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UV-Schutz & Hitze

Klimawandel fordert Arbeits­medizin

ein Arbeiter auf einer Baustelle trinkt aus einer Wasserflasche
Betriebe können auf diese neuen Risiken des Klima­wandels reagieren indem sie u.a. kühles Trinkwasser und Schatten bereit stellen. © Adobe Stock / spaskov

Es ist nicht nur die UV-Strahlung, die in der Arbeitswelt neue Herausforderungen mit sich bringt. Der Klimawandel hat auf vielfältige Weise Einfluss auf die menschliche Gesundheit: Extremwetterereignisse wie Dürren oder Hitzewellen erhöhen zum Beispiel das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, können die Atemwege belasten oder wirken sich negativ auf die psychische Gesundheit aus. Überschwemmungen können direkt auf die Hygienesituation in einer Region Einfluss nehmen, indem sie die Schadstoffbelastung punktuell erhöhen oder das Auftreten von Infektionen begünstigen. Darüber hinaus zeigt sich bereits deutlich, dass die wärmeren Temperaturen zu einer verlängerten Pollenflugsaison führen und damit die Allergiebelastung erhöhen. All das sind aktuelle Themen, denen sich die Arbeitsmedizin mehr und mehr widmen muss, da sie einen direkten Einfluss auf die Gesundheit der Arbeitskräfte haben.

Dr. Heinz Fuchsig, Arbeits- und Umweltmediziner sowie Referent für Umweltschutz der Österreichischen Ärztekammer, beschreibt, wie sich Klimaveränderungen auch auf die Arbeit der Arbeitsmedizin auswirken und welche Themen dringend im Auge behalten werden müssen.

Wo liegen für Sie die größten Herausforderungen des Klima­wandels aus Sicht der Arbeitsmedizin? Wir beobachten, dass die steigende Hitze die meisten Probleme für die menschliche Gesundheit verursacht, vor allem auch, weil man ihr kaum auskommt. Mitarbeitenden in allen Arbeits­bereichen künftig eine angemessene Kühlung zu verschaffen, wird eine große Herausforderung für die Arbeitswelt.

Porträt
Dr. Heinz Fuchsig © Die Fotografen

So hat etwa ein indischer Professor am Weltkongress der ISEE, der International Society for Environmental Epidemiology, dramatische Zahlen präsentiert: Nur in Indien allein müssen bereits rund 350 Millionen Menschen ihre Arbeit zunehmend vom Tag in die Nacht verlegen, weil die Temperaturen tagsüber die körperliche Arbeit ohne Schaden für die Gesundheit nicht mehr zulassen. 

Sind derartige Auswirkungen der Klimakrise auch in Mittel­europa bereits spürbar? Auf jeden Fall, obwohl wir das Glück haben, dass in unseren Klimazonen die Kombination von Hitze und Feuchtigkeit nicht so drastisch spürbar ist wie auf anderen Kontinenten. Der menschliche Körper muss eine relativ stabile Kerntemperatur von etwa 37 °C aufrechterhalten, damit die Zellen und Körperfunktionen einwandfrei funktionieren. Um diese Temperatur zu regulieren, geben wir Wärme über die Haut ab. Schwitzen beschleunigt diesen Prozess. Gleichzeitig kann der Körper die Temperatur nicht mehr im Lot halten, wenn wir extremer Hitze ausgesetzt sind. Dann kann nicht schnell genug abkühlt werden und eine fatale Kettenreaktion folgt: Sie beginnt mit Konzentrationsverlust, Kopfschmerzen oder Schwindel und geht rasch bis hin zur Überlastung des Herzens oder zum Stillstand von Nieren und Leber.

Ist dieser Zeitpunkt bei allen Menschen in etwa gleich? Diese Thermoregulation des Körpers hängt von einer Reihe von Faktoren ab, wie etwa dem Alter, dem Gesundheitszustand oder dem Aktivitätsniveau. Die Kühlgrenztemperatur berücksichtigt die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit und zeigt, ab welcher Kombination keine Wärme mehr abgegeben werden kann. Bei 35 °C und 100 % Luftfeuchtigkeit können wir für ungefähr sechs Stunden überleben. Eine Studie mit fitten jungen Männern in absoluter Ruhe musste aber bereits bei 31 °C und 100 % Feuchte abgebrochen werden. Harte körperliche Arbeit endet bei um 7 °C niedrigeren Temperaturen, außer, es ist wesentlich trockener. 

Was bedeutet das nun für die Arbeitswelt, aber auch das Privatleben der Mitarbeitenden? Die Hitze ist ein enormer Produktivitätskiller und wir finden sie nicht nur in Innenräumen, die sich gut beschatten und klimatisieren lassen. Im Sitzen haben wir eine Wohlfühltemperatur von rund 21 °C, bei körperlicher Arbeit wären 12 bis 19 °C Umgebungstemperatur ideal. Das ist outdoor im Sommer nur mehr frühmorgens machbar. Wir wissen auch, dass im Sommer viel mehr Mitarbeitende unausgeschlafen an den Arbeitsplatz kommen, weil ihnen die Erholung im Schlaf fehlt. Hat es über 25 °C in Schlafräumen, muss der Körper den Kreislauf so aktiv halten, um die erforderliche Wärme abzugeben, dass das Herz auch in der Nacht nicht in den Ruhemodus fallen kann. Das heißt, die Nächte bringen kaum Abkühlung und erholsamen Schlaf. 

Wie können nun Betriebe auf diese neuen Risiken reagieren? Unternehmen können Schatten und kühles Trinkwasser bereitstellen, dunkle Gebäudeteile und Gläser mit hochweißen, kühlenden Farben abdecken. Für Notfälle können sie im Keller Übernachtungsmöglichkeiten bereithalten, wie das systemrelevante Einrichtungen wie Spitäler teils sogar für die Kinder der Arbeitnehmer:innen mitplanen. Szenarios zu üben kann mit professioneller Unterstützung viele Lücken aufzeigen und sehr gut vorbereiten. Alle Gefahren durch Extremwetterlagen, die ein Unternehmen betreffen könnten, müssen evaluiert werden. 

Es braucht klare standardisierte Methoden und An­sprechpartner:innen, die wissen, wie im Anlassfall damit umzugehen ist. Nehmen wir als Beispiel ein Hochwasser: Abgesehen von den hohen psychischen Belastungen, die hier auftreten können, muss es klare Anweisungen geben, wann zum Beispiel Firmen-Tiefgaragen nicht mehr betreten werden dürfen. Es müssen auch Überlegungen angestellt werden, wie Mitarbeitende in diesen Fällen mit ihren Angehörigen kommunizieren. Hier können Gefahren entstehen, die im Normalbetrieb ein Unternehmen nicht betreffen, in Extremfällen aber lebensgefährlich sein können. In Österreich existiert eine Waldbrandrisikokarte der Universität für Bodenkultur, die angibt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass Rauch von Waldbränden die Luftqualität in bestimmten Regionen derart verschlechtert, dass man zum Beispiel nicht mehr ins Freie gehen darf. Das kann für ein Unternehmen, in dem Allergiker:innen mit Lungenproblemen beschäftigt sind, in Extremsituationen durchaus ein Thema werden. In Kanada hat jeder:jede Bürger­meister:in ein Partikelmessgerät und weiß, wann Events im Freien abgesagt werden müssen, wann vulnerable Gruppen in geschlossenen Räumen bleiben müssen oder wann Orte wegen zu hoher Feinstaubbelastung zu evakuieren sind. 

Welche Tipps haben Sie für Arbeitgeber:innen? Bereiten Sie sich vor! Es gibt zunehmend Informationsmaterial und Tagungen, die diese Themen adressieren, wie etwa das Merkblatt M 012 zur Prävention hitzebedingter Erkrankungen. Wir haben noch keine ausreichenden Hilfsmittel zur Evaluierung all dieser Gefahren, dennoch: Nähern Sie sich dem Thema in kleinen Schritten an, das ist besser als abzuwarten!

Zusammenfassung

Hitze und UV-Belastung durch Sonneneinstrahlung können vielfältige gesundheitliche Probleme verur­sachen. Unternehmen sind zusammen mit Arbeitsmedizinern:-medizinerinnen und Sicherheitsfachkräften gefordert, diese und weitere Risiken aufgrund des Klimawandels zu erfassen und vorzusorgen.


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