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Muskel-Skelett-Erkrankungen

Packen wir’s weiter an!

Die Vorbeugung von arbeitsbedingten Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) stand eineinhalb Jahre im Mittelpunkt der AUVA-Aktivitäten. Im Oktober 2022 ging der AUVA-Präventionsschwerpunkt „Packen wir’s an!“ zu Ende. Was hat sich getan und wie geht es weiter?

Zwei Arbeiter mit Helm tragen lächelnd Pakete
© Adobe Stock

MSE sind Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates (z. B. von Wirbelsäule und Gelenken, Muskeln, Sehnen, Bändern). Sie sind neben Atemwegserkrankungen die häufigste Ursache für Krankenstände in Österreich: Mehr als ein Fünftel (21,9 %) der jährlichen Krankenstandstage sind durch MSE verursacht. Dieser hohe Anteil ist in den letzten Jahrzehnten weitgehend stabil geblieben und hängt nicht zuletzt mit der langen Fehlzeitendauer pro MSE-Fall von durchschnittlich über 2 Wochen (15,3 Tage) zusammen. Zwar sind die Anteile von Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems und Bindegewebes an allen Krankenstandstagen bei Männern und Frauen in etwa gleich hoch, Männer erkranken aber um ein Viertel häufiger an MSE, während Frauen eine rund drei Tage längere Krankenstandsdauer aufweisen. Auch das Alter spielt eine wesentliche Rolle im MSE-Geschehen: Der Anteil von Fehlzeiten durch MSE und Bindegewebserkrankungen nimmt im Vergleich zu anderen Diagnosegruppen mit zunehmendem Alter stark zu. Daten aus Oberösterreich zeigen eine deutliche Steigerung ausgehend von 10 % aller Krankenstandstage durch MSE bei den jungen Arbeitskräften auf rund ein Drittel in der Gruppe der 50- bis 64-Jährigen.1

Kosten für Betroffene, Wirtschaft und Gesellschaft

Wirksame Prävention von MSE leistet daher einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der langfristigen Arbeitsfähigkeit. Hier lohnt es sich, den Hebel direkt bei der beruflichen Tätigkeit anzusetzen, denn etwa 40 bis 50 Prozent aller MSE sind mit der Erwerbsarbeit assoziiert. Damit verbunden sind nicht nur individuelle Leidenswege der Betroffenen, es erwachsen daraus auch hohe wirtschaftliche und gesellschaftliche Kosten. Diese können basierend auf WIFO-Daten2 auf rund 1,6 Mrd. Euro pro Jahr geschätzt werden. Das sind 16 % der jährlichen Kosten des arbeitsbedingten Krankheits- und Unfallgeschehens insgesamt. 

Präventionsschwerpunkt „Packen wir’s an!“

Die gute Nachricht ist: Muskel-Skelett-Erkrankungen sind vermeidbar! Um Unternehmen bei diesem Ansinnen zu unterstützen, rief die AUVA im Frühjahr 2021 den Präventionsschwerpunkt „Packen wir’s an!“ ins Leben.  Damit knüpfte die AUVA an die Europäische Kampagne „Gesunde Arbeitsplätze – Entlasten Dich!“ an. Ziel war die Vorbeugung von arbeitsbedingten MSE sowie von Arbeitsunfällen in Zusammenhang mit physischen Belastungen. Fachkräfte der AUVA entwickelten und aktualisierten zahlreiche einschlägige Informationen und setzten Beratungs- und Trainingsangebote in Betrieben um. Der Fokus lag auf der Vermittlung von Wissen zur MSE-Prävention, auf der Etablierung von ergonomisch und arbeitsorganisatorisch gut gestalteten Arbeitsbedingungen sowie auf der Förderung von gesunden Arbeitsroutinen. Am 20. Oktober 2022 fand der feierliche Abschluss des Schwerpunktes gemeinsam mit der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) in Wien statt. Aktive Unterstützung gab es von Arbeits- und Wirtschaftsminister Prof. Martin Kocher und von Dr.in Irene Tambornino, stellvertretende ärztliche Direktorin der AUVA. Die Veranstaltung machte deutlich, was alles auf den Weg gebracht wurde und welche Herausforderungen uns weiter begleiten werden.

Interaktive Angebote

Im Rahmen des Forums Prävention und von 12 Veranstaltungen für Betriebe und Fachleute der Prävention vermittelte die AUVA grundlegendes Wissen und praktische Lösungsmöglichkeiten zur Vorbeugung von MSE. Die Themenpalette reichte von Arbeitsplatzgestaltung, Pflege und Lastenhandhabung über Vibrationen bis hin zu Arbeit im Homeoffice und digitalen Innovationen in der Ergonomie. Damit konnten insgesamt mehr als 1.600 Personen aus österreichischen Unternehmen und Organisationen erreicht werden. Ein Highlight war der Austrian Health Day, der digitale Gesundheitstag für alle Unternehmen Österreichs, den die AUVA aktiv unterstützte. Rund 12.000 Arbeitnehmern:Arbeitnehmerinnen aus fast 390 Unternehmen wurden in diesem Rahmen Grundlagen der MSE-Prävention vermittelt. 

Diagramm zeigt die Daten zu den Krankenstandstagen nach Krankenstandsgruppen. Details dazu im Text

Die im Kampagnenzeitraum vergünstigten AUVA-Seminare, Webinare und Workshops erreichten rund 1.200 Personen, insbesondere Fachleute der Prävention, Führungskräfte und Arbeitnehmer:innen. Sie dienten der Vertiefung des allgemeinen Wissens zur MSE-Prävention, griffen aber auch spezielle Themen auf. 

Die kostenlosen Beratungen gingen einen Schritt weiter: Die Fachberater:innen der AUVA knüpften an die jeweilige Situation in den Unternehmen an und konzipierten gemeinsam mit ihren betrieblichen Ansprechpersonen adäquate Lösungen. Im Rahmen der geförderten AUVA-Programme AUVAfit und baufit konnten Unternehmen darüber hinaus maßgeschneiderte Projekte zur MSE-Prävention umsetzen.

Diagramm zeigt die Daten zu den Folgekosten. Details dazu im Text

Mannigfaltige Informationsmedien begleiteten das interaktive AUVA-Angebot. Das Merkblatt M.plus 024 „Arbeitsbedingten Muskel-Skelett-Erkrankungen vorbeugen“ wurde speziell für den Schwerpunkt entwickelt. 10 weitere Merkblätter sowie Erklärvideos, Poster und Apps behandeln unterschiedliche Aspekte der MSE-Prävention. Die AUVA-Magazine SICHERE ARBEIT und ALLE!ACHTUNG! berichteten regelmäßig über wichtige Themen rund um MSE. Die Sonderausgabe SICHERE ARBEIT 2/2021 widmete sich exklusiv der MSE-Prävention. Advertorials in Fachmedien adressierten Angehörige diverser Berufsgruppen mit branchenspezifischen Informationen. 

Weiterer Handlungsbedarf

Im Rahmen der von der AUVA beauftragten Evaluation des MSE-Schwerpunktes führte die prospect Unternehmensberatung GmbH qualitative Interviews mit AUVA-Betriebsberatern:-beraterinnen und betrieblichen Stakeholdern durch. Dabei betonten die Berater:innen, dass es vor allem bei der Konzeption und Umsetzung technischer Lösungen Luft nach oben gibt. Für die Lösungsfindung sind, kompetent angewendet, die neuen Leitmerkmalmethoden sowie digitale Tools (z. B. Captiv Motion) zur Arbeitsplatzanalyse, Gefährdungsbeurteilung oder für den Einsatz in Mitarbeiter:innen-Schulungen hilfreich. Der letzte Punkt scheint besonders wichtig, da Unternehmen immer wieder Hilfsmittel (z. B. Lifte und Rutschkissen) anschaffen, welche die Arbeitnehmer:innen aber nicht oder nur mangelhaft nutzen. In der Branche Hotellerie und Gastgewerbe machten die Berater:innen insbesondere beim Servicepersonal ergonomischen Verbesserungsbedarf aus.

Seitens der befragten Unternehmen stand der Wunsch nach Entlastung der Mitarbeiter:innen im Vordergrund, wobei auch hier die Interviewpartner:innen die Nutzung bereits vorhandener Hilfsmittel und Geräte als zentrales Verbesserungspotenzial nannten. Hier gelte es die Arbeitnehmer:innen besser aufzuklären und regelmäßig zu erinnern, damit die Hilfsmittel besser in die Arbeitsroutinen integriert werden. Weitere von betrieblichen Stakeholdern genannte Herausforderungen betreffen den zunehmenden Arbeitsdruck, das Heben von Lasten in ungünstigen Positionen, das Tragen, Heben und Ziehen schwerer Lasten, vermehrte repetitive Tätigkeiten aufgrund neuer, produktiverer Maschinen, enge Raumverhältnisse, die den Einsatz von Hilfsmitteln erschweren und – vor dem Hintergrund des demografischen Wandels – die Unterstützung insbesondere älterer Mitarbeiter:innen z. B. durch Exoskelette.

MSE-Prävention bleibt damit ein zentrales Thema für die Arbeitssicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer:innen. Unternehmen können auch über die Laufzeit des Schwerpunktes hinaus auf die Unterstützung der AUVA in Sachen MSE-Prävention zählen. Kostenlose Betriebsberatungen bleiben ebenso im Programm wie die vielfältigen Weiterbildungsangebote. Dabei kommen auch moderne digitale Tools wie sensorbasierte Video- und Bewegungsanalysen und Virtual-Reality-Anwendungen zum Einsatz. Die etablierten geförderten Präventionsprogramme AUVAfit und baufit sind weiterhin über die AUVA buchbar.

Dies alles und mehr finden Sie auf www.auva.at/mse.

MehrInformationen

… im AUVA MerkblattM.plus 024 – Arbeitsbedingten Muskel-Skelett-Erkrankungen vorbeugen

Zum Download auf auva.at

Quellen

[1] Vgl. Mayrhuber, Christine & Benjamin Bittschi (2022): Fehlzeitenreport 2022. Krankheits- und unfallbedingte Fehlzeiten in Österreich, abrufbar unter: https://www.sozialversicherung.at/fehlzeitenreport (zuletzt abgerufen am 05.01.2023).

[2] Vgl. Leoni, Thomas, Brunner, Anna & Christine Mayrhuber (2020): Die Kosten arbeitsbedingter Unfälle und  Erkrankungen in Österreich, abrufbar unter: https://www.wifo.ac.at/news/die_kosten_arbeitsbedingter_unfaelle_und_erkrankungen (zuletzt abgerufen am 05.01.2023).

Zusammenfassung

In den Jahren 2021 und 2022 legte die AUVA-Prävention ihren Fokus auf die Vorbeugung von Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE). Das Resümee zeigt, was dabei alles umgesetzt wurde, wie viele Unternehmen mit den Angeboten erreicht werden konnten, und dass die MSE-Prävention weiterhin ein zentrales Thema für die Arbeitssicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer:innen bleibt. 


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