Bauwesen
Gefährliche Stäube in der Bauwirtschaft
Bauen an sich ist eine wunderbare Tätigkeit. Die Bauschaffenden erstellen mit den eigenen Händen Bauwerke, die auch nach Jahrzehnten noch vorhanden sind. Doch wo viel Licht ist, ist leider auch Schatten. Eine der Schattenseiten des Bauens ist ohne Frage die oft hohe Staubbelastung bei vielen Tätigkeiten. Aber Staub ist nicht nur lästig, sondern auch gesundheitsschädlich. Ein Blick nach Deutschland zeigt, wie die Staubbelastung auf der Baustelle minimiert werden kann.
Zu den gefährlichen Stäuben beim Bauen zählen verschiedene Staubarten. Dabei liegt Baustaub meist als Baustellenmischstaub vor. Dieser Mischstaub enthält unterschiedliche Bestandteile der verschiedenen Staubarten. Im Vordergrund stehen zunächst die Anteile an mineralischem Staub. Fast immer mit dabei ist Quarzstaub. In besonderen Situationen treffen wir aber zudem auf Faserstäube aus asbesthaltigen Materialien oder aus Mineralwolle-Dämmstoffen. Daneben können Anteile von Holzstaub im Baustellenmischstaub enthalten sein. So verschieden die Herkunft und Eigenschaften der unterschiedlichen Staubarten sind, eines haben sie alle gemeinsam: Jeder für sich ist gesundheitsschädlich bis krebserzeugend beim Einatmen.
Eigenschaften von Staub
Mit jedem Atemzug atmen wir rund 600 Milliliter Luft ein. Im Laufe einer Schicht summiert sich das auf etwa 4.000 Liter = 4 m³ Atemluft. Je nach Belastung und Schwere der Tätigkeit kann dies natürlich auch mehr sein. Aber mit jedem unserer Atemzüge atmen wir auch all die Bestandteile ein, die als luftgetragene Stäube in der Atemluft enthalten sind. Anders als den Luftfilter unseres Fahrzeugs können wir jedoch unsere Lunge nicht einfach im Rahmen der Inspektion austauschen. Einmal eingeatmet, verbleiben gerade die kleinsten Partikel oft für lange Zeit in den tieferen Bereichen der Lunge.
Zunächst ist Staub eine Sammelbezeichnung für luftgetragene Partikel. Je nach dem aerodynamischen Durchmesser der Partikel werden im Arbeits- und Gesundheitsschutz zwei wesentliche Staubfraktionen unterschieden: Die Fraktion des sogenannten E-Staubes (= einatembarer Staub) besitzt eine Partikelgröße kleiner 100 µm und kann daher grundsätzlich eingeatmet werden. E-Staub verbleibt üblicherweise in den oberen Atemwegen. Durch effektive Selbstreinigungsmechanismen der Atemwege kann E-Staub aus den Atemwegen abtransportiert und verschluckt oder ausgeschieden werden.
Die kleineren Anteile im Staub werden als A-Staub (= alveolengängiger Staub) bezeichnet. A-Staub kann anders als E-Staub aufgrund seiner Partikelgröße von kleiner 5 µm sehr tief in die feinsten Bereiche der Lunge, die Alveolen, vordringen und von dort nicht mehr entfernt werden. Siehe Grafik unten: „Eigenschaften von Stäuben“
Bei den Selbstreinigungsmechanismen unserer Atemwege nehmen die Flimmerhärchen eine besondere Rolle ein. Werden sie in ihrer Funktion z. B. als Folge des Rauchens nachhaltig geschädigt, wird ein sehr effektiver Reinigungsmechanismus des Körpers außer Kraft gesetzt. Eine der besten Schutzmaßnahmen vor der schädlichen Wirkung von Stäuben ist es daher, nicht zu rauchen.
Das Verhältnis von E-Staub zu A-Staub beträgt in Mischstäuben ungefähr 3 : 1. In der Regel ist also in staubiger Umgebung deutlich mehr einatembarer Staub (E-Staub) in der Atemluft vorhanden als A-Staub. Diese kleinen Partikel sind für das menschliche Auge nicht sichtbar. Die Partikel des A-Staubs bleiben aber, einmal aufgewirbelt, sehr lange in der Schwebe. So kann der für uns nicht sichtbare A-Staub mehrere Stunden in der Luft verbleiben und die Atemwege der Beschäftigten belasten – selbst dann, wenn gar keine staubende Tätigkeit ausgeführt wird.
Vor diesem Hintergrund ist leicht zu verstehen, warum das trockene Kehren gerade in Innenräumen zu einer großen Belastung führt. Ein Vergleich zeigt zudem, dass das Reinigen mit Industriesaugern oder Entstaubern deutlich effektiver und zudem schneller ist als das Trockenkehren. Daher sprechen sich Arbeitsschützer so deutlich gegen das trockene Kehren aus.
Mineralischer Staub
Baustaub ist in der Regel ein Mischstaub und entsteht durch unterschiedliche Tätigkeiten im Bauprozess. Stäube werden freigesetzt durch die Bearbeitung mineralischer Werkstoffe wie Beton, Mauerwerk, Fliesen oder Natursteine. Stäube werden aber auch aufgewirbelt beim Anmischen von pulverförmigen Baustoffen wie Zement, Trockenmörtel, Spachtelmassen oder Fliesenkleber.
Dass zu viel Staub in der Luft am Arbeitsplatz krank machen kann, ist keine neue Botschaft. Um die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen, existieren seit langer Zeit Grenzwerte für die Luft am Arbeitsplatz. Diese Grenzwerte sind so konzipiert, dass bei ihrer Einhaltung auch bei einer Belastung von 8 Stunden am Tag, 40 Stunden pro Woche über eine Lebensarbeitszeit von 35 Jahren die Beschäftigten fit und gesund ihr Rentenalter erreichen:
Grenzwerte am Arbeitsplatz
- 8 Stunden täglich
- 40 Stunden pro Woche
- 35 Berufsjahre
Wichtig: Grenzwerte nicht überschreiten
Die Grenzwerte für den Staub am Arbeitsplatz wurden in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich abgesenkt. In Deutschland liegt der Grenzwert für den A-Staub seit 2014 bei 1,25 mg/m³. Der Grenzwert für den E-Staub beträgt unverändert 10 mg/m³.
Die wichtigste Staubart für die Bauwirtschaft ist ohne Frage der Quarzstaub. Quarz ist als zweithäufigstes Element der oberen Erdkruste ubiquitär verbreitet, also nahezu überall vorhanden. Bei vielen Tätigkeiten beim Bauen sind Beschäftigte alveolengängigen Quarzstäuben ausgesetzt. Quarzstäube sind in Deutschland nach der TRGS 906 als krebserzeugend eingestuft. Seit 2015 gilt für Quarzstaub ein sehr niedriger Beurteilungsmaßstab von 0,05 mg/m³.
Willkommen in der Wirklichkeit 2022
Ungeachtet dieser Erkenntnisse und der zudem sehr niedrigen Grenzwerte ist staubarmes Arbeiten beim Bauen im Jahr 2022 immer noch eine Seltenheit. Häufig wird gebohrt, gesägt, gestemmt oder geschliffen, ohne dass die Bearbeitungsmaschinen wirksam abgesaugt werden. In der Branche besteht leider oft die Auffassung, dass Staub unabdingbar zum Bauen dazugehöre. So kommt es, dass vermeidbare Belastungen für die Gesundheit der Beschäftigten nicht als solche wahrgenommen werden. Maßnahmen zur Staubminimierung werden nicht ergriffen.
Doch Staub ist nicht nur lästig, sondern auch gesundheitsschädlich. Daher wurden die Regelungen zum Allgemeinen Staubgrenzwert (A- und E-Staub) wie auch für Quarzstaub in den letzten Jahren mehrfach deutlich verschärft. Die Einhaltung dieser Grenzwerte ohne wirksame technische und organisatorische Schutzmaßnahmen ist nach aktuellem Wissenstand nicht möglich.
Als ein Hilfsmittel für die Praxis, um die Höhe der Staubelastungen (Exposition) bei verschiedenen Tätigkeiten einzuschätzen, kann auf die Expositionsmatrix [1] der BG BAU zurückgegriffen werden. Anhand der Expositionsmatrix kann eine Bewertung der Tätigkeiten beim Bauen entsprechend ihrer Staubentwicklung erfolgen.
Schlechte Praxis sind Arbeitsweisen, bei denen die Expositionen mindestens einer Staubfraktion oberhalb der Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) bzw. des Beurteilungsmaßstabes liegen. Dabei wird von einem quarzhaltigen Material ausgegangen. In der Praxis handelt es sich um Tätigkeiten mit hoher Staubentwicklung ohne jegliche staubmindernde Schutzmaßnahme. Dies sind u. a. trockenes Kehren und Abblasen von Staub sowie Stemmen, Meißeln, trockenes Schneiden, trockenes Schleifen, trockenes Fräsen und Bohren über Kopf ohne Absaugung sowie Abschlagen von Putz und Fliesen ohne Luftreiniger.
Gute Praxis sind Arbeitsweisen, bei denen die Expositionen unterhalb der Arbeitsplatzgrenzwerte für A-Staub und E-Staub sowie des Beurteilungsmaßstabes für Quarzstaub liegen. In der Praxis setzt dies den Einsatz von staubarmen Verfahren, wie z. B. den Einsatz von staubbindenden Mitteln und Nassverfahren, voraus. Gute Praxis verlangt in der Regel eine Kombination von technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen. Diese „Basis“-Schutzmaßnahmen zur Staubminimierung sind: Bearbeitungsgeräte mit wirksamer Stauberfassung, Bau-Entstauber, Luftreiniger, Abschottungen bzw. Staubschutztüren und Befeuchtung.
Gute Praxis fördern
Um es deutlich zu sagen: Ohne den Einsatz wirksamer technischer Lösungen zur Staubminderung lassen sich die o. g. Grenzwerte nicht einhalten. Das Gute ist aber auch, dass es bereits heute für viele Tätigkeiten in der Bauwirtschaft technische Lösungen oder Verfahren gibt, mit deren Hilfe sich die Staubbelastungen wirksam vermindern lassen. Leider sind diese guten Praxislösungen viel zu wenig bekannt und werden bislang nur von wenigen Betrieben eingesetzt. Seit einigen Jahren fördert die BG BAU in Deutschland daher die Beschaffung staubmindernder Technologien auch finanziell im Rahmen von Arbeitsschutzprämien. Der Katalog der geförderten staubmindernden Technologien wird ständig erweitert.
Bei den üblichen auf Baustellen durchzuführenden Tätigkeiten wie Bohren, Schleifen, Stemmen kann durch eine Basisausrüstung die Staubfreisetzung ganz erheblich reduziert werden. Diese Basisausrüstung an Techniken zur Staubminderung besteht aus den folgenden vier Komponenten:
- Bearbeitungsgeräte mit wirksamer Stauberfassung
- Bau-Entstauber, mind. Staubklasse M
- Luftreiniger
- Abschottungen bzw. Staubschutztüren
Ohne eine derartige Basisausrüstung lässt sich keine wirksame Minderung der Belastung durch Staub beim Bauen erreichen.
Gemeinsam gegen den Staub beim Bauen
Alle Anstrengungen einzelner Unternehmen werden aber zunichte gemacht, wenn das Gewerk nebenan weiterarbeitet wie bisher und die gesamte Baustelle verstaubt. Daher müssen alle Akteure am Bau zusammenwirken. Vor diesem Hintergrund ist auch das Aktionsprogramm „Staubminimierung beim Bauen“ des Deutschen Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zu sehen. Ziel der Aktivitäten ist es, den Betrieben möglichst viel an Information und Handlungshilfen zu geben, sodass diese auch bei staubigen Tätigkeiten sicher arbeiten, die staubarmen Techniken kennen und fachkundig einsetzen können.
Das Bündnis „Staubminimierung beim Bauen“ ist richtungsweisend. Es demonstriert die Bereitschaft aller Partner des Aktionsprogramms, sich in dieser wichtigen Frage gemeinsam für Fortschritte in der Prävention einzusetzen und damit die Situation auf den Baustellen konkret und nachhaltig zu verbessern. Das Aktionsprogramm baut auf bereits bewährten Aktivitäten der beteiligten Institutionen auf. Durch die systematische Kooperation und Koordinierung in den vier Handlungsfeldern Kommunikation, Technik, Ermittlung der Staubexposition sowie Qualifikation soll die Wirksamkeit aller Einzelmaßnahmen gesteigert werden.
Staub war gestern
Fachkräfte sind derzeit rar und begehrt in allen Handwerksberufen. Die Bauwirtschaft in Deutschland ist aber hiervon besonders betroffen. Der Anteil der nicht besetzten Ausbildungsplätze ist im Baugewerbe deutlich höher als in anderen Branchen. Um diese Arbeitsplätze attraktiver zu machen, muss sich das Image des Bauberufes verbessern. Staubarme Arbeitsplätze würden das Image von Bauberufen erheblich verbessern und diese auch für junge Menschen deutlich attraktiver machen.
Mit dem Slogan „Staub war gestern“ will das Aktionsprogramm darauf hinweisen, dass echte Profis staubarm arbeiten, und die Unternehmen zu einem anderen Arbeiten und Imagewandel bewegen. Denn staubarmes Arbeiten ist machbar und wirksame moderne Technologien stehen dafür zur Verfügung.
Um die Unternehmen auf diese Möglichkeiten zur Staubvermeidung aufmerksam zu machen, wurden in Zusammenarbeit mit den Verbänden der Bauwirtschaft, Arbeitnehmervertretungen und der BG BAU zahlreiche Handlungshilfen und Branchenlösungen erarbeitet. Auf der Website staub-war-gestern.de werden diese gewerkespezifischen Handlungshilfen bereitgestellt.
Asbest beim Bauen im Bestand
Seit 2015 ist in Deutschland bekannt geworden, dass selbst in bislang unverdächtigen Baustoffe wie Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern Asbest enthalten sein kann. Seit Ende Oktober 1993 gilt in Deutschland ein nationales Asbestverbot. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass in allen Gebäuden, die vor diesem Datum errichtet wurden, Asbest in verschiedenen Baumaterialien enthalten sein kann. Mehr als 80 % der Wohngebäude in Deutschland wurden vor 1995 erbaut. Damit wird die große Dimension der Herausforderung Asbest beim Bauen im Bestand mehr als deutlich.
Mit den Erkenntnissen zu den „neuen“ Asbestfundstellen im Jahr 2015 hat in Deutschland das zuständige Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMAS) das Themenfeld Asbest aufgegriffen. Seit dieser Zeit laufen die Arbeiten an einer Modernisierung der Regelungen zu Asbest in der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV). Als Ergebnis des „nationalen Asbestdialogs“ wurden zwischenzeitlich die Eckpfeiler für die zukünftigen nationalen Regelungen zu Asbest beschrieben. Doch bislang liegt lediglich der Referentenentwurf der Verordnung vor.
Anders als den Luftfilter unseres Fahrzeugs können wir unsere Lunge nicht einfach im Rahmen der Inspektion austauschen
Derzeit ist unklar, wann die neuen rechtlichen Regelungen zu Asbest in Deutschland greifen werden. Um ihre Mitgliedsunternehmen und Versicherten über das Thema zu informieren und zu sensibilisieren, konnte 2021 als Meilenstein die Branchenlösung Asbest beim Bauen im Bestand mit zahlreichen Partnern verabschiedet werden.
Neben einer Beschreibung der aktuellen komplizierten Rechtslage enthält die Broschüre zur Branchenlösung einen Ausblick auf die bekannten Eckpfeiler der neuen Gefahrstoffverordnung und liefert wertvolle Handlungsempfehlungen für ausführende Unternehmen. Neben Checklisten zu den allgemeinen Maßnahmen bei Tätigkeiten mit asbesthaltigen Materialien wird das Kernstück der sich entwickelnden Branchenlösung eine Sammlung von Arbeitsblättern für ganz spezielle Tätigkeiten (z. B. Dosensenken) beim Bauen im Bestand sein. Diese Arbeitsblätter werden derzeit kontinuierlich unter Beteiligung von Praktikern aus den Verbänden weiterentwickelt.
Zukünftig muss zudem die Qualifikation der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit Asbest deutlich verbessert werden. Hierzu greift bereits heute die Technische Regel für Gefahrstoffe 519 „Asbest: Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten“ das Thema Qualifikation in der Anlage 10 auf und führt die „Grundkenntnisse zu Asbest“ ein. Die Grundkenntnisse zu Asbest bestehen aus insgesamt 10 Lehreinheiten. Diese 10 Lehreinheiten teilen sich auf in 5 Lehreinheiten (LE à 45 Min.) theoretische Kenntnisse sowie 5 LE mit praktischen Übungen. Im Rahmen des theoretischen Teils werden insbesondere Kenntnisse vermittelt, wo in Bestands-gebäuden mit Asbest zu rechnen ist und welche Voraussetzungen für Arbeiten an asbest-haltigen Produkten gelten. Die theoretischen Grundkenntnisse werden ergänzt durch 5 Lehreinheiten mit praktischen Übungen. In diesem Praxisteil wird der Umgang mit Entstaubern, die Anwendung persönlicher Schutzausrüstung oder auch z. B. die fachgerechte Reinigung des Arbeitsbereiches erläutert.
Um auf die neuen Anforderungen an die Betriebe gut vorbereitet zu sein, hat die BG BAU frühzeitig begonnen, ein E-Learning-Modul „Grundkenntnisse Asbest“ zu erarbeiten. Über diese E-Learning-Anwendung können die theoretischen Grundkenntnisse zu Asbest erworben und mit einem Zertifikat bestätigt werden.
Europäischer Green Deal – Renovierungswelle in Europa
Im Oktober 2020 hat die Europäische Kommission ihre Strategie für eine Renovierungswelle zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden veröffentlicht. Bis 2030 sollen in Europa 35 Millionen Gebäude renoviert und bis zu 160.000 zusätzliche grüne Arbeitsplätze im Baugewerbe geschaffen werden. In diesem Zusammenhang ist das Thema „Asbest beim Bauen im Bestand“ in den Fokus der Beratungen des Europäischen Parlaments gelangt. Die Anforderungen bei Tätigkeiten mit Asbest in Bestandsbauten werden sich voraussichtlich in naher Zukunft europaweit drastisch verschärfen.
Künstliche Mineralfasern – Mineralwolle-Dämmstoffe
Gerade in Hochzeiten der energetischen Ertüchtigung von Bestandsbauten zählen Dämmstoffe mit zu den bedeutendsten Baumaterialien. Seit langer Zeit dominieren hierbei Dämmstoffe aus Mineralwolle. Nach dem Desaster des Einsatzes der einstigen Wunderfaser Asbest sind Anfang der 90er-Jahre jedoch Dämmstoffe aus Glas- oder Steinwolle-Fasern in den Fokus des Arbeitsschutzes und Gesundheitsschutzes geraten.
Fasern aller Art sind dann in der Lage, in der Lunge Krebs zu erzeugen, wenn sie bestimmten Kriterien entsprechen. Eine besondere Rolle spielen hierbei Fasern, die eine Länge von mehr als 5 µm, einen Durchmesser von weniger als 3 µm und ein Länge-Durchmesser-Verhältnis von mehr als 3 : 1 haben, weil sie in die tieferen Atemwege vordringen können. Fasern dieser Geometrie werden auch als WHO-Fasern oder kritische lungengängige Fasern bezeichnet. Diese gelten als potenziell gesundheitsschädlich, wenn sie dazu noch biobeständig sind.
Daher hat die faserherstellende Industrie ab 1996 ihre Produktion umgestellt. Seit dieser Zeit werden Glas- und Steinwolle-Fasern hergestellt, die eine deutlich geringere Biobeständigkeit (Halbwertzeit < 40 Tage) in der Lunge besitzen als die Materialien zuvor. Mineralwolle-Dämmstoffe, die vor 1996 hergestellt und eingebaut wurden, werden heute als „alte“ Mineralwolle-Dämmstoffe bezeichnet und gelten als krebserzeugend. Bei Tätigkeiten an „alten“ Mineralwolle-Dämmstoffen sind daher wirksame Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Diese sind in der Technischen Regel zu Gefahrstoffen (TRGS) 521 „Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten mit alter Mineralwolle“ beschrieben. Die Handlungsanleitung der BG BAU „Umgang mit ‚alten‛ und neuen Mineralwolle-Dämmstoffen“ [2] beschreibt die Umsetzung der Regelungen in die Praxis.
Links:
Aktionsprogramm „Staub war gestern“
www.staub-war-gestern.de
Informationen zu den „staubbezogenen“ Arbeitsschutzprämien der BG BAU
www.bgbau.de/praev/arbeitsschutzpraemien/foerderkatalog#atemwege
Branchenlösung Asbest beim Bauen im Bestand
www.bgbau.de/themen/sicherheit-und-gesundheit/asbest
E-Learning-Modul „Grundkenntnisse Asbest“
https://lernportal.bgbau.de
[1] Expositionsmatrix der BG BAU
www.bgbau.de/service/angebote/medien-center-suche/medium/staub-matrix
[2] Umgang mit „alten“ und neuen Mineralwolle-Dämmstoffen
www.bgbau.de/fileadmin/Medien-Objekte/Medien/Bausteine/341/bau341.pdf
Zusammenfassung
Der Autor analysiert die grundsätzliche Gefahr, die von Stäuben in der Bauwirtschaft ausgeht. In der Folge skizziert er, welche Maßnahmen in Deutschland gegen Staub auf der Baustelle gesetzt werden.