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Mixed Reality

Richtigheben in der Mixed Reality

Ein Ergonomie-Trainingsprogramm mit Mixed-Reality-Unterstützung hilft Nutzern:Nutzerinnen dabei, Lasten richtig heben zu lernen und damit Gesundheitsschäden zu vorzubeugen. Die Simulation ist für den Einsatz in Industriebetrieben vorgesehen. Externe sensorische Messungen ermöglichen detaillierte Analysen der Tätigkeiten und Bewegungen.

Im Rahmen eines kollektiven Forschungsprojekts hat die FH St. Pölten in Zusammenarbeit mit der AUVA ein Ergonomie-Trainingsprogramm zur manuellen Lastenhandhabung in Mixed Reality umgesetzt. In dem Forschungsprojekt namens IMPACT-sXR arbeiten, neben AUVA und FH St. Pölten, auch die FH Oberösterreich, die FH Joanneum und die TU Wien mit zwanzig österreichischen Industrieunternehmen zusammen. Die Firmen, entweder Unternehmen der produzierenden Industrie oder mit starkem Industriebezug, entwickeln und evaluieren gemeinsam mit den Forschungsinstitutionen die Potenziale verschiedener Extended-Reality(XR)-Technologien (VR – Virtual Reality, AR – Augmented Reality, MR – Mixed Reality) in unterschiedlichen Bereichen. Mögliche Einsatzgebiete sind – wie im Falle der AUVA – Simulationen von Schulungs- und Trainingsszenarien, aber auch Onboarding-Prozesse, Assistenzsysteme für Produktion und Instandhaltung sowie Remote-Support-Anwendungen.

AUVA-Ergonomie-Expertise

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Das Ergonomie-Trainingsprogramm zur Lastenhandhabung in Mixed Reality setzte die FH St. Pölten gemeinsam mit dem AUVA-Ergonomie-Experten Mag. Norbert Lechner um. Dafür wurden Motion-Capture-Aufnahmen (Tracking-Verfahren zur Erfassung und Aufzeichnung von Bewegungen, sodass Computer diese wiedergeben können) mit einem sogenannten Motion-Capture-Anzug von einem Experten aus dem Department für Gesundheit der FH St. Pölten durchgeführt. Der Dozent aus dem Studiengang Physiotherapie hob dazu eine schwere Kiste an und stellte sie an verschiedenen Stellen ab, damit möglichst viele unterschiedliche Geometrien an Arbeitsaufgaben aufgezeichnet werden konnten. Diese Bewegungsaufzeichnungen wurden genutzt, um einen 3D-Avatar in der Mixed-Reality-Anwendung zu animieren. Für die Trainings-Applikation in IMPACT-sXR setzen Nutzer:innen eine Mixed-Reality-Brille auf, durch die sie zunächst die reale Welt sehen, wie sie sie auch ohne Brille sehen würden. Dann wird ihnen über die Brille der animierte Avatar, der die Kiste anhebt, in die reale Welt eingeblendet. Die Nutzer:innen müssen die Bewegungsanweisungen des Avatars möglichst genau nachahmen und üben so richtige Hebebewegungen bzw. sehen, welche Hebebewegungen ungünstig sind.

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Üben, beobachten, üben

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Die Simulation ist für den Einsatz in verschiedenen Industriebetrieben vorgesehen, in denen die Mitarbeiter:innen schwere Lasten (etwa Kisten) manuell heben und bewegen müssen. Die Übung wird zur Bewertung der ergonomischen Korrektheit jedoch unter Beobachtung und Anleitung des geschulten AUVA-Ergonomie-Experten abgehalten: Den Nutzern:Nutzerinnen wird zunächst erklärt, dass sie die Bewegungen des Avatars möglichst exakt beobachten und nachmachen sollen, um die Hebetätigkeiten ergonomisch optimal auszuführen. Dann setzen die Nutzer:innen die Mixed-Reality-Brille auf und die Anwendung startet. Der Avatar wird eingeblendet und beginnt mit den aufgezeichneten Hebebewegungen. Der AUVA-Experte kann als Operator von außen über ein externes Bedienfeld auf seinem Laptop in das Szenario eingreifen. So kann er verschiedene Variationen des Hebevorgangs aufrufen und anzeigen lassen – wie z. B. das Anheben der Kiste und das Absetzen in einer bestimmten Höhe (z. B. in einem Regal) oder das Anheben der Kiste und das Absetzen zur Seite. Der Operator kann dabei die Geschwindigkeit der angezeigten Hebeanimation anpassen, sodass die Nutzer:innen die richtige Abfolge Schritt für Schritt verfolgen können. 

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Die Nutzer:innen haben absolute Bewegungsfreiheit und können sich rund um den animierten Avatar bewegen, um diesen aus unterschiedlichen Perspektiven zu beobachten. Mittels spezieller Gestensteuerung können die Nutzer:innen den animierten Avatar durch bestimmte Handbewegungen auch drehen und bewegen. 

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Mithilfe externer sensorischer Messungen kann der AUVA-Experte die Hebebewegungen der Nutzer:innen aufzeichnen, analysieren und die Belastung einzelner Körperpartien errechnen. Damit sollen optimierte ergonomische Bewegungsprozesse nachhaltig antrainiert werden. Zur akustischen und visuellen Unterstützung der Benutzer:innen ist außerdem ein Anleitungssystem integriert. Das System gibt mittels Text-to-Speech auditive Anweisungen für jeden einzelnen Schritt. Diese sprachlichen Instruktionen werden durch dezente Texteinblendungen unterstützt, während die Nutzer:innen durch Beobachtung des Avatars die richtigen Hebetechniken beobachten, erlernen und üben können.

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Nachhaltige Trainingsszenarien

In vergangenen Projekten hat die FH St. Pölten gemeinsam mit der AUVA Virtual-Reality-basierte Ergonomie-Trainingsprogramme umgesetzt. Ein Projekt diente der Prävention von Sturz und Fall bei Arbeiten in der Höhe auf einem Gerüst. In der Simulation mussten die Nutzer:innen auf einem Gerüst über Hindernisse steigen und so ihre Koordination und ihr Gleichgewicht trainieren. Ein zweites Projekt hatte die Sensibilisierung der Nutzer:innen bezüglich der Einstellung der optimalen Arbeitshöhe und Greifräume bei der Bedienung von Handbohrmaschinen zum Ziel. In beiden Fällen können die Höhen durch den AUVA-Experten von außen stufenlos eingestellt werden. Dies ermöglicht Simulationen in einer Geschwindigkeit und mit einer Übungsqualität, wie sie in realen Umgebungen nicht möglich wären. So lässt sich die Arbeitshöhe des Gerüsts auf bis zu 10 m verändern und die Anpassung der Arbeitshöhe der Bohrmaschine erlaubt es, selbst sehr groß gewachsene Personen für Gesundheitsgefährdungen durch Armarbeit über Schulterniveau zu sensibilisieren. 

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Das aktuelle Trainingsprogramm zum Heben und Bewegen von Kisten ist neben der Mixed-Reality-Variante, die im Projekt IMPACT-sXR entstanden ist, auch als rein virtuelles Trainingsprogramm mit klassischer VR-Umgebung verfügbar. Das dazugehörige Projekt mit dem Namen VeRgonomiX, in welchem Virtual-Reality-Anwendungen für Trainings in der Ergonomie entwickelt wurden, ist abgeschlossen und die Anwendungen können von Betrieben bei der AUVA im Fachbereich Ergonomie (hub@auva.at) angefragt werden. In VeRgonomiX wird mit einer Tablet-basierten 3D-Scan-App eine zu hebende Kiste gescannt, die dann unmittelbar in der Virtual-Reality-Umgebung erscheint. An der realen Kiste werden sogenannte Vive-Tracker angebracht. Dabei handelt es sich um Sensoren, die auf physischen Objekten oder Körperstellen befestigt werden können, um diese auch in die simulierte Realität zu integrieren. Damit wird die Kiste auch in der VR für die User:innen sichtbar. Zudem spielt der Operator nach oder vor den Hebeaufgaben einen lebensgroßen Avatar in die VR ein und kann somit visuelles und auch auditives Feedback geben. 

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Um zu untersuchen, ob Nutzer:innen mehr von einem komplett virtuellen Trainingsprogramm (Anwendung in der Virtual Reality und Einsatz einer VR-Brille) oder einem Mixed-Reality-Programm (Einsatz einer AR-Brille bzw. Hololens) profitieren, plant die AUVA zusammen mit der FH St. Pölten eine Studie.

VR-Training für Arbeiten in Höhe

Im Projekt IMPACT-sXR sind neben der AUVA namhafte Unternehmen etwa aus der Bauindustrie, dem Transportwesen und vielen anderen Branchen vertreten. Neben den eigentlichen Use-Cases einzelner Firmen ist das Projekt also auch eine ideale Plattform für die Vernetzung und den Erfahrungsaustausch. So setzt eines der eingebundenen Unternehmen etwa auf eine Trainingssimulation zur Aufklärung über Arbeitssicherheit und zur Übung verschiedener Arbeitstätigkeiten in erhöhten Umgebungen. Dies brachte wiederum der AUVA neue Inputs und Anknüpfungspunkte für künftige VR-Simulationen. 

Das angesprochene Szenario ist speziell für Mitarbeiter:innen in der Industrie gedacht, die an höher gelegenen Anlagen arbeiten. Dabei sind 60 Meter Höhe oder mehr durchaus keine Seltenheit. Dass gerade hier besonders auf Arbeitssicherheit geachtet werden muss, steht außer Frage. Wichtig ist es aber auch, Mitarbeiter:innen, die unter solchen Bedingungen arbeiten müssen, entsprechend zu schulen und zu unterweisen – sowohl hinsichtlich sämtlicher Sicherheitsmaßnahmen, die berücksichtigt werden müssen, als auch bezüglich möglicher Folgen, wenn diese Maßnahmen nicht oder nur ungenügend eingehalten werden. Mögliche Konsequenzen bei einem Unfall, z. B. durch nicht ordnungsgemäß erfolgte Sicherung, könnten in virtuellen Szenarien anschaulich simuliert werden.

Eine Simulation in VR macht es möglich, dass Mitarbeiter:innen meist ohne großen Vorbereitungsaufwand und oft sogar ortsungebunden das notwendige Wissen interaktiv erlernen und auch immer wieder auffrischen können – eine optimale Ergänzung zu herkömmlichen Lernunterlagen bzw. Trainings in der Realität. Arbeitsvorgänge mit der vorgeschriebenen Schutzausrüstung können in unterschiedlichen virtuellen Situationen trainiert werden. Informationen nicht nur zur Handhabung, sondern auch zur Pflege, Lagerung und Wartung der Ausrüstung können abgerufen werden.

Mehrjährige Zusammenarbeit

Seit 2020 gab es mehrere Projekte der AUVA in Zusammenarbeit mit der FH St. Pölten, in denen an den Potenzialen von Virtual- oder Mixed-Reality-Technologien zur Simulation von Trainingsszenarien geforscht wurde. Das Ziel ist es, Unternehmen flexiblere, dynamischere und besser auswertbare Übungen für die ergonomische Optimierung von Arbeitsprozessen anzubieten, denen manuelle Tätigkeiten zugrunde liegen und die oftmals mit erheblichen körperlichen Anstrengungen verbunden sind. Ein besonderer Benefit des Projektes IMPACT-sXR ist die Möglichkeit zum direkten Austausch zwischen der AUVA und den Unternehmen als eigentliche Endanwender:innen über den Einsatz von Extended Reality (XR) in der Arbeitswelt.

Gerade im Projekt IMPACT-sXR zeigen sich auch Anwendungsbereiche für klassische Trainings im Bereich Arbeitssicherheit mittels Virtual und Mixed Reality. Diese Technologien können für Unternehmen vollkommen neue Chancen eröffnen – gerade, wenn es um das Üben von Vorgängen geht. Neben der Flexibilität, Dynamik und Auswertbarkeit ist vor allem der Faktor der Wiederholbarkeit ein großer Vorteil: Trainings mittels XR-Headsets können nach einer begleitenden Einführung meist rasch, oftmals sogar ortsunabhängig, durchgeführt werden. Die begleitende Einführung durch die AUVA umfasst eine Analyse von Arbeitsvorgängen, die Erarbeitung von Konzepten und ergonomischen Optimierungsmöglichkeiten sowie ein Vertrautmachen mit dem XR-Trainingsszenario. Dies ist essenziell für den Trainingserfolg. Danach können die Mitarbeiter:innen zwischen einzelnen Beratungs- und Analyseterminen der AUVA die optimierten Vorgänge auf niederschwellige Weise mittels XR-Simulationen üben.

Das Projekt IMPACT-sXR läuft noch bis Ende 2023. Künftige Projekte von AUVA und FH St. Pölten zu den Möglichkeiten von Extended Reality sind bereits in Planung.

 

Zusammenfassung

Die Projekte IMPACT-sXR und VeRgonomiX von AUVA und FH St. Pölten zeigen, wie man Virtual und Mixed Reality zu Beratung und Training im Arbeitnehmer:innenschutz nutzen kann. Die in den Projekten für den AUVA-Fachbereich Ergonomie entwickelten Tools machen es möglich, richtiges Heben von Lasten mithilfe von digitalen Technologien zu trainieren. 

 

 


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