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Kühlschmierstoffe

Kühlschmierstoffe erfordern sicheren Umgang

Die Metallverarbeitung spielt in Österreich eine bedeutende Rolle. 2021 waren in diesem Bereich in über 5.700 Klein-, Mittel- und Großbetrieben rund 252.000 Personen beschäftigt, wovon etwa 50.000 gegenüber Kühlschmierstoffen (KSS) exponiert waren. Auch Arbeit­nehmer:innen in der Kunststoffbearbeitung und Personen, die Absaug- und Lüftungsanlagen warten, können in Kontakt mit KSS kommen. Das gerade in der Aktualisierung befindliche AUVA-Merkblatt M.plus 369 informiert über den sicheren Umgang mit Kühlschmierstoffen, um eine Gefährdung der Gesund­heit zu vermeiden.

eine Präzesionsmaschine mit Kühlschmierstoff
© Adobe Stock / popov48

Kühlschmierstoffe (KSS) erfüllen wichtige Funktionen bei spanabhebenden Fertigungsverfahren und beim Umformen von Werkstoffen (meist Metallen): Sie verringern durch Kühlung und Schmierung die Reibung und folglich die Wärmeentwicklung zwischen Werkzeug und Werkstück und reduzieren dadurch den Werkzeugverschleiß. Die Oberflächengüte wird positiv beeinflusst und der Abtransport der Späne ist gewährleistet. Außerdem können durch den Einsatz von KSS die jeweiligen Bearbeitungsgeschwindigkeiten erhöht werden. Um diese technischen Eigenschaften zu erreichen und aufrechtzuhalten, bestehen KSS aus unterschiedlichen chemischen Stoffen und stellen damit eine äußerst heterogene Produktgruppe dar. Für manche der Inhaltsstoffe finden sich im Anhang 1 der Grenzwerteverordnung Grenzwerte, die eingehalten werden müssen. 

Grundsätzlich bestehen KSS aus einem Basisstoff (meist einem Öl) und verschiedenen Additiven / Zusatz­stoffen, die der Verbesserung der anwendungstechnischen Eigenschaften dienen. Außerdem können während des Gebrauches unerwünschte Reaktionsprodukte entstehen und Verunreinigungen (Fremdstoffe) von außen eingebracht werden. Zusätzlich stellen wassergemischte KSS ein ideales Nährmedium für verschiedene Mikroorganismen dar. D. h., in KSS können bei unzureichender Wartung beträchtliche Mengen von Bakterien wachsen, wodurch nicht nur technische Probleme bei der Fertigung der Werkstücke, sondern auch gesundheitliche Gefährdungen für die Beschäftigten auftreten können.

KSS können aufgrund ihrer Inhaltsstoffe zu toxisch degenerativen und allergischen Hauterkrankungen, zu Reizungen und Erkrankungen der Atemwege sowie zu Reizungen der Augen führen. 

Schwerpunkt der Arbeitsinspektion

Für den Schutz der Gesundheit stellt die Verwendung von KSS eine große Herausforderung dar. Um den Ist-Zustand der Schutzmaßnahmen an Arbeitsplätzen beim Umgang mit KSS zu erheben, führten die Arbeitsinspektionsärzte:Arbeitsinspektionsärztinnen im ersten Halbjahr 2022 mehr als 70 Erhebungen in Klein-, Mittel- und Großbetrieben im Zuge eines Schwerpunktes durch. 

Das Ziel war, auf Basis der Erhebungsergebnisse und anhand des aktuellen AUVA-Merkblatts M.plus 369 Mindestanforderungen im Umgang mit KSS auszuarbeiten und zu veröffentlichen, um sie insbesondere Arbeit­gebern:Arbeit­geberinnen, Sicherheitsfachkräften und Arbeits­medi­zinern:Arbeitsmedi­zinerinnen bekannt zu machen. Zur Zielsetzung gehörte weiters, Allgemeinmediziner:innen, Dermatologen:Dermatologinnen und Pneumologen:Pneumologinnen auf die gesundheitlichen Gefahren durch KSS aufmerksam zu machen, weil ein Zusammenhang zwischen körperlichen Symptomen und den Arbeitsbedingungen bestehen kann.

Wichtige Hinweise beim Umgang mit KSS

  • Es ist darauf zu achten, dass aktuelle Sicher­heits­daten­blätter aufliegen.
  • Wenn technisch möglich, ist eine voll­auto­matische Beschickung der Fertigungsanlagen zu empfehlen.
  • Direkt nach dem Bearbeitungsvorgang ist die Nebelkonzentration innerhalb der Einhausung am höchsten; eine kurze Wartezeit von mindesten 30 Sekunden vor dem Öffnen reduziert die Konzentration der Aerosole in der Atemluft. 
  • Händisches Abblasen soll unter Verwendung einer Absaugung (z. B. Ausnutzung der Absaugung der Bearbeitungsmaschinen) erfolgen, wenn weder ein automatisches Abblasen der Werkstücke im Maschinenraum der Bearbeitungs­zentren erfolgt noch geeignete Wasch­anlagen zur Verfügung stehen.

Erhebungsergebnisse 

Die Erhebungen zeigten, dass der Einsatz von nicht wassermischbaren KSS im Vergleich zu wassermischbaren KSS gering ist. Die verwendete Menge von KSS-Konzentraten in Betrieben reichte von 100 l / Jahr bis zu 25.000 l / Jahr. Die Zahl der Lieferanten ist hoch. Der Begriff der Minimalmengenschmierung (gezielter Einsatz von geringen Mengen an KSS im Gegensatz zur herkömmlichen Nassbearbeitung) ist wenig bekannt. 

Die Durchsicht der Sicherheitsdatenblätter ergab, dass KSS nur vereinzelt nicht nach CLP-Verordnung gekennzeichnet sind. Die meisten KSS-Konzentrate können schwere Augenschäden verursachen, die Haut reizen bzw. zu aller­gischen Reaktionen der Haut (selten auch der Atemwege) führen. Selbst reproduktionstoxische und krebserzeugende Inhaltsstoffe konnten in KSS-Konzentraten gefunden werden. Auch wurde festgestellt, dass die in den Betrieben aufliegenden Sicherheitsdatenblätter z. T. veraltet sind. Es ist in den Betrieben wenig bekannt, dass sich Einstufungen von Arbeitsstoffen im Laufe der Zeit ändern können (wenn z. B. bislang nicht als krebserzeugend eingestufte Inhaltsstoffe als krebserzeugend eingestuft werden).

Wenig bekannt ist auch, dass Absaugungen vorzugsweise im Fortluftbetrieb geführt werden sollten (unter Ersatz der fortgeführten Luft), weil KSS-Dämpfe von herkömmlichen Filtermaterialien nicht abgeschieden werden können. Ist es nicht möglich, geeignete Absauganlagen zu installieren (z. B. aufgrund der Größe der zu bearbeitenden Werkstücke), sollten Lüftungsanlagen zur Minimierung der KSS-Nebel und -dämpfe vorhanden sein, was bei Weitem nicht flächendeckend der Fall ist. Generell wurde festgestellt, dass Informationen über Abluftleistung und Filterqualitäten in den Betrieben oft nicht einfach zugänglich sind. Geschlossene Erfassungssysteme mit Vollkapselung und wirkungsvollen Absauganlagen stellen zwar den Stand der Technik dar, sind aber noch nicht Standard in den Betrieben, wohingegen technische Schutzmaßnahmen gegen Verunreinigung (z. B. „Skimmer“) nur in den seltensten Fällen fehlen.

Während in den meisten Betrieben Wartungspläne zu KSS vorhanden sind, wenn auch die Testungen der KSS nicht in vollem Umfang durchgeführt werden, bleiben vereinzelt Betriebe untätig, bis die KSS durch Bakterienbefall vollkommen unbrauchbar geworden sind. Hier scheint nicht nur die Unterweisung der Beschäftigten mangelhaft zu sein, sondern auch das Kontrollsystem der Arbeitgeber:innen.

Arbeitskleidung wird sehr häufig zur Verfügung gestellt und oftmals wird auch deren Reinigung von den Betrieben organisiert. Hand- und Hautschutz gestalten sich schwierig. Vielfach wird bei der Auswahl der persönlichen Schutzausrüstung auf die mechanische Gefährdung der Haut abgestellt und nicht auf die Schutzwirkung vor Arbeitsstoffen. Hautschutzpläne sind insbesondere in größeren Betrieben vorhanden.

Die Verwendung von Druckluft stellt nach wie vor ein Problem dar, weil zu wenig berücksichtigt wird, dass diese eine Feinstverteilung der KSS in der Umgebungsluft verursacht, wodurch die Aufnahme dieser Stoffe in großen Mengen über die Atemwege möglich wird. Auch zeigte sich, dass wenig Wert darauf gelegt wird bzw. wenig Bewusstsein dafür besteht, Beschickungstüren von Bearbeitungszentren erst zu öffnen, wenn der größte Anteil der zerstäubten KSS im Bearbeitungsraum bereits abgesaugt wurde.

Grenzwert-Vergleichsmessungen sind nur in Ausnahmefällen vorhanden. Sie sind aber unbedingt erforderlich, wenn KSS-Nebel in der Raumluft sichtbar sind.

Hauterkrankungen im Zusammenhang mit der Verwendung von KSS treten immer wieder auf und führen auch oftmals zur Aufgabe der Tätigkeit. Vielfach sind Arbeitnehmer:innen noch immer der Meinung, dass vorgeschädigte Haut „zum Beruf gehört“. Atemwegserkrankungen treten im Vergleich deutlich seltener auf. Der Wechsel des KSS in Betrieben wird angestrebt, wenn bekannt ist, dass Arbeitnehmer:innen Beschwerden beim Umgang mit KSS entwickeln. 

ein Bohrer umgeben von Kühlschnmierstoff
Die Inhaltsstoffe in KSS können zu Haut­erkrankungen, Reizungen sowie Erkrankungen der Atemwege und Augen führen. Arbeits­mediziner:innen müssen einen Zusammen­hang zwischen körperlichen Symptomen und den Arbeits­bedingungen erkennen können. © Adobe Stock / patruflo

Erweiterung des AUVA-Merkblatts M.plus 369

Das Merkblatt M 369 „Sicherer Umgang mit Kühlschmierstoffen im Betrieb“, das 1997 erstmals veröffentlicht wurde und seither regelmäßig aktualisiert wird, ist die einzige Informationsquelle in Österreich zum Mindeststandard an technischen und organisatorischen Maßnahmen sowie persönlicher Schutzausrüstung beim Umgang mit KSS. Die AUVA hat 2013 bei der Aktualisierung des Merkblatts mit dem Zentral-Arbeitsinspektorat zusammengearbeitet. Das Merkblatt wurde zusätzlich auf der Website des Arbeitsinspektorats als Kühlschmierstofferlass veröffentlicht. 2018 wurde das Merkblatt zu einem M.plus überarbeitet, um eine Hilfestellung für die Führungs- und Präventivfachkräfte bei der Evaluierung von Arbeitsplätzen und der Umsetzung von Unfallverhütungsvorschriften zu bieten. 

Der KSS-Schwerpunkt der Arbeitsinspektion hat gezeigt, dass der Informationsbedarf zum sicheren Umgang mit KSS groß ist, weshalb die AUVA ein Projekt zur Überarbeitung und Neustrukturierung des Merkblatts in ein barrierefreies, aktualisiertes und erweitertes Merkblatt initiierte. Das Ziel war, die Präventivfachkräfte bei der Gefährdungsbeurteilung zu unterstützen, Lösungsmöglichkeiten für die Einführung von Schutzmaßnahmen zu zeigen, Informationen über Eigenschaften und Arten von Kühlschmierstoffen zusammenzufassen und Begleitdokumentationen wie Checklisten, Muster zur Dokumentation von Prüfergebnissen etc. auszuarbeiten. Es wurde eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe aus den Fachbereichen „gefährliche Arbeitsstoffe“, „Arbeitsmedizin“ und „Maschinensicherheit“ gegründet. Die Arbeitsinspektion war durch eine Arbeitsmedizinerin vertreten.

Das neue Merkblatt wird aus vier Teilen und fünf Anhängen bestehen. Zunächst erfolgen allgemeine Informationen über Einteilung und Zusammensetzung der Kühlschmierstoffe. Anschließend wird erklärt, welche Gesundheitsgefahren von KSS ausgehen können. Auch physikalische Gefahren werden kurz beschrieben, bevor diverse Aspekte der Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung beleuchtet werden. Dieses Kapitel gibt Auskunft über Unterweisung, Sicherheitsdatenblätter und KSS-Grenzwerte und bietet eine Orientierungshilfe zur Gefahrenverhütung anhand des STOP-Prinzips. Da Substitution von KSS eingeschränkt möglich ist, werden die technischen und organisatorischen Maßnahmen ausführlich diskutiert. Auch Informationen zur persönlichen Schutzausrüstung kommen nicht zu kurz. 

Die fünf Anhänge, die zusätzlich als PDF downloadbar sein werden, runden das Merkblatt ab. Im Anhang 1 werden die wichtigen Maßnahmen beim Umgang mit KSS zusammengefasst. Dieser Anhang kann als Basis für Unterweisungen benutzt oder in unmittelbarer Nähe der Arbeitsplätze als Kurzinformation für Beschäftigte ausgehängt werden. Anhang 2 enthält ein Muster eines Prüfplans für wassergemischte KSS. Dieser Plan soll für jede Anlage ausgefüllt werden. Eine Checkliste zur Evaluierung von Arbeitsplätzen findet sich im Anhang 3. Damit kann erfasst werden, welche Maßnahmen wo zu treffen sind. Anhang 4 informiert über Biozide in KSS. Die wichtigsten Biozide sind mit den zur Kennzeichnung gehörenden H-Sätzen in einer Tabelle zusammengefasst. Anhang 5 zeigt ein Muster einer Betriebsanweisung, welches vor der Verwendung an die jeweiligen betrieblichen Verhältnisse angepasst werden muss.

Auszüge aus dem Merkblatt M.plus 369

Das Merkblatt richtet sich an Betriebe, die KSS verwenden, bzw. an Personen, die sich mit Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz beschäftigen.

KSS werden unterteilt in nichtwassermischbare, wassermischbare (Konzentrate) und wassergemischte KSS.

Wenn der Verdacht auf eine Berufskrankheit besteht, ist diese dem zuständigen Träger der Unfall­versicherung zu melden.

Bei der Verwendung von nichtwassermischbaren, brennbaren KSS besteht Brand- und Explosions­gefahr, vor allem bei KSS mit einem Flammpunkt von < 100 °C.

Der Grenzwert für Mineralölnebel von 5 mg / m3 E (TMW) gilt ausschließlich für hochraffinierte, reine Mineralöle, denen kein Additiv zugesetzt ist, was in der Praxis äußerst selten vorkommt. D. h., dass sowohl für wassergemischte KSS wie auch für Mineral­öle mit Additiven ein Grenzwert von 1 mg / m3 E (TMW) einzuhalten ist.

Das neue AUVA-Merkblatt M.plus 369 „Sicherer Umgang mit Kühlschmierstoffen im Betrieb“ erscheint im Sommer 2024. 

Zusammenfassung

Im Zuge eines Schwerpunkts der Arbeitsinspektion wurde der Ist-Zustand beim Umgang mit KSS ermittelt. Das überarbeitete AUVA-Merkblatt M.plus 369 „Sicherer Umgang mit Kühlschmierstoffen im Betrieb“ wird Maßnahmen zum sicheren Umgang mit KSS aufzeigen.


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