Exoskelette
Exoskelette bei der Deutschen Bahn
Bei schweren Arbeiten zur Instandhaltung von Schienenfahrzeugen setzt die DB Fahrzeuginstandhaltung Exoskelette ein. Sie sollen dazu beitragen, durch körperliche Belastungen verursachte Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) zu verringern. Für bestimmte Tätigkeiten haben sich die Exoskelette als geeignet erwiesen.
Der demografische Wandel und die Hoffnung auf eine Verringerung der Krankenstände veranlassten die DB Fahrzeuginstandhaltung, 2019 ein Pilotprojekt zu starten. An drei Standorten wurden neun verschiedene Exoskelette für Arbeiten in der Instandhaltung der Schienenfahrzeuge getestet. Bereits 2021 weitete die DB Fahrzeuginstandhaltung die Tests auf alle Werke aus und erhob mittels Fragebogen den von den Testpersonen empfundenen Nutzen der Exoskelette. Seit 2022 sind Exoskelette in allen Werken regulär im Einsatz, neben bereits erprobten Modellen testet man auch neue.
„Das Exoskelett-Projekt wurde von Anfang an von der Geschäftsführung und dem Betriebsrat unterstützt“, betont Stefan Nitzsche, Referent für Lean Management bei der DB Fahrzeuginstandhaltung. Bei zahlreichen Tätigkeiten gebe es kaum eine andere Möglichkeit zur Entlastung, etwa bei Arbeiten unter dem Fahrzeug. Exoskelette würden auch durch Flexibilität punkten, da sie sich für Arbeiten an Fahrzeugen unterschiedlicher Baureihen eignen.
Einsatzbereiche von Exoskeletten
Je nach Tätigkeit werden unterschiedliche Exoskelette verwendet, die entweder den gesamten Rücken, den unteren Rücken, den Schulter-Arm-Bereich oder einen kleineren Teil des Körpers unterstützen. Komplexe Exoskelette tragen Mitarbeiter:innen in drei Bereichen: in der Revision und der Hauptuntersuchung, wo die Fahrzeuge überprüft und gewartet werden, in der Unfallinstandsetzung zur Beseitigung von Unfallschäden und im Redesign. In diesem Bereich geht es darum, die Lebensdauer der Fahrzeuge zu verlängern, z. B. durch die Erneuerung von Sitzen und Fußböden. Auch in Nicht-Produktionsbereichen, etwa in der Materialwirtschaft, sind Exoskelett-Systeme im Einsatz.
Nitzsche nennt ein Beispiel für die Nutzung von Exoskeletten zur Unterstützung des Schulter-Arm-Bereichs: „Der Intercity-Express (ICE) wird bei der Revision außen komplett neu lackiert, das sind rund 180 m2 pro Waggon. Zuerst schleift man die alte Farbe ab, dann reinigt man die Oberfläche und lackiert in mehreren Schichten. Für das Lackieren des Dachs steht man auf einer Arbeitsbühne und beugt sich vor.“
Bei den ersten beiden Generationen des ICE stellt man im Zuge der Revision oft Korrosion fest. Während der erforderlichen Schweißarbeiten müssen die Beschäftigten über Kopf arbeiten, wobei sie ebenfalls durch Exoskelette für den Schulter-Arm-Bereich unterstützt werden. Überkopfarbeiten führen auch Elektriker:innen durch, wenn sie in den Waggons z. B. WLAN-Module einbauen und verkabeln.
Bei wiederholten Hebearbeiten ist Unterstützung für den gesamten Rücken gefragt. Exoskelette für den unteren Rücken braucht man unter anderem beim Bodenumbau, erklärt Nitzsche: „Bei der Revision werden meistens die Fußböden der Waggons erneuert. Die Bodenleger:innen arbeiten eine komplette Schicht auf den Knien, müssen heben und sich vorbeugen.“ Auch beim Umbau der Sitze verwendet man Exoskelette für den unteren Rücken.
Weniger komplexe Exoskelette kommen in allen Bereichen zum Einsatz. Modelle zur Unterstützung des Nackens werden bei Überkopfarbeiten zum Teil mit Exoskeletten für Schultern und Arme kombiniert. Exoskelette für die Handgelenke verwendet man beim Tragen und Schieben von Lasten sowie in der Montage von Komponenten. In der Sattlerei nutzen einige Beschäftigte beim Beziehen der Sitze Exoskelette für den Daumen.
Vor- und Nachteile
Als Vorteile der Exoskelette nannten die Mitarbeiter:innen Entlastung und die Verringerung von Schulter- und Rückenschmerzen. Aber nicht alle Exoskelette, die getestet wurden, bewährten sich. Bei Modellen zur Unterstützung des ganzen Rückens zeigte sich, dass diese nur für wenige Tätigkeiten geeignet waren. Einige Nutzer:innen empfanden den Tragekomfort als unbefriedigend, die Passform war für sehr schlanke Personen nicht ideal und das An- und Ablegen zeitaufwendig.
Manchmal ergaben sich durch das Tragen von Exoskeletten auch riskante Situationen. So wurde der Test eines Modells zur Unterstützung bei Arbeiten, welche die Knie beanspruchen, vorzeitig abgebrochen. Beschäftigte, die vergaßen, dass sie das Exoskelett trugen und damit die Stiegen hinuntergingen, stolperten. Träger:innen eines Systems für den ganzen Rücken blieben mit den seitlich herausstehenden Federn hängen.
Anhand der bisherigen Erfahrungen zieht Nitzsche Bilanz: „Exoskelette sind kein Allheilmittel, sondern eignen sich speziell für bestimmte Tätigkeiten. Es ist wichtig, den Mitarbeitenden klarzumachen, was das System leisten kann und was nicht.“
Zusammenfassung
Die DB Fahrzeuginstandhaltung setzt in der Instandhaltung von Schienenfahrzeugen Exoskelette ein. Diese eignen sich vor allem für wiederholte Hebetätigkeiten und Arbeiten über Kopf. Hindernisse sind teils mangelhafter Tragekomfort, zeitaufwendiges An- und Ablegen sowie Stolpern oder Hängenbleiben.