Radonexposition
Erste Erfahrungen mit der Umsetzung der Radonschutzverordnung
Mit der Radonschutzverordnung (RnV), in Kraft seit November 2020, wird erstmals die Exposition der Lunge durch das radioaktive Gas Radon geregelt und ein Referenzwert zur Vermeidung von hohen Radonexpositionen und somit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Lungenkrebs in die österreichische Gesetzgebung eingeführt.
Von der Verordnung betroffene Betriebe sind verpflichtet, eine Ermittlung der Aktivitätskonzentration am Arbeitsplatz durch eine hierfür ermächtigte Überwachungsstelle durchführen zu lassen. So manche verpflichtete Person oder Firma ist überrascht und hinterfragt die Regelung. Das liegt u. a. daran, dass man Radon nicht „spüren“ kann, also weder sehen noch riechen – und weh tut es auch nicht. Die Strahlung, die Radon bei seinem radioaktiven Zerfall abgibt, kann man genauso wenig wahrnehmen. Eines ist aber sicher: Sie ist vorhanden und mit Messgeräten nachweisbar. Wir atmen Radon mit der (Innenraum-)Luft ein. Demzufolge ist die Lunge das Zielorgan der Strahlung, die Erkrankung der Lungenkrebs.
Referenzwert statt Grenzwert
Der Referenzwert (nicht Grenzwert) für Radon ist in der RnV, wie auch in vielen anderen europäischen Ländern, mit 300 Bq/m³ (Becquerel pro Kubikmeter) festgelegt. Dabei entspricht ein Becquerel einem radioaktiven Zerfall pro Sekunde – vereinfacht ausgedrückt: ein „Klick“ bei einem Strahlenmessgerät in einer Sekunde. Becquerel pro Kubikmeter sind ein Maß für die Radonkonzentration in der Luft, da mehr Radon auch mehr Strahlung bedeutet. Es ist eine ortsbezogene Größe, gilt somit z. B. für einen Raum oder einen Arbeitsplatz.
Jeder Arbeitsplatz muss nach Möglichkeit diesen Referenzwert unterschreiten. Um dies zu erreichen, sind Messungen an Arbeitsplätzen nötig. Wird der Referenzwert überschritten, so ist vorrangig durch bauliche und technische Maßnahmen (Radoneintrittspfade schließen → Abdichten, Radon umleiten → Drainage, Radon fernhalten → Überdruck …) eine Senkung der Radonkonzentration an Arbeitsplätzen zu bewirken.
Wenn baulich und technisch alle vernünftigerweise anwendbaren Möglichkeiten ausgeschöpft sind und die Radonkonzentration am Arbeitsplatz immer noch zu hoch ist, so geht man zu einer personenbezogenen Dosisbetrachtung über, in die dann die Aufenthaltszeit der Person einfließt. Dies wird bei einigen Betrieben unumgänglich sein, ist aber nachrangig zu behandeln und auch mit regelmäßigem Aufwand verbunden. Demgegenüber ist die Messung, wenn der Referenzwert eingehalten wird, eine einmalige Angelegenheit, sofern keine wesentlichen Änderungen in der Radonsituation auftreten.
Was ist die Ursache für eine hohe Radonkonzentration?
Grundsätzlich bildet sich Radon in der Erde durch radioaktiven Zerfall. Da es im Gegensatz zu anderen Elementen in der Erde gasförmig vorliegt, beginnt es aus dem Erdreich auszugasen. Dies ist im Freien kein Problem, da es sich in der Luft rasch verdünnt. Allerdings hat es sich der Mensch in den letzten 10.000 Jahren zur Angewohnheit gemacht, in Innenräumen zu leben, und hier kann es unter bestimmten Bedingungen zu einer hohen Radonkonzentration kommen.
Ein weiterer Eintrittspfad, allerdings weniger häufig, ist das Wasser. Dazu muss das Radon sich im Erdreich in Wasser lösen, wird mit diesem mittransportiert und tritt dann bei Austritt aus der Leitung in die Raumluft über. Überall, wo Wasser Radon transportiert und aussprudelt, tritt dann in Folge eine hohe Radonkonzentration auf. Daher sind Wasserwerke und ähnliche Betriebe als eigene Kategorie im StrSchG 2020 gelistet (siehe Kasten).
Der Vollständigkeit halber sei hier auch noch ein dritter Eintrittspfad genannt, nämlich über Baumaterialien. Dies ist sicher der seltenere Fall. Baumaterialien unterliegen strahlentechnischen Bestimmungen und nur bestimmte, früher verwendete Baumaterialien strahlen überhaupt, so z. B. Schlackenziegel.
Unter welchen Bedingungen ist Radon zu erwarten?
Was sind also, um auf den hauptsächlichen Fall des Radoneintrags über die Erde zurückzukommen, die Bedingungen, unter denen viel oder wenig Radon zu erwarten ist? Nun, grundsätzlich muss zuerst einmal vermehrt Radon da sein. Eine Prognose dafür liefern die Radonschutzgebiete (siehe Abb. 1). Das bedeutet jedoch nicht, dass es außerhalb dieser Gebiete kein Radon gibt. Letztlich kommt es immer auf die direkten geologischen Gegebenheiten vor Ort an.
Das aus dem Erdreich austretende Radon trifft auf Gebäude und geht dabei den Weg des geringsten Widerstandes. Findet das Gas eine dichte Bodenplatte vor, so wird es um diese herum strömen und neben dem Gebäude ins Freie treten. Hat diese Bodenplatte aber Ritzen, Unterbrechungen, Störstellen, z. B. infolge einer nachträglichen Bohrung, oder steht das Gebäude auf einem Streifenfundament, so kann das Radon ins Gebäude eindringen. Handelt es sich dabei um ein oben gut abgedichtetes, z. B. thermisch saniertes Haus, so wirkt das wie ein Käfig für das Radon.
Kurz gesagt: Bei einem Gebäude ist „unten dicht und nach oben offen“ aus Sicht des Radonschutzes günstig. Umgekehrt, also „unten offen und oben dicht“, sorgt, falls Radon geologisch vorhanden ist, für hohe Radonkonzentrationen in Innenräumen, zumindest im Keller und Erdgeschoß.
Von der RnV verpflichtete Betriebe
Die größte Anzahl an Betrieben, die einer Messverpflichtung bzgl. Radon unterliegen, sind jene, die in Radonschutzgebieten liegen und Arbeitsplätze im Keller oder Erdgeschoß haben. Als Radonschutzgebiete sind insgesamt 104 Gemeinden in Österreich ausgewiesen (Anlage 1, RnV) – mit großflächig zusammenhängenden Gebieten wie dem östlichen Mühlviertel, dem westlichen Waldviertel, dem Ötztal und noch weiteren Gemeinden (siehe Abb. 1).
Dies ist sicherlich die größte Neuerung im Vergleich zur Gesetzgebung vor dem Jahr 2020. Darüber hinaus sind aber auch Betriebe bestimmter Kategorien in ganz Österreich zur Messung verpflichtet. Aufgrund der genannten möglichen Eintrittspfade unterliegen Arbeitsplätze in Anlagen, wo Radon aus dem Wasser in die Innenraumluft entweichen kann (z. B. Wasserwerke), untertägige Arbeitsbereiche (z. B. Bergwerke und Tunnel) sowie Schaubergwerke und naturgemäß Radon-Kuranstalten ebenso einer Messverpflichtung. Die genaue Definition dazu ist dem Kasten zu entnehmen.
Zu jeder dieser Kategorien und auch zu den Radonschutzgebieten gibt es jeweils Ausnahmen, die von der Messverpflichtung befreien. Die Ausnahmen betreffen Situationen, wo entweder aufgrund der Bauweise des Gebäudes eine niedrige Radonkonzentration vermutet werden kann oder aber aufgrund geringer Aufenthaltszeiten oder geringer Quellstärke eben auch eine geringe Radon-Exposition für das Personal zu erwarten ist.
Die zuständige Strahlenschutzbehörde (Amt der Landesregierung im jeweiligen Bundesland) verlangt eine elektronische Meldung der Messung bzw. die Angabe von Ausnahmegründen über das elektronische Datenmanagement (siehe Kasten). Alle betroffenen Firmen in Radonschutzgebieten sollten eine schriftliche Verständigung samt Link zur Anmeldung erhalten haben.
Messung der Radonkonzentration
Die Messung selbst ist bei einer vom BMK ermächtigten Überwachungsstelle (siehe Kasten) in Auftrag zu geben. In Radonschutzgebieten dauert diese Messung 6 Monate, wobei mindestens 3 Monate davon in das Winterhalbjahr fallen müssen. Das Winterhalbjahr ist festgelegt von 15. Oktober bis 15. April. Diese und weitere Messvorschriften sind in Anlage 3, RnV festgelegt. Abschnitt A behandelt die Messung in Radonschutzgebieten, Abschnitt B die Messung, wenn der Arbeitsplatz in eine bestimmte Betriebskategorie fällt.
Hingewiesen sei noch auf den Unterschied zwischen Radonschutzgebieten und Radonvorsorgegebieten. In Ersteren sind die Arbeitsplätze unmittelbar betroffen und es kommt zu einer Messverpflichtung, wenn nicht eine Ausnahme geltend gemacht werden kann. In Radonvorsorgegebieten sind Neu- und Zubauten betroffen, d. h., jedes neu errichtete Gebäude mit Aufenthaltsräumen muss so gebaut sein, dass von vornherein der Referenzwert eingehalten wird. Da dies in die Länderkompetenz fällt, wurden generell ähnlich lautende Bedingungen bereits in die jeweiligen Bauordnungen der Länder aufgenommen. Die Radonvorsorgegebiete sind in Abb. 1 grau dargestellt.
Erfahrungen in der Umsetzung der RnV
Die Messverpflichtung samt Meldung im EDM besteht unter Ausnutzung der Übergangsfrist für bestehende Betriebe ab dem 31. Juli 2022. Mittlerweile (Stand April 2023) ist das Radonmodul im EDM einsatzbereit und die betroffenen Firmen in den Radonschutzgebieten wurden angeschrieben. Der Brief enthielt einen Link zum EDM, der den Einstieg und vor allem die geforderte Eingabe einer GLN (global location number) erleichtert. Es kommen jetzt natürlich viele Messungen auf einmal auf die ermächtigten Überwachungsstellen zu. Da, wie erwähnt, der Messzeitraum für mindestens 3 Monate im Winterhalbjahr liegen muss, kann bei Erscheinen dieses Artikels frühestens wieder am 15. Juli mit durchgängigen 6-monatigen Messserien begonnen werden.
Wie unterstützt die AUVA die Betriebe?
Die AUVA ist nicht ermächtigt, Radonmessungen am Arbeitsplatz gemäß der RnV durchzuführen, jedoch kann sie mit speziellen Messgeräten bei besonderen Fragestellungen und bei Verdacht auf hohe Radonkonzentrationen tätig werden. Da die Messung, im Gegensatz zu den in der Masse vorgesehenen integrierenden Radon-Dosimetern, zeitauflösend erfolgt, können so gleich gezielt Maßnahmen vorgeschlagen werden, wie z. B. die Optimierung von Schaltzeitpunkten bei Lüftungen, die Wirksamkeitskontrolle von Radonschutzmaßnahmen oder etwa das Aufspüren der Quelle des Radons an Arbeitsplätzen. Das Messangebot der AUVA unterstützt daher vor allem Betriebe, die mit hohen Radonkonzentrationen am Arbeitsplatz zu kämpfen haben.
DI Dr. Emmerich Kitz
Fachbereich Physik, AUVA-Hauptstelle
emmerich.kitz@auva.at
Zusammenfassung | Summary | Résumé
Arbeitsplätze mit permanent zu hoher Radonkonzentration in der Luft müssen erkannt (Messung) und saniert (bauliche oder technische Maßnahmen) werden. Betroffen sind Arbeitsplätze in Radonschutzgebieten und spezielle radonbelastete Arbeitsplätze. Eine Meldung im EDM schließt den Vorgang ab und sorgt für dauerhaft gering radonexponierte Arbeitsplätze.
Workplaces with a radon concentration in the air that is permanently too high need to be identified through measurement and renovated with structural or technical measures. This applies, first and foremost, to workplaces in radon protection areas and designated “radon workplaces.” A report in the Electronic Data Management (EDM) of the Austrian Environment Agency completes the process and makes sure the radon concentration at the workplace remains low in the long run.
Les postes de travail dont l’air est constamment exposé à des concentrations trop élevées en radon doivent être identifiés par des mesures et assainis par des interventions techniques et structurelles. Cela concerne les postes de travail situés dans les zones protégées contre le radon ainsi que les postes de travail « spéciaux » exposés au radon. Une déclaration effectuée dans le système de gestion électronique des données de l’Agence fédérale pour l’environnement vient conclure le processus et garantit durablement une faible exposition au radion.