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Elementarpädagogik – Gesundheit und Arbeitsbedingungen

Elementarpädagogik: Ressourcen, Belastungen, Auswege

Der Arbeitsalltag in Kindergärten und Krippen ist geprägt von hoher Belastung, aber auch großer Freude an der Arbeit mit Kindern. Die Austrian Kindergarten Teacher and Assistant Health Study (AKTAHS) zeigt: Personalmangel, hoher Betreuungsaufwand und gesundheitliche Beschwerden belasten die Fachkräfte massiv. Doch gleichzeitig schöpfen sie aus Sinnhaftigkeit und kollegialer Unterstützung Kraft. Ein Weckruf für bessere Rahmenbedingungen.

Eine Erzieherin steht in einem sonnendurchfluteten Kindergartenraum und hält einen leeren Korb in den Händen. Um sie herum spielen mehrere Kleinkinder mit Bauklötzen, Bällen und anderen Spielzeugen. Der Boden ist mit bunten Spielsachen bedeckt. An den Wänden hängen Kinderzeichnungen und Zahlen. Im Hintergrund steht ein Schreibtisch mit Stiften und Papier.
© Adobe Stock / Krakenimages.com

Die Arbeitsbedingungen in Kindergärten, Krippen und altersgemischten Einrichtungen stehen in jüngster Zeit vermehrt im Fokus der Öffentlichkeit. Viele Beschäftigte in der Elementarpädagogik berichten von belastenden Arbeitsbedingungen, übergroßen Gruppen und unzureichender Vergütung und machen in Protesten und Streiks auf ihre Situation aufmerksam. Trotz der wachsenden politischen und gesellschaftlichen Aufmerksamkeit fehlen bislang umfassende nationale Studien, die eine solide Grundlage für die Diskussion bieten könnten. Diese Lücke wird nun durch die Austrian Kindergarten Teacher and Assistant Health Study (AKTAHS) geschlossen1. Für die Studie wurde eine repräsentative Stichprobe von Beschäftigten in elementarpädagogischen Einrichtungen befragt, insbesondere Leiter:innen und Pädagogen:Pädagoginnen sowie Assistenten:Assistentinnen, die je nach Bundesland auch als Helfer:innen oder Betreuer:innen bezeichnet werden. Anfang 2024 nahmen mehr als 7.100 Personen an der Online-Umfrage teil und beantworteten rund 100 Fragen zu ihrer allgemeinen und psychosozialen Gesundheit, zu arbeitsbedingten Belastungen und Ressourcen sowie zu ihrer Zufriedenheit im Beruf.

Gute Gesundheit, hohe Erschöpfung

Zu Beginn des Fragebogens wurden die Teilnehmenden gebeten, ihre allgemeine Gesundheit einzuschätzen. Die Mehrheit bewertete diese als gut oder sogar sehr gut, während nur etwa sechs Prozent von einer (sehr) schlechten Gesundheit berichteten. Trotz dieser insgesamt positiven Selbsteinschätzung leiden viele regelmäßig an verschiedenen Beschwerden. Im Durchschnitt gaben die Befragten drei Beschwerden an, die mehrmals wöchentlich oder täglich auftreten. Zu den häufigsten zählen Müdigkeit und Erschöpfung, Nacken- und Schulterschmerzen, Rückenprobleme sowie Schlafstörungen. 

Jede fünfte befragte Person ist mit ihrem Leben unzufrieden. Um dies genauer zu erfassen, wurde das Bild einer Leiter mit zehn Stufen verwendet, auf der sich die Befragten selbst einordnen sollten. Ein Fünftel stellte sich in die untere Hälfte der Leiter, während sich nur etwa zehn Prozent auf den höchsten beiden Stufen verorteten, was einer sehr hohen Lebenszufriedenheit entspricht. Im Schnitt bewegten sich die Teilnehmenden auf der siebten Stufe, das ist um eine Stufe niedriger als im Durchschnitt der österreichischen Bevölkerung2.

Die Gefahr eines Burn-outs ist in den befragten Berufsgruppen alarmierend hoch. Hohe emotionale Erschöpfung wurde bei 51 Prozent der Assistenten:Assistentinnen, 56 Prozent der Leiter:innen und 63 Prozent der Elementarpädagogen:-pädagoginnen festgestellt. Angesichts dieser Werte überrascht es wenig, dass etwa ein Drittel der Befragten bezweifelt, ihren Beruf bis zur Pension ausüben zu können. Besonders betroffen sind Elementarpädagogen:-pädagoginnen, Beschäftigte in Großstädten und Personen unter 35 Jahren: In diesen Gruppen äußern jeweils rund 40 Prozent Zweifel an ihrer langfristigen Berufsfähigkeit.

Der Betreuungsschlüssel und seine begrenzte Aussagekraft

In der Diskussion um die Arbeitsbedingungen in der Elementarpädagogik wird häufig der Betreuungsschlüssel thematisiert, das ist das Verhältnis der Anzahl betreuter Kinder zu den anwesenden pädagogischen Fachkräften und Assistenten:Assistentinnen. Die AKTAHS-Studie zeigt, dass der durchschnittliche Betreuungsschlüssel in Österreich bei 6,8 liegt. Dieser Wert liegt etwas über dem von der Statistik Austria berichteten „offiziellen“ Betreuungsschlüssel3, da die AKTAHS-Analyse auch Personalabsenzen, etwa aufgrund von Krankenständen oder Fortbildungen, berücksichtigt, die in offizielle Statistiken oft nicht einfließen.

Interessanterweise zeigen die Ergebnisse, dass ein hoher Betreuungsschlüssel allein nicht zwangsläufig zu einer stärkeren Belastung führt. Entscheidend sind vielmehr die Zusammensetzung der Gruppe und der individuelle Betreuungsbedarf der Kinder. Gruppen mit einzelnen Kindern, die aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten oder anderen besonderen Bedürfnissen deutlich mehr Aufmerksamkeit erfordern, werden von den Betreuern:Betreuerinnen als besonders belastend wahrgenommen. Hinzu kommt, dass Kinder, die trotz akuter Krankheit in die Einrichtung gebracht werden, nicht nur den Betreuungsaufwand erhöhen, sondern auch das Stressniveau der Fachkräfte erheblich steigern.

Austrian Kindergarten Teacher and Assistant Health Study (AKTAHS)

Die AKTAHS wurde beauftragt vom Dachverband der Sozialversicherungen (DVSV), dem Fonds Gesundes Österreich (FGÖ), der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB), der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) sowie der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA).

Rund 80 Prozent der Befragten gaben an, sich durch die Anwesenheit von verhaltensauffälligen oder kranken Kindern stark belastet zu fühlen. In solchen Fällen wird die Gruppengröße oft als zu groß empfunden, selbst wenn der Betreuungsschlüssel formal niedrig ist. Zudem trägt die Präsenz kranker Kinder nachweislich zu einer erhöhten emotionalen Erschöpfung bei den Fachkräften bei, was sich negativ auf ihre psychische Gesundheit und langfristige Arbeitsfähigkeit auswirken kann.

Eine junge Erzieherin mit Brille und langen, gewellten Haaren sitzt erschöpft in einem Kindergarten auf einem kleinen Stuhl. Sie stützt ihren Kopf auf eine Hand und wirkt müde. Neben ihr steht ein Tisch mit bunten Bauklötzen, im Hintergrund sind eine Spielküche und eine Maltafel zu sehen. Der Raum ist bunt gestaltet und für Kinder eingerichtet.
Die Burn-out-Gefahr ist hoch: Die Mehrheit der Assistent:innen, Leiter:innen und Elementar­pädagogen:-pädagoginnen fühlen sich emotional erschöpft © Adobe Stock / Krakenimages.com

Personalsituation: Engpässe und deren Folgen

Die häufig als belastend empfundenen hohen Betreuungsschlüssel in elementarpädagogischen Einrichtungen sind vor allem auf den zunehmenden Personalmangel zurückzuführen. In der AKTAHS berichten 44 Prozent der Befragten von einem akuten Mangel an Assistenten:Assistentinnen, 54 Prozent von einem Mangel an Elementarpädagogen:-pädagoginnen und 56 Prozent von fehlendem administrativem Personal. Besonders problematisch wird die Situation, wenn das ohnehin knappe Personal aufgrund von Abwesenheiten oder Fluktuation weiter reduziert wird. Zwei Drittel der Befragten gaben an, dass Ausfälle durch Krankenstände und andere Abwesenheiten zu einer erhöhten Belastung im Team führen. Bei einem Drittel tragen auch Kündigungen maßgeblich zur Arbeitsbelastung bei.

Der Druck auf das verbleibende Personal ist so groß, dass sich fast 90 Prozent der Befragten im vergangenen Jahr gezwungen sahen, trotz gesundheitlicher Beschwerden zur Arbeit zu gehen, statt sich krankzumelden. Dieser Trend ist besonders ausgeprägt unter den Elementarpädagogen:-pädagoginnen.

Am dringendsten wird jedoch der Bedarf an Fachkräften aus Gesundheits- und Sozialberufen wahrgenommen. Etwa 60 Prozent der Befragten berichten, dass der Mangel an Sozialarbeitern:-arbeiterinnen, Psychologen:Psychologinnen, Ärzten:Ärztinnen und Physiotherapeuten:-therapeutinnen zu akuten Problemen in ihrer Einrichtung führt. Der Zugang zu diesen Fachkräften ist für die pädagogische Arbeit und die Unterstützung der Kinder von großer Bedeutung, doch die Lücken in der Unterstützung durch diese Berufsgruppen erschweren den Betreuungsalltag erheblich.

Eine junge Erzieherin mit langen dunklen Haaren und einem gestreiften Hemd gibt mehreren lachenden Kindern in einem Kindergarten High-Fives. Die Kinder, die unterschiedliche Haut- und Haarfarben haben, strahlen Freude und Begeisterung aus. Der Hintergrund zeigt ein Regal mit Spielzeug und Bastelmaterialien.
Die Mehrheit der Befragten schätzt ihren Beruf, vor allem die Arbeit mit Kindern und kollegiale Unterstützung. Dennoch fühlen sich viele durch berufliche Anforderungen überfordert. © Adobe Stock / New Africa

Freude bei der Arbeit als wertvolle Ressource

Die AKTAHS beleuchtet nicht nur die Belastungen, sondern auch die zahlreichen Ressourcen, die mit der Arbeit in elementarpädagogischen Einrichtungen verbunden sind. Praktisch alle der über 7.100 Befragten berichten, dass ihnen die Arbeit mit Kindern Freude bereitet und sie sie als sinnstiftend erleben. Auch die gegenseitige Unterstützung im Kollegium zählt zu den besonders wertvollen Ressourcen, ebenso wie die Freiheit, die pädagogische Arbeit nach eigenen Vorstellungen gestalten zu können – eine Flexibilität, die es in nur wenigen Berufen gibt. In den offenen Antworten zur Umfrage erwähnen viele zudem die Möglichkeit, sich häufig in der Natur bewegen zu können, sowie die flexible Planung von Urlaub und Zeitausgleich als positive Aspekte ihrer Arbeit.

Ausstattung 

Rund neun von zehn Befragten sind mit der Arbeitssicherheit, den Sanitäranlagen für Erwachsene und den Gegebenheiten für Bewegungsaktivitäten in ihrer Einrichtung zufrieden. In anderen Bereichen besteht jedoch Nachbesserungsbedarf: Viele Befragte wünschen sich ergonomische Möbel sowie Rückzugsräume für Erwachsene und zusätzliche Maßnahmen zur Lärmminderung. Die Lärmbelastung wird von 71 Prozent der Elementarpädagogen:-pädagoginnen sowie von 57 Prozent der Leiter:innen und Assistenten:Assistentinnen als belastend empfunden.

Hohe Zufriedenheit trotz Überforderung

Die Mehrheit der Befragten ist insgesamt zufrieden oder sehr zufrieden mit ihrem Beruf. Rund 80 Prozent der Assistenten:Assistentinnen, 70 Prozent der Leiter:innen und zwei Drittel der Elementarpädagogen:-pädagoginnen berichten von hoher beruflicher Zufriedenheit. Die Freude an der Arbeit mit Kindern und die kollegiale Unterstützung sind dabei entscheidende Ressourcen, die in allen drei Berufsgruppen geschätzt werden. Gleichzeitig fühlen sich jedoch etwa die Hälfte der Assistenten:Assistentinnen und sogar 80 Prozent der Elementarpädagogen:-pädagoginnen und Leiter:innen durch die Anforderungen in ihrem Beruf überfordert. Der hohe Betreuungsbedarf einzelner Kinder sowie der akute Personalmangel tragen maßgeblich zu diesem Druck bei und beeinträchtigen die langfristige Belastbarkeit der Fachkräfte.

Zwischen Belastung und Ressourcen: ein Weckruf für die Zukunft der Elementarpädagogik

Zusammengenommen zeichnet die AKTAHS das Bild dreier Berufsgruppen, die aufgrund ihrer hohen Leidenschaft für ihre Tätigkeit großen Belastungen standhalten. Die Tätigkeit in elementarpädagogischen Einrichtungen ist von zahlreichen Herausforderungen geprägt: Ein akuter Personalmangel, hohe Betreuungsschlüssel und steigende Anforderungen an die Betreuung führen zu einer erheblichen Belastung der Beschäftigten. Viele leiden unter körperlichen Beschwerden und emotionaler Erschöpfung. Gleichzeitig wird deutlich, dass nicht nur die Anzahl der Kinder in einer Gruppe, sondern auch deren individueller Betreuungsbedarf entscheidend für die Arbeitsbelastung ist.

Trotz dieser Herausforderungen zeichnen die Ergebnisse ein differenziertes Bild: Die Freude an der Arbeit mit Kindern, die Möglichkeit zur freien Gestaltung des Arbeitsalltags und die starke kollegiale Unterstützung stellen zentrale Ressourcen dar, die von den Fachkräften sehr positiv wahrgenommen werden. Diese Aspekte tragen maßgeblich zu einer hohen beruflichen Zufriedenheit bei.

Die Studie verdeutlicht jedoch, dass diese Ressourcen allein nicht ausreichen, um die Belastungen langfristig auszugleichen. Insbesondere der akute Fachkräftemangel, die fehlende Unterstützung durch Gesundheits- und Sozialberufe und mangelnde Zeitressourcen müssen dringend in Angriff genommen werden, um die Arbeitsbedingungen nachhaltig zu verbessern.

Die AKTAHS-Studie weist darauf hin, wie zentral gute Arbeitsbedingungen für die Gesundheit und Zufriedenheit des pädagogischen Personals sind – und damit auch für die Qualität der Bildung und Betreuung von Kindern. Die Ergebnisse sollten ein Weckruf für Politik und Gesellschaft sein, den elementarpädagogischen Bereich stärker zu unterstützen und gezielte Maßnahmen zur Entlastung und Förderung der Fachkräfte zu ergreifen. Denn nur mit gesunden und motivierten Fachkräften kann die wichtige Aufgabe der frühkindlichen Bildung und Betreuung auf Dauer erfolgreich bewältigt werden.

Aufseiten der Politik und der Träger:innen bzw. Erhalter:innen wurde die Dringlichkeit dieser Thematik bereits erkannt und es wird aktiv an Lösungen gearbeitet. Unterstützt durch UNICEF und die Europäische Kommission hat etwa das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung gemeinsam mit nationalen Stakeholdern im Rahmen des TSI-Projekts an einer Steigerung der Qualität in der Elementarpädagogik gearbeitet und umfangreiche Ergebnisse und Empfehlungen veröffentlicht4.

Quellen

[1] Breil C, Lillich M. Austrian Kindergarten Teacher and Assistant Health Study. Ergebnisse der AKTAHS 2024. Wien: Institut für Gesundheitsförderung und Prävention; 2024. 

[2] Blüher M. Einkommen, Armut und Lebensbedingungen. Tabellenband EU-SILC 2023. Statistik Austria; 2024. 

[3] Statistik Austria. Statistik über die elementare Bildung und das Hortwesen 2022/23. Wien: Statistik Austria; 2023. 

[4] BMBWF. TSI-Projekt zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für das Personal in der FBBE. [zitiert 15. November 2024]. TSI-Projekt zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für das Personal in der FBBE. Verfügbar unter: bmbwf.gv.at/Themen/ep/tsi.html

Zusammenfassung

Die AKTAHS beleuchtet die Gesundheit und die Arbeitsbedingungen von Beschäftigten in der Elementarpädagogik in Österreich. Sie zeigt gesundheitliche Beschwerden sowie hohe Belastungen durch Personalmangel auf. Trotz dieser Herausforderungen berichten die Befragten von hoher beruflicher Zufriedenheit, vor allem durch die Freude bei der Arbeit mit Kindern und starke Kollegialität. Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen erfordert dringende Maßnahmen.

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