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New Work

Augengesundheit bei der Bildschirmarbeit

Smartphones, Laptop oder PC sind heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Die Digitalisierung bestimmt mittlerweile Beruf und Bildung ebenso wie die Freizeitgestaltung. Der ständige Blick auf ein Display wirkt sich auch auf unsere Augengesundheit aus. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt, dass bis zur Hälfte dieses Jahrhunderts 49 % der Weltbevölkerung kurzsichtig sein könnten. Im Jahr 2000 lag dieser Wert noch bei 22,9 %.

Eine Frau mit blonden Haaren und Brille blickt konzentriert auf einen Bildschirm, dessen Reflexion in ihren Gläsern zu sehen ist. Der Hintergrund ist dunkel gehalten und lenkt den Fokus auf ihr Gesicht.
© Adobe Stock / Jadon Bester

Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass eine Verminderung der Sehschärfe die kognitiven Fähigkeiten beeinträchtigen und das Reaktionsvermögen reduzieren kann. Untersuchungen der Gesellschaft für Augenheilkunde zeigen etwa einen deutlichen Zusammenhang zwischen Unfallzahlen und schlechtem Sehen.

Unsere Augen als „Workaholics“ 

Der Sehsinn ist eines der wichtigsten Sinnessysteme des Menschen. Mehr als zehn Millionen Informationen pro Sekunde nimmt das menschliche Auge auf. Die Funktionsweise der Augen ist vergleichbar mit der einer Kamera. Von einem Gegenstand reflektiertes Licht trifft auf die Augenlinse (Objektiv), die Pupille (Blende) regelt die Menge des einfallenden Lichts, welches über den Glaskörper weitergeleitet auf die Netzhaut trifft. Für das „scharfe Sehen“ in allen Distanzen ist die Augenlinse verantwortlich. Diese so auf der Netzhaut entstandenen Bilder werden über den Sehnerv in das Gehirn weitergeleitet.

Ein Viertel unseres Gehirns ist ständig damit beschäftigt, das Gesehene zu verarbeiten, zu interpretieren und zu bewerten. Das heißt, das Bild, das wir schlussendlich sehen, wurde bereits mit unserem Gedächtnis und unseren Erfahrungen verknüpft, sodass wir schnell auf bestimmte Situationen reagieren können. 

Digitaler Augenstress

Unsere Augen sind nicht darauf ausgelegt, den Blick nur in die Nähe zu fixieren, sie benötigen Abwechslung und zur Entspannung wiederholend den Blick auf ein fernes Ziel. Mit der Nutzung digitaler Geräte hat sich aber unser „Sehradius“ überwiegend auf nahe und mittlere Distanzen reduziert. Das bedeutet Schwerstarbeit für unsere Augen. Damit wir Gegenstände in der Nähe „scharf“ sehen können, muss sich die Augenlinse „krümmen“, und das passiert dadurch, dass sich die Augenmuskeln anspannen. Um ein Ziel in der Ferne klar sehen zu können, flacht die Augenlinse ab, was durch eine Entspannung der Augenmuskeln erfolgt.

Bei der Bildschirmarbeit und auch bei der Nutzung anderer digitaler Geräte wie z. B. Smartphones blicken wir fast ausschließlich in eine Sehrichtung und Entfernung von nur 50–70 cm. Das bedeutet, die Augenmuskeln sind permanent angespannt, um ein scharfes Sehen in diesen Nahdistanzen zu ermöglichen. In die Ferne blicken wir so gut wie nie. 

Zusätzlich machen Reflexionen, Spiegelungen oder verschiedene Kontraste es den Augen schwer, sich anzupassen, ebenso wie trockene Raumluft oder schlechte Lichtverhältnisse am Arbeitsplatz. Konzentriertes Arbeiten am Bildschirm führt zu einer Verringerung der Lidschlagfrequenz von gewöhnlich 15/Min. auf rund 5/Min. In der Folge wird zu wenig Tränenflüssigkeit gebildet, die wir für die Befeuchtung und Versorgung der Augenoberfläche benötigen. Man spricht dann vom sogenannten „trockenen Auge“ oder dem „Office-Eye-Syndrom“. Der Tränenfilm stellt eine wichtige Schutzbarriere für die Augenoberfläche (Hornhaut) dar. Ist diese nachhaltig beschädigt, kann das bleibende negative gesundheitliche Auswirkungen haben. 

Schematische Darstellung des Sehvorgangs: Ein Objekt, dargestellt als Blume, wird durch das Auge wahrgenommen. Die optischen Signale werden über den Sehnerv ins Gehirn geleitet, wo sie verarbeitet werden.
Abb. 1: Sehvorgang © Lukas Hofreiter AUVA

Alternsgerechtes digitales Arbeiten 

Bei Kindern und Jugendlichen nehmen Sehdefizite zu. Fachexperten:-expertinnen sprechen bereits von der „Generation kurzsichtig“, was unter anderem auf die intensive Nutzung von Bildschirmen zurückgeführt werden kann. Kurze Sehdistanzen und wenig natürliches Licht durch lange Aufenthalte in Innenräumen sind für die Augengesundheit besonders problematisch. Starke Kurzsichtigkeit stellt einen erheblichen Risikofaktor dar für die Entstehung von teils schweren Augenerkrankungen im Alter (wie z. B. Netzhautablösung). 

Die frühzeitige und regelmäßige Überprüfung des Sehvermögens ist eine sinnvolle Maßnahme, um dem entgegenzuwirken. Für die Entwicklung einer Kurzsichtigkeit spielt das Wachstum des Augapfels eine große Rolle. Dieses ist erst mit etwa 30 Jahren abgeschlossen. In diesem Zusammenhang gilt jungen Mitarbeitern:Mitarbeiterinnen und Berufseinsteigern:-Berufseinsteigerinnen mit Bildschirmarbeit besondere Aufmerksamkeit.

Ebenso im Fokus steht die Gruppe der älteren Beschäftigten. Bereits ab dem 40. Lebensjahr verliert die Augenlinse an Elastizität und das Gewebe nimmt an Dichte ab. Das Fokussieren auf nahe liegende Objekte fällt schwerer, es kommt zur sogenannten Altersweitsichtigkeit. Auch der Lichtbedarf erhöht sich. Unabhängige Studien haben gezeigt, dass Sechzigjährige einen etwa viermal so hohen Lichtbedarf haben wie Zwanzigjährige, um den gleichen Helligkeitseindruck zu gewinnen. Es wird folglich mehr Beleuchtungsstärke am Bildschirmarbeitsplatz benötigt.

ASchG und Bildschirmarbeit

Im ASchG (ArbeitnehmerInnenschutzgesetz) geben § 67 und § 68 grundsätzliche Regeln zur Bildschirmarbeit und Ausgestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen vor. Die Bildschirmarbeitsverordnung BS-VO (§ 11, § 12) konkretisiert die im ASchG formulierten Regelungen in Bezug auf Augenuntersuchungen und Bildschirmarbeitsbrille.

  • Als Bildschirmarbeit gilt, wenn durchschnittlich ununterbrochen mehr als 2 Stunden oder wenn durchschnittlich mehr als 3 Stunden der Tagesarbeitszeit mit Bildschirmarbeit verbracht wird.

Arbeitsmediziner:innen unterstützen und beraten bei der Arbeitsplatzevaluierung und der Umsetzung der Bildschirmarbeitsverordnung im Betrieb, die eine Überprüfung der Sehschärfe und Untersuchung des sonstigen Sehvermögens vorsieht. Regelmäßige augenärztliche Kontrollen sind zusätzlich empfohlen.

Alle Beschäftigten mit Bildschirmarbeit haben das Recht auf eine medizinische Augenuntersuchung, bevor sie ihre Tätigkeit antreten, alle 3 Jahre, sowie anlassbezogen bei Auftreten von Sehbeschwerden.

Arbeitgeber:innen sind verpflichtet, den betroffenen Mitarbeiter:innen diese Untersuchungen anzubieten und die Kosten dafür zu tragen. Für die Beschäftigten gilt indes Freiwilligkeit, dieses Angebot zu nutzen.

Sollten diese Untersuchungen die Notwendigkeit einer Bildschirmarbeitsbrille ergeben und eine Verordnung einer Bildschirmarbeitsbrille durch den:die Augenarzt:-ärztin vorliegen, sind auch diese Kosten zu tragen (Sonderausstattungen wie z. B. Blaulichtfilter sind nicht inkludiert). Die Verordnung einer Bildschirmarbeitsbrille ist an keine Altersgrenze gebunden, sondern richtet sich nach den medizinischen Erfordernissen der betroffenen Beschäftigten.

Bildschirmansicht mit optimaler Distanz: Ein Monitor zeigt eine ergonomische Darstellung für Bildschirmarbeitsplätze, dargestellt durch klare Schriftgröße und angenehme Betrachtungshöhe.
© Richard Reichhart
Gute Körperhaltung durch Bildschirmarbeitsbrille: Ein Mann sitzt aufrecht in einem ergonomischen Bürostuhl und blickt entspannt durch eine Bildschirmarbeitsbrille auf den Monitor.
Abb. 1: positiver Effekt der Bildschirmarbeitsbrille auf die Körperhaltung © Richard Reichhart
Bildschirmansicht mit suboptimaler Distanz: Ein Monitor zeigt denselben Inhalt, jedoch in einer geringeren Schriftgröße, die eine ungünstige Betrachtungsweise fördert.
© Richard Reichhart
Schlechte Körperhaltung durch Lesebrille: Ein Mann beugt sich nach vorne, um Inhalte auf dem Monitor durch eine ungeeignete Lesebrille scharf zu sehen, was eine unergonomische Haltung verursacht.
Abb. 2: negativer Effekt der Lese­brille auf die Körperhaltung (um scharf zu sehen, muss der Oberkörper nach vorne gebeugt werden) © Richard Reichhart

Bildschirmarbeitsbrille

Bildschirmarbeitsbrillen werden für die Sehanforderungen am Bildschirmarbeitsplatz individuell angepasst. Die Brille hat idealerweise ein geringes Gewicht, ist entspiegelt und nicht getönt. Der für den Bildschirm benötigte Sehabstand liegt bei 50–70 cm.

Die Gläser sind so aufgebaut, dass sie in kurzen und mittleren Distanzen ein scharfes und unangestrengtes Sehen ermöglichen. So kann bei entspannter Körperhaltung gearbeitet werden. Bei Lesebrillen (nur für Entfernungen bis 40 cm geeignet) oder Gleitsichtbrillen (korrigieren den für den Bildschirm notwendigen Sehabstand nur in einem schmalen unteren Teil des Glases) ist das nicht der Fall.

 Schlechtes Sehen bzw. ungenügend korrigierte Sehschwäche kann körperliche Beschwerden verursachen. Wer die Körperhaltung permanent korrigieren muss, um scharf zu sehen, belastet dauerhaft seine Nacken- und Rückenmuskulatur.

Ein Diagramm zeigt, dass der Lichtbedarf in Prozent mit zunehmendem Alter deutlich steigt. Die Kurve beginnt bei einem Lichtbedarf von 100 % im Alter von 20 Jahren und erreicht etwa 400 % im Alter von 80 Jahren.
Lichtbedarf steigt mit dem Alter © licht.de

Wie sinnvoll sind Blaulichtfilter? 

Blaulichtfilter werden derzeit zwar stark beworben, ihr tatsächlicher Nutzen wird aber auch heftig diskutiert. Blaues Licht aus den LED-Bildschirmen von Smartphones und Computern könne zur schnelleren Ermüdung der Augen, Schlafstörungen oder gar zu Schäden der Netzhaut führen, so das Verkaufsargument. Bisher gibt es allerdings keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass speziell der Blaulichtanteil von LEDs verantwortlich ist für Symptome, die mit intensiver Bildschirmarbeit in Zusammenhang stehen. 

In einer aktuellen systematischen Übersichtsarbeit (auf Basis von 17 randomisierten, kontrollierten Studien) des renommierten unabhängigen Forschungsnetzwerks Cochrane konnten keine positiven Effekte eines Blaulichtfilters in Bezug auf Verminderung der Belastung der Augen, auf die Schlafqualität oder die Sehschärfe nachgewiesen werden.

Aufgrund der kurzen Nachbeobachtungszeit der Studien kann aber keine Aussage über eventuelle Langzeiteffekte getroffen werden. Unklar bleibt auch, ob bestimmte Beschäftigtengruppen (Personen mit Vorerkrankungen, z. B. rheumatoiden Erkrankungen) möglicherweise doch von einem solchen Filter profitieren könnten. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf.

Maßnahmen zur Entlastung gestresster Augen bei Bildschirmarbeit 

  • Ein ergonomisch eingerichteter Bildschirmarbeitsplatz reduziert die Belastung für Augen und Rücken.
  • Optimale Lichtverhältnisse schaffen: passende Helligkeit am Arbeitsplatz, der Tätigkeit und dem Alter entsprechend
  • Ausreichend Frischluft – wenn möglich – sowie entsprechende Luftfeuchtigkeit (40–70 %)
  • Regelmäßige Bildschirmpausen einhalten, OHNE auf ein Display zu blicken
  • Immer wieder in die Ferne, z. B. aus dem Fenster blicken (Entspannung für unsere Augen)
  • Blinzeln, blinzeln und nochmals blinzeln – damit wird die Augenoberfläche mit Tränenflüssigkeit befeuchtet
  • Falls erforderlich, Verwendung von befeuchtenden Augentropfen mehrmals täglich (frei von Konservierungsmitteln)
  • Ausreichendes Trinken von Wasser oder ungesüßtem Tee (hält Schleimhäute feucht) 
  • Regelmäßige Entspannungsübungen für die Augen
  • Regelmäßige Überprüfung des Sehvermögens 
  • Wenn erforderlich, Anpassung einer Bildschirmarbeitsbrille

Quellen:

cademia Superior – Gesellschaft für Zukunftsforschung: https://www.academia-superior.at/2050-wird-jeder-zweite-mensch-weltweit-kurzsichtig-sein/

Die Vereinigung der österreichischen Augenärzte - ÖOG: https://www.augen.at/

Übersichtsarbeit Cochrane: Blaulichtfilternde Brillengläser [..] https://www.cochrane.org/CD013244/EYES_blue-light-filtering-spectacle-lenses-visual-performance-macular-back-part-eye-protection-and-Kgs-broschuere-bildschirmarbeitsplatzbrille-pdf

Zusammenfassung

Die Arbeit auf Laptop und PC sowie die Nutzung des Smartphones belasten die Augen und strengen sie an. Dieser digitale Augenstress kann zu Kurzsichtigkeit und anderen Beschwerden führen. Mit entsprechenden präventiven Maßnahmen kann die Belastung der Augen bei Bildschirmarbeit deutlich reduziert werden.


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