AUVA-Gütesiegel
„Die Grenzen sind dort, wo die Vorstellungskraft endet“
Für all jene Unternehmen, die kürzlich erstmals mit dem neuen AUVA-Gütesiegel „sicher und gesund arbeiten“ ausgezeichnet wurden, scheint es keine Grenzen zu geben: Sie wachsen mit ihrem Engagement im Bereich Sicherheit und Gesundheit am Arbeits-platz weit über das hinaus, was sich viele andere oft nicht einmal vorstellen können.
Die Eröffnung der Gütesiegelverleihung hat ein besonderer Gast bestritten: der Extremsportler und Ultraradfahrer Christoph Strasser. Er hat sechsmal das Race Across America (RAAM) gewonnen, einen Radmarathon von der Westküste der USA bis zur Ostküste. Die Strecke von rund 5.000 km lang und muss innerhalb von 12 Tagen absolviert werden. Große Herausforderungen für Strasser und sein Team: „Mich haben Menschen, die Außergewöhnliches machen, große Träume haben und diese auch konsequent umsetzen, schon immer fasziniert“, sagt der Sportler.
Schritt für Schritt zum Erfolg
Auch seine eigene Philosophie folgt diesem Credo, doch Strasser weiß: „Wenn ich mir zu viel vornehme, kann das mental auch zu einer Hürde werden, weil der Druck steigt und das Ergebnis unerreichbar erscheint. Daher setze ich mir Schritt für Schritt Ziele, die mich fordern, aber nicht überfordern.“
Nicht nur das Erfolgsgeheimnis können sich Betriebe von dem Radfahrer abschauen. Sein erstes Radrennen hat er im Alter von 20 Jahren bestritten. Ein Viererteam stand am Start, doch zwei davon sprangen ab – für Strasser kein Grund, aufzugeben. Damit war der Beginn seiner Leidenschaft besiegelt. „Schon bald hatte ich den Traum, beim Race Across America dabei zu sein“, erinnert er sich und startete mit dem Training, dem Ausbau seiner Ausrüstung, einem Team und Sponsoren. Im Jahr 2009 war es dann so weit, doch der Traum zerplatzte rasch, als er aufgrund einer Lungenentzündung das Rennen abbrechen musste. „Nicht nur die Motivation war weg, ich habe auch viel Geld verloren“, erzählt der Sportler. Dennoch war es für ihn kein Thema aufzugeben. Er setzte ein Jahr aus und sammelte in der Zeit seine Trainingskilometer und das erforderliche Budget für einen neuerlichen Start mit der Arbeit als Fahrradkurier. Rückblickend weiß er: „Es war eine schmerzvolle Erfahrung, doch es hat mir auch gezeigt, wenn man etwas wirklich erreichen will, dann probiert man es trotz der Hürden, die einem begegnen.“
Teamgeist muss gelebt werden
Schmerzen beim Sitzen, geschwollene Knie, taube Finger, ein Sonnenbrand und noch 3.000 km zu fahren – eine Situation, die Strasser genau kennt, und er weiß: „Hier kann ich mich zu 100 Prozent auf mein Team verlassen. Ich muss meine Kraft und meine Motivation nur zum Fahren aufbringen, alles andere kann und muss ich delegieren.“ Auch wenn er allein radeln muss, so braucht es den Teamspirit und die Arbeit hinter den Kulissen. Abgeben und Loslassen sind ein wichtiges Erfolgsgeheimnis – ob Trainingspläne, Ernährungsprotokolle, die Fahrradmechanik oder medizinische Entscheidungen: „Alle im Team sind für mich gleich wichtig!“ Mit einem Sportarzt wird im Ernstfall auch im Team entschieden, ob weitergefahren wird oder ob das Rennen aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen werden muss. Eine Entscheidung, die nicht leichtfällt und immer von allen gemeinsam getragen wird. Sind es nur „Wehwehchen“, gibt es einen Plan B: „Man kann zum Beispiel langsamer fahren oder eine Pause machen oder von den Teamkollegen top-motiviert werden. Selten erreicht man wirklich seine körperliche Grenze. Viel eher stößt man vorher schon auf die mentalen Hürden, daher gilt es hier, auch im Vorfeld ausreichend zu trainieren“, weiß Strasser.
Nicht jeder muss Ultraradfahrer werden, doch vieles aus der Erfahrung von Christoph Strasser lässt sich auf den betrieblichen Alltag übertragen
Training für Körper, Geist und Seele
Was in diesem Zusammenhang besonders hilft: das Ziel, den Erfolg und die Ergebnisse zu visualisieren und an der eigenen Vorstellungskraft zu arbeiten. Je mehr positive Aspekte das Ziel hat, umso eher wird man dranbleiben. Daher ist Strasser auch überzeugt: „Wenn sich der Geist etwas vorstellen kann und das Herz daran glaubt, dann schaffe ich das. Dazu gehört, dass ich etwas richtig gern mache, dann wird es auch richtig gut.“
Kein Wunder also, dass ihm jede Trainingseinheit Spaß macht und er sich an seinem „Arbeitsplatz Fahrrad“ wohlfühlt. Wichtig ist für ihn auch, dass nicht nur er allein an den Erfolg glaubt, sondern alle Menschen, die ihn dorthin begleiten, dasselbe Ziel im Auge haben. Das tägliche Training ist die Basis für den Erfolg, das braucht ein hohes Maß an Fokussierung. Und es gibt auch keine Ausreden oder Abkürzungen, selbst wenn es manchmal anstrengend ist“, resümiert der Extremsportler. Entsprechend getaktet ist der Trainingsalltag: Für ein RAAM wird pro Woche 25 bis 35 Stunden trainiert, ein Ruhetag muss eingehalten werden, denn die Zeit zur Regeneration ist wichtig, um Übertraining und Burnout vorzubeugen.
Erfolg ist ein schlechter Lehrer
Wenn sich die Erfolge über längere Zeit scheinbar von selbst einstellen, so weiß der Sportler, dass man nicht nachlässig werden darf: „Ich habe gelernt, dass man auch in guten Zeiten immer an Konzepten und Zielen weiterarbeiten muss. Nach zwei Jahren mit Streckenrekorden beim RAAM bin ich neuerlich ausgeschieden. Grund genug, uns noch einmal besser vorzubereiten und gleichzeitig Demut und Respekt zu lernen.“ Unfälle und eine Schulteroperation zwangen zu Pausen und führten dazu, dass sich Strasser bewusst mit dem Thema „Angst“ auseinandergesetzt hat – und der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: 2017, 2018 und 2019 ging er neuerlich als Sieger aus dem RAAM hervor. 2020 nutzte er die Corona-Pause, um über 100 Folgen seines Podcasts „Sitzfleisch“ aufzunehmen und schließlich erreichte er ein neues Ziel: Er fuhr 1.000 km in 24 Stunden.
„Nicht jeder muss Ultraradfahrer werden, doch vieles aus der Erfahrung von Christoph Strasser lässt sich auf den betrieblichen Alltag übertragen“, sind sich AUVA-Generaldirektor-Stellvertreter Mag. Jan Pazourek und der Leiter der Sicherheitstechnischen Prüfstelle DI Klaus Wittig einig. Denn das konsequente Arbeiten an Zielen, der Teamgeist und das Extraplus, wenn es um die Vorstellungskraft von Erreichbarem geht, zeichnet jene Betriebe aus, die sich um das AUVA-Gütesiegel „sicher & gesund arbeiten“ beworben haben. „Die Auszeichnung ist für Unternehmen aller Branchen und Größen gedacht, die bereits ein hohes Niveau auf dem Gebiet des Arbeitnehmer:innenschutzes erreicht haben und dieses sichtbar machen möchten“, erklärt Pazourek.
Auszeichnung für besonders hohen Arbeitnehmer:innenschutz
Das AUVA-Gütesiegel kann für jeweils drei Jahre beantragt werden und zeigt, dass sich Betriebe weit über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus engagieren. „So tragen sie nachweislich zur Prävention von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie zur Erhöhung der Attraktivität als Arbeitgeber bei. Wir wollen damit jene Unternehmen vor den Vorhang holen, die ihren Mitarbeitenden einen besonders sicheren und gesunden Arbeitsplatz bieten“, sagt Wittig. Durch die Verleihung des AUVA-Gütesiegels können Unternehmen ihre Maßnahmen und hohen Standards in den Bereichen Arbeitssicherheit und -gesundheit aufzeigen und ihre Positionierung als sicherer und gesunder Arbeitgeber stärken. Zudem trägt die Auszeichnung zur Bewusstseinsbildung innerhalb des Unternehmens bei, wodurch Mitarbeiter:innen sicherheits- und gesundheitsrelevante Aspekte im Betriebsalltag besser einschätzen und Maßnahmen optimal umsetzen können. „Das erhöht den Arbeitnehmer:innenschutz im ganzen Betrieb und bringt auch beim Recruiting neuer Mitarbeitender einen großen Vorteil mit sich“, ist Pazourek überzeugt.
Nicht nur Unternehmen, sondern auch Vereine und andere Organisationen haben die Möglichkeit, sich um das Gütesiegel zu bewerben. Die Basis für die Erlangung des AUVA-Gütesiegels stellt die Bestandsaufnahme des Unternehmens dar. Die nachfolgende Begutachtung durch die AUVA ermittelt die zielgerichtete und strukturierte Organisation und Umsetzung des Unternehmens im Bereich Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. In Kombination mit dem organisatorischen Grundkonzept ergibt sich so ein Gesamtbild, wie gut die Umsetzung bereits erfolgt ist. Die AUVA-Beratung zur Vorbereitung auf das Gütesiegel ist kostenlos. Für die Begutachtung fallen einmalig Kosten von 250 € pro Arbeitsstätte an.
Das AUVA-Gütesiegel auf einen Blick
Das AUVA-Gütesiegel ist eine Auszeichnung für Unternehmen, die besonderes Engagement im Bereich Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz zeigen. Es bestätigt, dass sichere und gesunde Arbeitsbedingungen im Unternehmen nachweislich umgesetzt sind. Das sind Faktoren, die die Attraktivität von Arbeitsplätzen und Arbeitgebern:Arbeitgeberinnen wesentlich mitbestimmen.
Dabei werden jene Kriterien und Abläufe im Unternehmen unter die Lupe genommen, die eine wesentliche Rolle für die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz einnehmen. Folgende Module werden umfasst:
- Interne und externe Kommunikation
- Rechtskonformität
- Verantwortliche Personen im Unternehmen
- Arbeitsplatzevaluierung/Gefährdungsbeurteilung
- Qualifikation und Unterweisung
- Prüfpflichten
- Reparatur und Wartung
- Beschaffung
- Koordination von Externen
- Überlassene Arbeitskräfte
- Besonders zu berücksichtigende Personengruppen
- Umgang mit kritischen Ereignissen
- Untersuchungen
Nähere Information und Kontakt: www.auva.at/guetesiegel
Folgende Betriebe wurden ausgezeichnet:
Bildungswerkstatt WALDKulturLANDSCHAFT e.V., Pinkafeld | Borealis Agrolinz Melamine GmbH, Linz | Doka Österreich GmbH, Amstetten | Elektrizitätswerk der Stadtgemeinde Kindberg | Essity Austria GmbH, Pernitz | Grasl Pneumatic-Mechanik GmbH, Reidling | Hexcel Composites GmbH & Co KG, Neumarkt | IBG – Innovatives Betriebliches Gesundheitsmanagement GmbH, Wien | Josko, Kopfing | Konica Minolta Business Solutions Austria GmbH, Wien | LWM Austria GmbH, Hollabrunn | Mondi Frantschach GmbH, St. Gertraud | RUCH Consulting Sicherheitstechnisches Büro e.U., Bruck an der Mur | Soziale Dienste der Adventmission, Wien | voestalpine BÖHLER Aerospace GmbH & Co KG, Kapfenberg | voestalpine Böhler Edelstahl GmbH & Co KG, Kapfenberg
Zusammenfassung
Im November 2022 wurden die ersten AUVA-Gütesiegel „sicher und gesund arbeiten“ übergeben. Den Rahmen der Veranstaltung bildete der Keynote-Vortrag von Ultraradfahrer Christoph Strasser. Er berichtete vom konsequenten Arbeiten an Zielen, Teamgeist und Visionen, die die Basis für seinen Erfolg bilden – analog zu jenen Betrieben, die sich weit über das gesetzliche Muss hinaus im Bereich Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz engagieren.