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Lasersicherheit

Eine kontroverse Innovation

Derzeit ist ein Boom von handgeführten industriellen Laseranwendungen (HIL) zu beobachten. Leider liegen noch sehr unterschiedliche Ansätze zur Sicherheit von solchen Erzeugnissen bzw. Arbeitsmitteln vor. Eine Sensibilisierung für die Problematik ist daher dringend erforderlich.

Detailansicht auf einen Laserkopf
© Adobe Stock / Wisky

Die konventionellen industriellen Laseranwendungen, also Schneiden, Schweißen, Abtragen, Gravieren / Markieren sowie Reinigen unter Einsatz von Laserstrahlung, haben sich schon seit mehr als 30 Jahren in den großen Bereichen der Industrie (z. B. Automobilindustrie) bewährt. Die Akteure:Akteurinnen (Hersteller:innen und Anwender:innen) sind bzw. waren sich dabei einerseits der Qualität und andererseits der Restrisiken dieser Anwendungen bewusst. Deswegen ist es in dieser Branche bis jetzt noch immer selbstverständlich, dass sich keine Personen in Bereichen befinden, in denen beispielsweise mit Laserstrahlung geschweißt wird, und dass Laser, die zum Schweißen von Metallen fähig sind, nicht per Hand, sondern per Industrieroboter bzw. einer anderen Art von Verfahranlage geführt werden. Grund dafür ist die starke Laserstrahlung, die bei diesen Anwendungen direkt oder indirekt z. B. in Form von Streustrahlung auftritt und weit über den zulässigen Grenzwerten für Augen und Haut liegt. Eine Überschreitung des Augengrenzwertes bedeutet bei einem üblicherweise eingesetzten Faserlaser, dass es zu einer irreparablen Verletzung der Netzhaut – sprich zur Erblindung – kommt.

Risiken vermeiden

Wann ist eine Laseranwendung riskant? Dies kann ganz einfach und in erster Linie an der für die Hersteller:innen verpflichtende Angabe der Laserklasse gemäß EN IEC 60825-1 erkannt werden.Wird ein Laserprozess mit einer Laserquelle der Klasse 4, also der höchsten Gefahr, so gut abgeschirmt, dass im Normalbetrieb (nicht Servicebetrieb) keine gefährliche Laserstrahlung zugänglich wird, so erreicht das Erzeugnis die Laserklasse 1. Wie es in Europa mit HIL mit einer frei zugänglichen Laserklasse 4 zu einem riskanteren Umgang mit einer ebenso nützlichen wie auch gefährlichen Technologie – der Lasertechnologie – kommen kann, verwundert deswegen sehr. Es ist hier aber deutlich ein aktives Drängen von vor allem asiatischen HIL auf den europäischen Markt zu erkennen und es ist leider offensichtlich, dass sehr unterschiedliche Ansätze zur Sicherheit von Erzeugnissen bzw. Arbeitsmitteln vorliegen. Zudem wird durch reißerische Werbevideos in den digitalen Medien unkritisch der Bedarf für solche praktisch anmutenden Maschinen erzeugt. Dem Trend zu HIL stehen klare und berechtigte gesetzliche Forderungen in Form der MSV 2010 bzw. der Direktive 2006 / 42 / EC gegenüber, die sich auch nicht durch die aktuelle Novellierung der Maschinenrichtlinie ändern werden. Laut den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der MSV 2010 gilt:

  • „Unerwünschte Strahlungsemissionen der Maschine müssen ausgeschlossen oder so weit verringert werden, dass sie keine schädlichen Auswirkungen für den Menschen haben.“
  • „Lasereinrichtungen an Maschinen müssen so konstruiert und gebaut sein, dass sie keine unbeabsichtigte Strahlung abgeben können.“
eine Person arbeitet mit einem Lasergerät
© D. Fromme u. L. Löschnig

Die Infrarotaufnahmen vom handgeführten Laserreinigen zeigen: Nur mittels Infrarotsichtgerät wird die unsichtbare Streustrahlung (weiße Bereiche im rechten Bild) des Lasers sichtbar.

Aber wie kann es neben den oben angeführten Gründen dazu kommen, dass wir aktuell geradezu von gefährlichen HIL überflutet werden? Mitunter kann dies auf gesetzliche und normative Missinterpretationen zurückgeführt werden. Handgeführte industrielle Laseranwendungen (HIL), die in den letzten Jahren noch als „Exoten“ geduldet wurden, haben sich zu einem großen Trend entwickelt. Eine Sensibilisierung für die Problematik ist schwierig, denn Laserstrahlung ist unsichtbar und für viele gilt: „Was man nicht sieht, das ist auch nicht da“. Im Zuge der AUVA-Beratung der Wiener Firma MehrLaser GmbH, die sich als Inverkehrbringer von HIL sehr stark um die Sicherheit kümmert, wurde daher mithilfe eines Infrarotsichtgerätes die eigentlich unsichtbare Streustrahlung sichtbar gemacht (siehe Abbildung auf S. 42).

 „Wer viel Freiheit möchte, …

der muss auch viel Verantwortung übernehmen!“ Wenn dies nicht gelingt, wird der Ruf nach der Marktüberwachung laut. Diese sollte Hersteller:innen von HIL nicht nur zum alleinigen Einhalten der Mindestniveaus, wie z. B. der elektrischen Sicherheit, bringen. Dazu müssen zudem klar definierte Sicherheitsvorrichtungen, wie z. B. Zweihandschaltungen, Einrichtungen zur Verhinderung des Freistrahlens, überwachte und punktuelle Absaugung am Laserapplikator, Einsatz von Ziellasern, ausfallssichere Interlock-Schnittstellen und eventuell sogar die automatisierte Überprüfung einer vorhandenen Laserschutzbrille angegeben werden. Idealerweise geschieht dies in einer – bereits lang überfälligen – Neuauflage der EN ISO 11553. Damit und mit einem Sicherheitskapitel in der Betriebsanleitung, in dem das Restrisiko und die notwendigen Maßnahmen beschrieben werden, könnten wesentliche Sicherheitslücken bei HIL geschlossen werden.

Marktüberwachung und die Hersteller:innen in die Pflicht zu nehmen reichen aber nicht aus, um für sichere HIL zu sorgen. Auch die Anwender:innen selbst müssen mit technisch-baulichen Schutzmaßnahmen in Form eines „Laserraumes“ und mit persönlichen Schutzmaßnahmen, insbesondere mit „Laserschutzbrillen“, für eine sichere Verwendung der HIL durch ihre Mitarbeiter:innen sorgen. Hierzu ist zuallererst die Fachkunde nach der Verordnung optische Strahlung (VOPST) gefragt. Weiters ist die Ausbildung von Laserschutzbeauftragten gemäß ÖNORM S 1100 notwendig, um diese Fachkunde zu vertiefen, denn beim Einsatz von HIL liegt die Sicherheit letztlich in den Händen der Anwender:innen.

Zusammenfassung

Handgeführte industrielle Laseranwendungen (HIL) erfreuen sich aktuell großer Beliebtheit, werden aber oft irreführend als Innovation gehypt. Oft wird außer Acht gelassen, dass die CE-Kennzeichnung nur eine Selbstdeklaration der Herstellenden ist, die aussagt, dass ihre Erzeugnisse den zutreffenden EU-Anforderungen entsprechen. Dies erleichtert den freien Warenverkehr, doch können dadurch auch gefährliche Erzeugnisse bzw. Arbeitsmittel in Betrieb genommen werden. Bei Lasern hat dies gravierende Auswirkungen, die im Fall eines kleinen Fehlers für immer blind machen können.


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