Digitalisierung – New Work
Wearables – Steigerung der Arbeitssicherheit?
„Wearables“ oder wörtlich übersetzt „tragbare Technologien“ zählen zu den aktuell wichtigsten Techniktrends und sind aus der Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken. Wearables bieten neue Möglichkeiten, die Sicherheit von Mitarbeitenden zu erhöhen, Arbeitsprozesse effizienter zu gestalten oder Gesundheitsrisiken frühzeitig zu erkennen.
Wearables sind tragbare, mit Sensoren ausgestattete Geräte. Sie erfassen Daten, verarbeiten diese und übermitteln sie – oft in Echtzeit – an andere Systeme. Sie werden am Körper getragen und können mit der Umwelt, anderen digitalen Systemen zum Beispiel via Bluetooth, oder im Sinne des Biofeedbacks mit dem:der Träger:in interagieren, aber auch nur Daten sammeln und speichern. Die gesammelten Daten können wiederum für eine Vielzahl von Zwecken genutzt werden, von der Überwachung der physischen Aktivität bis hin zur Überprüfung von Vitaldaten. Fitnesstracker und Smartwatches sind die einfachsten und im täglichen Leben am weitesten verbreiteten Wearables. Doch Sensortechnologien entwickeln sich ständig weiter: So gibt es bereits Sensoren, die in Textilien integriert werden oder auch Mikrochips, die in den Körper implantiert werden können.
Die Entwicklung kleinerer und leistungsstärkerer Computerprozessoren sowie die Möglichkeit der mobilen Datenübertragung haben wesentlich zur Verbreitung von Wearables beigetragen. Heute gibt es eine ganze Bandbreite an Geräten, die sich unter anderem durch die Art und Weise der Anbringung oder der erfassten Daten unterscheiden lassen.
Die folgende Einteilung orientiert sich am Anbringungsort der Technologien am Körper:
- Hände / Finger: „Smart motion“-Ringe, „Touch interface“-Ringe, „handheld devices“
- Arme / Beine: Sport- und Fitnesstracker, Smartwatches. Projektorarmbänder, Unterarmcomputer
- Kopf: Headsets, Datenbrillen, „smart contact lenses”, „head-mounted displays“
- Kleidung: „smart textiles“, Funktionsshirts, Einlegesohlen, Datenhandschuhe
Der Einsatz von Wearables im Betrieb bietet vielerlei Chancen: So können Smartwatches, Fitnesstracker oder Sensorarmbänder Beschäftigte bei ihrer Tätigkeit unterstützen, indem sie über ihren aktuellen Gesundheitszustand informieren. Datenbrillen oder „head-mounted displays“ ermöglichen die Nutzung von Extended Reality (Überbegriff für Virtual, Augmented und Mixed Reality), „handheld devices“ wie Scanner und Tablets oder Datenhandschuhe werden zu Schulungszwecken, zur Wissensvermittlung, zur Übermittlung von Arbeitsaufträgen und zur Qualitätskontrolle eingesetzt oder können schlichtweg als Informationsquelle genutzt werden. Spezielle Sensorsysteme wie Inertialmess-Sensoren, die Beschleunigungssensoren, Magnetometer oder Gyroskop beinhalten und kabellos funktionieren, messen Bewegungen des Menschen im dreidimensionalen Raum und sind in der AUVA-Prävention beispielsweise seit Jahren fester Bestandteil der Gefährdungsbeurteilung physischer Belastungen am Arbeitsplatz. In der Zukunft könnten Wearables durch Messen bestimmter relevanter Umgebungsfaktoren und Interaktion mit einer externen Stelle Schutzcharakter erzielen und damit als intelligente persönliche Schutzausrüstung (PSA) Einsatz finden. All diese Beispiele runden das umfangreiche Bild an am Körper getragenen Technologien, kurz Wearables, ab.
Funktionen von Wearables
- Datenerfassung und Übertragung: Es ist möglich, eine Vielzahl von Gesundheits- und Umweltdaten wie Puls, Temperatur, Bewegung, Blutsauerstoffsättigung, Luftqualität oder Geräuschpegel zu messen.
- Kommunikation: Wearables können über mobile Netzwerke mit anderen Geräten oder Servern kommunizieren.
- Echtzeit-Datenverarbeitung: Durch die Vernetzung der Geräte können die Daten in Echtzeit analysiert werden. Dies ermöglicht schnelle, objektive und fundierte Entscheidungen.
- Feedback: Wearables können den:die Träger:in bei Erreichen bestimmter Grenzwerte oder Gefahrensituationen warnen und haben hier den Charakter einer intelligenten persönlichen Schutzausrüstung.
Grundlegende Informationen
Tragbare Minicomputer und Messgeräte, besser bekannt als Wearables, finden Einzug in den Arbeitnehmer:innenschutz u. a. zur Analyse des Bewegungsverhaltens und zur Gefährdungsbeurteilung physischer Belastung am Arbeitsplatz.
Risikobeurteilungen von technischen Anlagen, Gefährdungsbeurteilungen an Arbeitsplätzen und Sicherheitsunterweisungen von Beschäftigten können mit Techniken der erweiterten Realität (XR) unterstützt werden.
Wearables werden u. a. zur Analyse des Blickverhaltens in unterschiedlichen Arbeitsprozessen für die sichere Gestaltung von Arbeitsumgebungen und Mensch-System-Interaktionen genutzt.
Einsatzmöglichkeiten in der Arbeitssicherheit
Der Einsatz von Wearables in der Arbeitssicherheit bietet umfangreiche Möglichkeiten: Erfassen von Parametern, die die Sicherheit und die Gesundheit von Beschäftigten anbelangen, Effizienz-Steigerung von getroffenen Sicherheits- und Gesundheitsmaßnahmen oder die Optimierung von Arbeitsprozessen. Ob Logistik, Bau- oder Gesundheitswesen, die Vielfalt an Sensorsystemen bietet eine Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten.
Unterschied Wearables vs. intelligente persönliche Schutzausrüstung:
Während Wearables Daten speichern und / oder verarbeiten, hat intelligente persönliche Schutzausrüstung Schutzcharakter, indem sie Feedback an den:die Träger:in oder eine externe Stelle sendet. Jedoch enthält smarte PSA ebenso Sensoren, weshalb sie als tragbare Technologie bezeichnet werden kann.
1. Überwachung der physischen Gesundheit und Früherkennung von Gesundheitsrisiken:
Wearables können eine Vielzahl von physiologischen Daten messen, die Rückschlüsse auf Arbeitsbedingungen oder mögliche Gefahren geben.
- Herzfrequenz und Blutsauerstoffsättigung: Ein plötzlicher Anstieg der Herzfrequenz oder ein Absinken des Blutsauerstoffgehalts kann auf eine akute Gefahr für die Gesundheit hinweisen. Wearables können in solchen Fällen Alarme auslösen, sodass schneller eine Evakuierung veranlasst oder ärztliche Hilfe angefordert werden kann.
- Körpertemperatur: Extreme Temperaturen können zu gesundheitlichen Problemen führen, insbesondere in heißen oder kalten Arbeitsumgebungen. Wearables können Temperaturabweichungen erkennen und Warnungen an den:die Träger:in oder externe Stellen senden.
2. Überwachung der Arbeitsumgebung:
Wearables können auch Umweltdaten sammeln und so auf Gefahrenquellen in der Umgebung aufmerksam machen:
- Lärmpegelmessung: Zu hohe Lärmpegel in der Arbeitsumgebung, die zum Beispiel in der Produktion oder auf Baustellen vorkommen, können langfristig Gehörschäden verursachen. Wearables messen die Lärmbelastung und benachrichtigen den:die Träger:in, wenn Grenzwerte überschritten werden.
- Luftqualität: Wearables können die Luftfeuchtigkeit, den CO2-Gehalt oder Schadstoffkonzentrationen messen. Bei gefährlichen Werten kann eine Warnung erfolgen, die auf die Notwendigkeit einer besseren Belüftung oder das Tragen eines Atemschutzes hinweist.
- GPS-Tracking und Geofencing: In großen Betrieben oder an gefährlichen Arbeitsplätzen kann eine GPS-Überwachung durch Wearables dazu beitragen, dass Beschäftigte in Sicherheitszonen bleiben. Werden diese Zonen verlassen oder bewegen sich Beschäftigte in gefährliche Gebiete, wird eine Warnung ausgelöst.
3. Verbesserung der Notfallreaktionen:
Im Falle eines Unfalls können Wearables die Reaktionsgeschwindigkeit erhöhen. Viele Wearables sind mit Notfallfunktionen ausgestattet, die automatisch Notrufe senden oder die nächstgelegenen Sicherheitskräfte benachrichtigen, falls der:die Träger:in nicht in der Lage ist, selbst Hilfe zu rufen. Dies gilt besonders für abgelegene oder schwer zugängliche Arbeitsbereiche.
- Sturzerkennung: In gefährlichen Arbeitsumgebungen, wie auf Baustellen, können Wearables durch Lageveränderungen erkennen, ob eine Person gestürzt ist. Beschleunigungssensoren können durch die Lageveränderungen beim Sturz einen am Rücken getragenen Airbag auslösen und so Schutzwirkung erzielen. Sofortige Benachrichtigungen an eine externe Stelle können in weiterer Folge auch die Rettungskette in Gang setzen.
4. Unterstützung in ergonomischen Aspekten:
Zur Gefährdungsbeurteilung physischer Belastungen können Sensorsysteme eingesetzt werden. Diese werden hierfür an verschiedenen Segmentpunkten am Körper der Beschäftigten angebracht und können in Echtzeit Auskunft über Muskel-Skelett-Belastungen geben. Immer häufiger werden auf Wearables basierende Verfahren zur Gefährdungsbeurteilung physischer Belastungen genutzt. Zum Einsatz kommen dabei körpergetragene Sensoren oder Sensorsysteme zur Messung biomechanischer und physiologischer Kenngrößen. Die Wearables erfassen beispielsweise Körperhaltungen und -bewegungen, Kräfte, Herzfrequenzen oder muskuläre Aktivitäten. Sensorsysteme können ebenso bewegungsarme Verhaltensweisen detektieren sowie die Wirksamkeit von Bewegungsförderungsmaßnahmen am Arbeitsplatz feststellen.
Herausforderungen und Bedenken
Trotz der vielen Vorteile gibt es auch Herausforderungen, die mit dem Einsatz von Wearables in der Arbeitssicherheit verbunden sind:
- Datenschutz und Sicherheit: Da Wearables sensible Gesundheitsdaten erfassen, müssen Unternehmen sicherstellen, dass diese Daten geschützt werden. Die unbefugte Weitergabe von personenbezogenen Daten oder die unzureichende Absicherung von Datenübertragung und -speicherung kann zu schwerwiegenden Datenschutzverletzungen führen.
- Akzeptanz durch Mitarbeiter:innen: Nicht alle Mitarbeiter:innen sind bereit, Wearables im Arbeitsalltag zu tragen. Es ist wichtig, die Belegschaft in den Prozess einzubeziehen und transparent zu erklären, wie die Geräte genutzt werden, wo und wie die Daten gespeichert werden und welche Vorteile sie bringen.
- Kosten: Die Anschaffung und Integration von Wearables kann für Unternehmen mitunter mit hohen Investitionskosten verbunden sein. Diese können jedoch durch die Reduzierung von Arbeitsunfällen und krankheitsbedingten Ausfällen langfristig kompensiert werden.
- Integration in bestehende Systeme: Die Integration von Wearables in die bestehenden Sicherheits- und Gesundheitssysteme eines Unternehmens kann technisch herausfordernd sein. Sie erfordert oft eine Anpassung der Infrastruktur und der Prozesse, damit die gesammelten Daten sinnvoll genutzt werden können.
Zukunftsperspektiven
Die Technologien rund um Wearables entwickeln sich rasant weiter, und mit zunehmender Rechenleistung, verbesserten Sensoren und einer noch engeren Integration in das Internet der Dinge (IoT) werden Wearables in der Arbeitssicherheit künftig eine noch wichtigere Rolle spielen. Zukünftige Entwicklungen könnten die Nutzung von Extended Reality (XR) zur Darstellung von Sicherheitsdaten in Echtzeit, oder die Integration von künstlicher Intelligenz zur Analyse von Gesundheitsdaten in Echtzeit umfassen. Stets im Blick zu behalten gilt es den Faktor Mensch bei der Implementierung und alle damit einhergehenden Gefahren und Risiken.
Fazit
Wearables bieten großes Potenzial, die Arbeitssicherheit auf innovative Weise zu verbessern. Durch die kontinuierliche Überwachung von Gesundheits- und Umweltdaten sowie die Möglichkeit, Notfälle schnell zu erkennen und darauf zu reagieren, könnten Arbeitsunfälle und langfristige gesundheitliche Schäden reduziert werden. Trotz der Herausforderungen in Bezug auf Datenschutz, Akzeptanz und Kosten sind Vorteile von tragbaren Technologien in vielen Bereichen erkennbar. Unternehmen, die Wearables sinnvoll in ihre Sicherheitsstrategie integrieren, können jedenfalls nicht nur das Wohl ihrer Mitarbeiter:innen steigern, sondern auch die Effizienz und Produktivität.
Zusammenfassung
Wearables sind Computer- oder Sensorsysteme, die am Körper getragen werden und kontextbezogen mit dem:der Nutzer:in interagieren. Wearables bieten Möglichkeiten, die Arbeitssicherheit von Mitarbeitenden zu erhöhen, Arbeitsprozesse effizienter zu gestalten, Gesundheitsrisiken frühzeitig zu erkennen und Arbeitsunfälle zu verhindern. Der Faktor Mensch muss dabei immer berücksichtigt werden.