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Komm gut an!

Neue Assistenzsysteme für Lkw

Fahrer:innenassistenzsysteme (FAS) tragen zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr bei. Welche Assistenzsysteme wann in neuen Fahrzeugtypen bzw. in neu zugelassenen Fahr­zeugen installiert sein müssen, ist in einer EU-Verordnung geregelt. Die nächste Änderung tritt am 7. Juli 2024 in Kraft.

ein Auto fährt durch einen Tunnel, links sieht man einen großen Bildschirm, der einen überholenden LKW zeigt
© Adobe Stock / M. Perfectti

Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, die Anzahl der Schwerverletzten und Getöteten im Straßenverkehr drastisch zu reduzieren. Gelingen soll das auch mit Hilfe von Fahrer:innenassistenzsystemen. „Automatisierte Fahrzeuge haben das Potenzial, einen gewaltigen Beitrag zur Verringerung der im Straßenverkehr Getöteten zu leisten, da Schätzungen zufolge menschliches Versagen bei mehr als 90 % der Straßenverkehrsunfälle eine Rolle spielt“, heißt es in der kurz als „General Safety Regulation“ (GSR) bezeichneten „Verordnung (EU) 2019/2144 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern (...) sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge im Hinblick auf ihre allgemeine Sicherheit und den Schutz der Fahrzeuginsassen und von ungeschützten Verkehrsteilnehmern“.

Stufenplan für FAS

Für die schrittweise Einführung der Assistenzsysteme wurde ein Stufenplan erstellt, der einen verpflichtenden Einbau der unterschiedlichen FAS bei neuen Fahrzeugtypen bzw. neu zugelassenen Fahrzeugen vorsieht. Nach der ersten Zeitstufe am 6. Juli 2022 treten nun mit der zweiten am 7. Juli 2024 weitere Änderungen in Kraft. Die nächsten Stichtage folgen am 7. Jänner und am 7. Juli 2026 sowie abschließend am 7. Jänner 2029.

„Es wird, je nach Fahrzeugkategorie, zwischen drei und neun Jahren dauern, bis alle in der EU zugelassenen Fahrzeuge über die neuen Fahrer:innenassistenzsysteme verfügen. Im internationalen Verkehr werden überwiegend Sattelzugmaschinen eingesetzt, die eine durchschnittliche Lebensdauer von drei Jahren haben“, prognostiziert DI Martin Winkel­bauer vom Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV). Dadurch wird bei diesen Fahrzeugen die gesamte Flotte sehr schnell ausgerüstet sein, während es bei anderen Lkw und Pkw etwa 10 Jahre dauern wird, bis 90 % der Fahrzeuge auf der Straße über die neuen Systeme verfügen.

Neuerungen ab Juli

Die folgenden Systeme, die bereits seit 6. Juli 2022 für neue Fahrzeugtypen verpflichtend sind, müssen ab 7. Juli 2024 in allen neu zugelassenen Lkw installiert sein:

  • Abbiegeassistenz- und Kollisionswarnsysteme
  • Rückfahrassistent
  • Notfall-Spurhalteassistent
  • intelligenter Geschwindigkeitsassistent
  • hochentwickelte Notbrems-Assistenzsysteme (bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen)
  • Reifendrucküberwachungssystem (bei schweren Nutzfahrzeugen)
  • Notbremslicht
  • Warnsystem bei Müdigkeit und nachlassender Aufmerksamkeit
  • ereignisbezogene Datenaufzeichnung (bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen)
  • Vorrichtung zum Einbau einer alkoholempfindlichen Wegfahrsperre

Für automatisierte Fahrzeuge sind zusätzliche Systeme vorgeschrieben, etwa zur Überwachung der Fahrer:innenverfügbarkeit oder zur Weitergabe von Sicherheitsinformationen an andere Verkehrsteilnehmende.

Eine weitere Änderung betrifft ab 7. Juli 2024 neue Fahrzeugtypen und ab 7. Juli 2026 neu zugelassene Lkw. Diese müssen ab dem jeweiligen Stichtag mit einem hochentwickelten Notbremssystem zum Schutz von zu Fuß Gehenden und Radfahrenden sowie mit einem hochentwickelten Warnsystem bei nachlassender Konzentration des:der Fahrers:Fahrerin ausgestattet sein. Für mittelschwere und schwere Nutzfahrzeuge gilt, dass neue Fahrzeugtypen ab 7. Jänner 2026 und neu zugelassene Fahrzeuge ab 7. Jänner 2029 über ein System zur ereignisbezogenen Datenaufzeichnung verfügen müssen.

Arbeitgeber:innen sind verpflichtet, ihre Mitarbeiter:innen in neue Fahrer:innenassistenzsysteme einzuschulen und regelmäßige Unterweisungen durchzuführen. Nur wenn ein:e Lkw-Fahrer:in über die Funktionsweise eines FAS informiert ist, kann er:sie es richtig einsetzen. Winkelbauer weist darauf hin, dass es nicht nur darum geht, zu wissen, was ein Assistenzsystem kann, sondern auch, was es nicht kann. Ein Problem stellen beispielsweise Warnungen durch das System dar, obwohl tatsächlich keine Gefahr gegeben ist.

zwei Arbeiter stehen zwischen zwei LKW zusammen und besprechen sich
Fahrer:innen­ müssen in neue Assistenz­systeme eingeschult werden. Dabei geht es nicht nur darum, zu wissen, was ein System kann, sondern auch, was es nicht kann – zum Beispiel warnt es mitunter, obwohl keine Gefahr gegeben ist. © Adobe Stock / Martin Barraud – KOTO

Verhindern von Zusammenstößen

Abbiegeassistenz- und Kollisionswarnsysteme dienen dem Schutz von zu Fuß Gehenden und Radfahrenden. Befinden sich diese in unmittelbarer Nähe der Vorder- oder Beifahrerseite des Fahrzeugs, gibt das System eine Warnung ab bzw. verhindert einen Zusammenstoß. Abbiegeunfälle mit Radfahrern:-fahrerinnen und das Überfahren einer Person, die knapp vor dem Lkw die Straße überquert, sollen damit verhindert werden. Bei hochentwickelten Notbrems-Assistenzsystemen überwachen Sensoren das unmittelbare Fahrzeugumfeld. Sie warnen durch Blinken, Töne oder Vibration vor möglichen Kollisionen. Droht ein Auffahrunfall, verstärken sie den von dem:der Fahrer:in ausgeübten Bremsdruck oder leiten eine Vollbremsung ein.

Der Rückfahrassistent warnt den:die Fahrer:in, wenn sich Personen, Fahrzeuge oder andere Objekte hinter dem im Rückwärtsgang fahrenden Lkw befinden. „Das ist ein Meilenstein in der Sicherheit des Reversierens mit Schwerfahrzeugen. Lkw in Österreich müssen zwar beim Rückwärtsfahren ein akustisches Warnsignal abgeben, aber Kinder reagieren oft nicht darauf. Wer nicht gut hört, nimmt das Signal nicht wahr – und der Laternenmast kann nicht zur Seite gehen“, bringt Winkelbauer die Vorteile dieses FAS auf den Punkt.

Spur und Geschwindigkeit halten

Der Notfall-Spurhalteassistent unterstützt beim Halten einer sicheren Fahrzeugposition in Bezug auf die Fahrstreifen- oder Straßenbegrenzung. Wenn das Fahrzeug seinen Fahrstreifen verlässt oder kurz davor ist, ihn zu verlassen, und ein Zusammenstoß drohen könnte, warnt das System durch Töne oder Blinken. Es greift auch aktiv in die Lenkung ein, falls der:die Lkw-Fahrer:in auf die Warnung nicht reagiert.

Der intelligente Geschwindigkeitsassistent unterstützt bei der Einhaltung der angemessenen bzw. zulässigen Geschwindigkeit. Das System macht den:die Fahrer:in darauf aufmerksam, wenn die für den jeweiligen Straßenabschnitt geltende Geschwindigkeitsbegrenzung überschritten wird, z. B. durch eine Anzeige auf dem Display des Fahrzeugs oder ein Pulsieren des Gaspedals. Das System ist jederzeit von dem:der Lkw-Fahrer:in übersteuerbar.

Warnsysteme bei Müdigkeit und nachlassender Aufmerksamkeit analysieren das Fahrverhalten auf Anzeichen nachlassender Konzentration. Je nach System werden die Augen- und Kopfbewegungen des:der Fahrers:Fahrerin oder sein:ihr Lenkverhalten beobachtet. Auch Faktoren wie Tageszeit, Geschwindigkeit, Blinkverhalten oder die bisherige Dauer der Fahrt können Berücksichtigung finden. Erkennt das System Ermüdungssymptome, warnt es mit einem akustischen oder optischen Signal.

Weitere Assistenzsysteme

Das Reifendrucküberwachungssystem zeigt einen Druckverlust bzw. einen zu niedrigen Reifendruck an. Ein nicht optimaler Reifendruck beeinflusst das Fahrverhalten negativ, und auch der Kraftstoffverbrauch steigt.

Beim Notbremslicht handelt es sich um eine Lichtsignalfunktion, die hinter dem Fahrzeug befindlichen Verkehrsteilnehmern:-teilnehmerinnen anzeigt, dass das vor ihnen fahrende Fahrzeug plötzlich abbremst. Das Notbremssignal wird automatisch eingeschaltet, wenn die Fahrzeuggeschwindigkeit mehr als 50 km / h beträgt und eine sehr starke Abbremsung stattfindet beziehungsweise das Antiblockiersystem (ABS) aktiviert wird.

Die ereignisbezogene Datenaufzeichnung zeichnet kritische Informationen kurz vor, während und unmittelbar nach einem Aufprall auf und speichert diese. Dazu zählen z. B. Fahrzeuggeschwindigkeit, Abbremsen, Position und Neigung des Fahrzeugs auf der Straße sowie Zustand und Grad der Aktivierung der Sicherheitssysteme. Dieses System kann nicht deaktiviert werden. Die Daten dürfen den Behörden ausschließlich zur Unfallforschung und ‐analyse zur Verfügung gestellt werden.

Die Vorrichtung zum Einbau einer alkoholempfindlichen Wegfahrsperre ist eine Schnittstelle, über die der „Alko-Lock“ mit dem Fahrzeug verbunden werden kann. Dieser erkennt eine Alkoholisierung des:der Fahrers:Fahrerin. „Die Wegfahrsperre ist ein ‚Bewährungssystem‘, das dem:der Lkw-Fahrer:in ermöglicht, weiter als Berufskraftfahrer:in tätig zu sein“, so Winkelbauer. Nur die Schnittstelle, nicht aber die alkoholempfindliche Wegfahrsperre muss ab 7. Juli 2024 in allen neu zugelassenen Lkw eingebaut sein.

Ausführliche Informationen zu FAS für Lkw bietet die AUVA in ihrem Webinar „Automatisiertes Fahren und Fahrer:innen­assistenz­systeme Lkw“.

Fahrer:innenassistenzsysteme in der Praxis

ein LKW
© Höfler Transport & Logistik GmbH

Ab 7. Juli 2024 müssen neu zugelassene Lkw über mehrere zusätzliche Assistenzsysteme verfügen. Was bedeutet das für Transportunternehmen, die Neuanschaffungen planen, und wie kann es gelingen, die Lkw-Fahrer:innen vom Nutzen der FAS zu überzeugen?

Isabel Höfler, BA, von der Höfler Transport & Logistik GmbH, sieht der Änderung gelassen entgegen. Bei dem Mostviertler Familienbetrieb recherchierte man bereits 2020 über Fahrer:innenassistenzsysteme und testete Lkw, in denen unterschiedliche FAS installiert waren, jeweils zwei bis drei Monate lang. Anschließend berichtete der Fahrer des Lkw über seine Erfahrungen mit den jeweiligen Systemen.

Porträt
Isabel Höfler © Höfler Transport & Logistik GmbH

Da sich die Geschäftsführung laufend über die am Markt erhältlichen FAS und die geltenden rechtlichen Vorgaben informiert, war sie auch auf die heuer in Kraft tretenden Änderungen gut vorbereitet. Etliche Lkw des Fuhrparks verfügen bereits über die ab dem kommenden Stichtag verpflichtenden FAS, so Höfler: „Bei unserer letzten Anschaffung im Jänner 2024 haben wir die Fahrer:innenassistenzsysteme, welche ab Juli 2024 vorgeschrieben sind, schon mitberücksichtigt. Alle künftigen Anschaffungen werden auch nach diesem Prinzip abgearbeitet.“

Durch die Einbeziehung der Lkw-Fahrer:innen in Kauf­entscheidungen ist die Akzeptanz neuer FAS hoch. Bei quartalsweise abgehaltenen Mitarbeiter:innenbesprechungen stehen Themen aus dem Bereich der Arbeitssicherheit – und damit auch FAS – auf der Tagesordnung, betont Höfler: „Wir weisen aktiv auf die Vorteile der Fahrer:innen­assistenz­systeme hin. Zum besseren Verstehen bzw. zum Veranschaulichen zeigen wir auch gerne Videos her.“

Schulungen bilden die Grundlage dafür, dass die FAS richtig verwendet werden. Bei Höfler sind die meisten FAS in den Planensattelzugmaschinen installiert. „Bei einer Neuanschaffung lassen wir uns meistens das Datenblatt der Zugmaschine zusenden, damit wir wissen, welche Fahrer:innenassistenzsysteme darin verbaut sind. Sobald der Lkw ausgeliefert ist, schult unser Werkstättenleiter den Fahrer ein“, schildert Höfler. Bei Kran- und Getränkehängerzügen führt der Vertreter der Lieferfirma die Einschulung durch.

Für Höfler ist klar, dass jedes FAS maßgeblich dazu beiträgt, Unfälle zu vermeiden.  Hinsichtlich der ab Juli 2024 geltenden Änderungen begrüßt sie insbesondere die verpflichtende Ausstattung der Lkw mit einem Müdigkeitswarnsystem und einem hochentwickelten Notbrems-Assistenzsystem. Dieses sei sehr wichtig, um schwere Auffahrunfälle zu verhindern.

Zusammenfassung

In einem Stufenplan der EU ist die schrittweise Einführung unterschiedlicher Fahrer:innenassistenzsysteme geregelt. Stufe zwei tritt am 7. Juli 2024 in Kraft. Ab dann müssen in allen neu zugelassenen Lkw unter anderem Abbiegeassistenz- und Kollisionswarnsysteme, Notfall-Spurhalteassistent, Geschwindigkeits- und Rückfahrassistent eingebaut sein. 


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