Sicherheitstechnische Prüfstelle
Gehörschutz auf dem Prüfstand
Die Sicherheitstechnische Prüfstelle (STP) der AUVA im Industriezentrum Niederösterreich Süd testet verschiedene Arten von Gehörschutz. Für die Prüfung der Schalldämmung steht ein spezieller Prüfraum zur Verfügung.
An einem Arbeitsplatz mit hohem Schallpegel ist das Tragen eines geeigneten Gehörschutzes, den der:die Arbeitgeber:in zur Verfügung stellen muss, vorgeschrieben. Die normative Grundlage bildet die ÖNORM EN 352-1 bis 352-10 „Gehörschützer – Sicherheitstechnische Anforderungen“. Ob diese Anforderungen erfüllt werden und der Hersteller das Produkt auf dem europäischen Markt verkaufen darf, kann in Österreich nur eine einzige Stelle testen: die Sicherheitstechnische Prüfstelle der AUVA.
Welche Prüfungen nötig sind, hängt von der Art des Gehörschutzes ab. „Passiver Kapselgehörschutz ohne Elektronik braucht mindestens zehn Teilprüfungen, aktiver mit pegelabhängiger Dämmung bis zu 20. Bei Gehörschutzstöpseln sind weniger Prüfungen erforderlich“, erklärt DI Mark Telsnig, der in der STP Gehörschutzprüfungen durchführt.
Kapselgehörschutz
Nach der Bestimmung von Gewicht und Größe eines Kapselgehörschutzes wird dieser mehreren physikalischen Tests unterzogen. Bei Rotation der Kapseln um fünf Grad dürfen keine Leckagen auftreten. Gemessen wird auch die Andrückkraft. Ist sie zu schwach, vermindert das die Schalldämmung, ist sie zu stark, kann der Gehörschutz ein Druckgefühl verursachen. Diesbezüglich spielt auch die Größe der Dichtkissen eine Rolle, daher misst man zusätzlich die flächenbezogene Andrückkraft.
Die Kopfbügelbiegemaschine biegt den Bügel des Kapselgehörschutzes tausendmal, um ein tausendmaliges Auf- und Absetzen während des gesamten Lebenszyklus des Produkts zu simulieren, dann wird auf Beschädigungen kontrolliert und erneut die Andrückkraft gemessen. Das Ergebnis darf nicht zu stark von jenem der ersten Messung abweichen.
Prüfung der Schalldämmung
Für die akustische Prüfung wird vom zu testenden Kapselgehörschutz-Modell ein Sample von zehn Prüfmustern genommen. Bei jedem davon misst man auf der Prüfvorrichtung die Schalldämmung, bestimmt Mittelwert und Standardabweichung. Damit wird die Homogenität der Produkte beurteilt.
Es folgt eine Messung der Schalldämmung im Prüfraum, der aus einer Raum-in-Raum-Konstruktion besteht, die von außen kommende Störgeräusche abschirmt. Die Innenwände sind mit 1,1 m tiefen Glaswollekeilen ausgestattet, um Schallreflexionen zu verhindern. „In dem Raum sitzt eine Versuchsperson, der über Lautsprecher zuerst ohne, dann mit Gehörschutz schmalbandiges Rauschen in unterschiedlicher Lautstärke vorgespielt wird. Sobald die Testperson etwas hört, betätigt sie einen Taster“, so Telsnig. Diese Prüfung wird hintereinander mit 16 Personen, die nachweislich gut hören, durchgeführt. Schließlich muss der Kapselgehörschutz noch eine Fallprüfung aus 1,5 m Höhe auf eine Stahlplatte und einen Entflammbarkeitstest bestehen. Dabei wird ein 650 Grad heißer Metallstab an den Gehörschutz angesetzt, der nicht weiterglimmen oder in Flammen aufgehen darf.
Getestet wird auch aktiver Kapselgehörschutz, der mit einer pegelabhängigen Dämmung ausgestattet ist. Geräusche über einem bestimmten Lautstärkepegel werden gedämmt, leisere um bis zu 15 dB verstärkt. Auch diese Funktionen überprüft man in der STP. Aktiver Gehörschutz ermöglicht Gespräche in geringer Lautstärke und schützt gleichzeitig vor schädigendem Lärm.
Verfügbar sind Gehörschützer auch mit Kommunikationseinrichtung via Funk- bzw. Bluetoothverbindung oder mit integriertem Radio. Bei solchen Produkten habe sich laut Telsnig gezeigt, dass sie die Tragebereitschaft erhöhen können. Als PSA sind nur geprüfte Produkte für Audio-Entertainment mit Schutzwirkung und Pegellimitierung auf 82 dB zugelassen, keine Handy-Kopfhörer.
Gehörschutzstöpsel
Bei Gehörschutzstöpseln wird zwischen fertig geformten und vor Gebrauch zu formenden unterschieden. Die Prüfung der Schalldämmung ist für alle Arten vorgeschrieben, eine Fallprüfung nur für Bügelstöpsel, die mit einem hinter dem Nacken oder unter dem Kinn getragenen Bügel verbunden sind.
Eine Sonderform der Gehörschutzstöpsel ist die Gehörschutz-Otoplastik, für die Abdrücke der Gehörgänge des:der Nutzers:Nutzerin genommen und individuell passende Stöpsel angefertigt werden. Das muss zur Prüfung der Schalldämmung für jede der 16 Versuchspersonen erfolgen.
Die Tätigkeit der STP hat auch für die Präventionsarbeit der AUVA einen Nutzen, betont Telsnig: „Durch die Prüfungen haben wir Wissen über Gehörschutz erworben, das uns bei Beratungen von Betrieben zur Lärmminderung durch persönliche Schutzausrüstung zugutekommt.“
Zusammenfassung
In der Sicherheitstechnischen Prüfstelle (STP) der AUVA werden unterschiedliche Arten von Gehörschutz getestet. Für die Prüfung der Schalldämmung steht ein Prüfraum zur Verfügung, der Störgeräusche von außen abschirmt und den Schall nicht reflektiert.