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Ergonomie

Ergonomische Heraus­forderung Reifenwechsel

Bei Pkw nehmen die Dimensionen der Reifen und damit deren Gewicht tendenziell zu. Das führt insbesondere beim Reifenwechsel zu höheren Belastungen der Kfz-Mechaniker:innen. AUVAsicher hat einen Kfz-Kleinbetrieb in Niederösterreich zu diesem Thema betreut.

Adobe Stock / Natalia

Als Ausgangssituation wurden im Rahmen einer Begehung eines Kfz-Kleinbetriebes (unter 10 Mitarbeiter:innen) im Norden Niederösterreichs die ergonomischen Aspekte der bald anstehenden Reifenwechselsaison analysiert und erhoben. Neben dem richtigen Heben und Tragen von Lasten stellte auch die richtige Arbeitshöhe für die Beschäftigten einen wichtigen Punkt dar. Eine zu niedrige Arbeitshöhe kann zur Einnahme einer ungünstigen, teils knieenden Zwangshaltung führen. Bei zu hoher Position kommt es unweigerlich zu einem wiederholten Anheben in den Schultergelenken von deutlich über 100 Grad und somit zu einer klaren Mehrbelastung. Beides begünstigt die Entstehung von berufsbedingten muskuloskelettalen Erkrankungen. Beim Transport der Reifensätze können Transporthilfen wie zum Beispiel Reifenrodel bzw. -karre verwendet werden. In der jüngeren Vergangenheit wurde der Betrieb, der nur im Pkw-Sektor tätig ist, mit immer größeren Felgendimensionen und dem damit verbundenen hohen Eigengewicht der Reifen besonders bei Elektroautos konfrontiert. 

Eine Analyse bringt Klarheit 

19,9 % der Pkw-Neuzulassungen 2023 waren Elektroautos1). Bei genauerer Betrachtung und im Vergleich zu den neuzugelassenen Pkw mit Verbrennungsmotor (inkl. Hybrid) zeigen sich hier eklatante Unterschiede im Eigengewicht sowie den Reifendimensionen lt. Herstellerangaben der jeweiligen Top Ten2).

Die Top Ten der zugelassenen E-Autos wogen lt. Herstellerangaben  Schnitt um 600 kg mehr und hatten durchschnittlich ein um 2 Zoll größeres Felgenmaß (Tab. 1), wobei hier auch ein wesentlich höherer SUV-Anteil verzeichnet wurde. Es stellte sich die Frage, was dies in der Praxis für den Reifenwechsel bedeutet. Nicht nur aufgrund der Größe, sondern auch aufgrund des jeweiligen Fabrikats bestehen wesentliche Unterschiede beim Eigengewicht von Reifen und Felge. Daher wurde ein Durchschnittswert über jeweils 3 namhafte Marken erhoben (Tab. 2)

Vergleicht man nun die leichteste Komplettradkombination mit einer 16-Zoll-Felge mit der schwersten Kombination mit einer 21-Zoll-Felge (beides Alufelgen), so zeigt sich eine Verdoppelung des Gewichts und somit eine deutliche Mehrbelastung bei der Montage. Unter Verwendung der Leitmerkmalmethode (LMM-HHT) wurde das Risiko für eine körperliche Überbeanspruchung errechnet. Folgende Annahmen wurden getroffen:

  • männlicher Monteur (keine weiblichen Angestellten im Betrieb)
  • Reifenwechsel an 10 Pkw während eines 8-Stunden-Tages
  • Montage / Demontage des Komplettrades
  • Entnahme / Lagerung durch andere Mitarbeiter
  • Transport vom Lager zum Auto mittels Reifenrodel
  • kein Reifenaufziehen
  • optimale Körperhaltung
  • keine ungünstigen Ausführungsbedingungen, seltene Belastungswechsel

Während die Modellberechnung mit den 16-Zoll-Kompletträdern nach der Leitmerkmalmethode einen Score im Risikobereich 2 ergab, so war bereits mit den 18-Zoll-Kompletträdern der Risikobereich 3 knapp angeschnitten. Würde ein Arbeitnehmer nur 21-Zoll-Kompletträder mit jeweils über 30 kg lt. Modellberechnung montieren, so wäre bereits die höchste Stufe erreicht.

Empfohlene Maßnahmen

Aufgrund der Analyse wurde die Anschaffung eines Reifenhebers bzw. einer Reifenmontagehilfe arbeitsmedizinisch als sinnvoll und notwendig erachtet. Bis dahin sollten im Sinne des organisatorischen Arbeitnehmer:innen­schutzes größer dimensionierte Reifen zu zweit montiert werden. Weiters sollte auf die individuelle Arbeitshöhe einzelner Mitarbeiter bei der Einstellung der Hebebühne geachtet werden, um die Einnahme von Zwangshaltungen bzw. knieender Haltungen und ein unnötiges Anheben des Pressluftschraubers zu vermeiden.

Tabelle 2: Übersicht über durchschnittliche Gewichts­angaben von Felgen (Alu) und Reifen3) Statistik Austria
Tabelle 1: Übersichtsvergleich Pkw mit Verbrennungsmotor und reinem Elektroantrieb Statistik Austria

„3.500 Kleinbetriebe, die sich um die Instandhaltung von Kraftfahrzeugen inklusive Räderwechsel kümmern, werden von AUVAsicher betreut. Bis dato gab es wenig aufbereitetes Wissen über tatsächliche Belastungen beim Reifenwechsel. Im Rahmen der arbeitsmedizinischen Betreuung bieten wir bei AUVAsicher Unterstützung bei der Evaluierung der Tätigkeiten und in Fragen der Lastenhandhabung. Im jeweiligen AUVA-Präventionszentrum (Adressen unter: auvasicher.at) kann eine spezifische Anlassfallbetreuung angefordert werden, so Mag.ª Barbara Libowitzky, Abteilungsleiterin AUVA­sicher in der AUVA-Hauptstelle.

Zusammenfassung

Durch die Entwicklungen am Autosektor ergeben sich zunehmend ergonomische Herausforderungen. Im konkreten Fall betraf dies großdimensionierte Pkw-Reifen, deren Montage früher eine Ausnahme darstellte. Nach Analyse konnten im Rahmen der Beratung durch AUVAsicher konkrete Maßnahmen empfohlen werden.


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