinien und Verordnungen im Bereich Lärmschutz erlassen:
- Maschinenrichtlinie (2006/42/EG): Die Maschinenrichtlinie schreibt vor, dass Maschinen so konstruiert und gebaut sein müssen, dass von ihnen keine Gefährdungen unter anderem durch Lärm ausgehen. Ab 20. Januar 2027 gilt eine neue EU-Maschinenverordnung.
- Richtlinie 2000/14/EG über umweltbelastende Geräuschemissionen von zur Verwendung im Freien vorgesehenen Geräten und Maschinen: Diese Richtlinie enthält Grenzwerte für den Schallleistungspegel für bestimmte Geräte und Maschinen, die im Freien betrieben werden.
- Richtlinie zur Lärmgefährdung (2003/10/EG): Diese Richtlinie legt Grenzwerte für die Lärmbelastung am Arbeitsplatz fest und verpflichtet Arbeitgeber:innen zu Maßnahmen des Lärmschutzes. In Österreich wurde diese Richtlinie in der Verordnung Lärm und Vibrationen (VOLV) umgesetzt.
Welche Aufgaben hat die Sicherheitsfachkraft (SFK)?
Die SFK spielt eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben zum Lärmschutz im Unternehmen. Einbeziehung der SFK bei Neukauf: Die SFK sollte bereits bei der Planung und Beschaffung neuer Maschinen und Anlagen einbezogen werden. Sie kann dabei beraten, welche Maschinen die geringsten Schallemissionen aufweisen und welche Lärmschutzmaßnahmen ergriffen werden können. Vergleich von Maschinen anhand standardisierter Parameter: Die SFK sollte in der Lage sein, verschiedene Maschinen anhand von standardisierten Parametern zu vergleichen, um die leiseste Option auszuwählen. Bei der Bestellung von neuen Maschinen oder Anlagen sollte mit dem:der Lieferanten:Lieferantin schriftlich eine Lärmklausel vereinbart werden. Prinzipiell sollten die Wochen- oder Tagesexpositionsgrenzwerte von 85 dB um 3 (oder besser 5) dB unterschritten werden, damit man im Falle der Nichterfüllung oder geringfügigen Überschreitung keine Probleme hat. 2 Formulierungen sind denkbar:
- Arbeitsplatzbezogen: Am Arbeitsplatz oder im Arbeitsbereich der Bedienenden darf der A-bewertete energieäquivalente Dauerschallpegel LA,eq am tatsächlichen Aufstellungsort maximal 80 dB (oder weniger) betragen.
- Maschinenbezogen: Der A-bewertete Messflächenschalldruckpegel LA,eq darf in 1 m Abstand von der Maschinenoberfläche am tatsächlichen Aufstellungsort maximal 80 dB betragen.
Fazit
Maschinenanschaffungen sind der richtige Zeitpunkt, um viel zur Reduktion von Schallemissionen und zum Schutz der Beschäftigten vor Lärm beizutragen. Zentral bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben und geeigneter Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer:innen ist die Einbeziehung der Sicherheitsfachkraft.
Zusammenfassung
Lärm am Arbeitsplatz kann zum Gesundheitsrisiko für Beschäftigte werden. Raumakustische Maßnahmen helfen, den Lärmpegel zu senken. Die AUVA berät und bietet Nachhallzeitmessungen an. Unternehmen sind zudem gut beraten, sich mit Unterstützung der Sicherheitsfachkraft schon vor Anschaffung neuer Maschinen mit deren Schallemissionen und den gesetzlichen Vorgaben auseinanderzusetzen.