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AUVATOP

Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen gemeinsam weiterentwickeln

Eine systemische Betrachtung von hinterlegten (oder historisch gewachsenen) Prozessen im Unternehmen kann sich nachhaltig auf Sicherheit und Gesundheit bei Bauarbeiten auswirken. Das von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt entwickelte System AUVAtop kann das geeignete Werkzeug für den organisatorischen Arbeitnehmer:innenschutz sein.

Man sieht eine Baustelle. Auf Gitterträgern liegen ein Schutzhelm, ein Maßstab und eine Schreibunterlage
Adobe Stock

Emsiges Treiben herrscht auf der Baustelle. Dort und da muss noch schnellstmöglich Frischbeton eingebaut werden. An anderer Stelle müssen Lieferungen entgegengenommen und gelagert werden. Und schlussendlich stehen an diversen neuen Einsatzorten Sicherheitsunterweisungen für neu angekommene Arbeitskräfte an. Mitten in dieser heißen Phase der Bauarbeiten ist es für Sicherheitsfachkräfte, Fachkundige und Führungskräfte oft eine Leichtes, sicherheitswidrige Betriebsmittel und auch gesundheitsgefährdende Arbeitssituationen festzustellen. Schuldige sind schnell gefunden. Eine Notiz wird gemacht, eine Anmerkung kommuniziert und die Arbeiten nehmen ihren gewohnten Lauf, bis der nächste „Fehler“ festgestellt wird.

Wie entstehen Fehler?

Nur zu oft sehen wir uns bei der Sicherheits- und Gesundheitsarbeit damit konfrontiert, dass wir eben Mängel und Fehler zur Kenntnis nehmen. Es darf nun an dieser Stelle die Frage gestellt werden: Warum nehmen wir diese Fehler nur zur Kenntnis? Wäre es nicht sinnvoller und durchaus hilfreicher – im Sinne der Prävention – das Augenmerk auf das Zustandekommen und nicht auf das Vorhandensein des Fehlers zu legen?

Hier, auf der organisatorischen Ebene des STOP-Prinzips, setzt der organisatorische Arbeitnehmer:innenschutz von AUVAtop an. Gezielt werden dadurch im Unternehmen sicherheits- und gesundheitsrelevante Prozesse durchleuchtet. Es geht weniger um den Einzelfall als vielmehr um die Organisation als Ganzes. 

Man könnte es auch so sehen: Einerseits ist AUVAtop als Maßnahme im Sinne des STOP-Prinzips zu sehen (die Anwendung von AUVAtop ist eine „organisatorische Maßnahme“) und andererseits ist dasselbe STOP-Prinzip Teil des organisatorischen Arbeitnehmer:innenschutzes (es wird systematisch – organisiert – die Rangfolge der Maßnahmensetzung im Zuge der Gefährdungsbeurteilung abgearbeitet). Diese immanente Wechselwirkung zwischen AUVAtop und Maßnahmensetzung ist ständige Begleiterin der Präventionsarbeit auf Baustellen.

Ein Beispiel: Der Ausleger eines Turmdrehkranes bricht, stürzt zu Boden und verursacht einen schweren Arbeitsunfall. Es wird festgestellt, dass nicht durchgeführte bzw. falsche Prüfungen gem. AM-VO als unfallkausal anzusehen sind. Tödliche Verletzungsfolgen eines Bauarbeiters und strafrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer sind die Folgen. Nach eingehender AUVAtop-Analyse wird erkannt, dass der zugehörige Prozess die verschiedenen Arten von durchzuführenden Prüfungen nach der AM-VO nicht unterscheiden konnte. Ein Häkchen am Prüfprotokoll falsch gesetzt verursacht verheerende Folgen. Dieser formale Fehler konnte durch AUVAtop erkannt werden. Zukünftig wird dadurch das Risiko für derartige Unfallereignisse wesentlich gesenkt.

Zweites Beispiel: Das nicht ausreichend durchgängige Kontrollsystem auf Baustellen wird von der Arbeitsinspektion beanstandet. Auch wenn der Prozess für die Baustellenevaluierung im Unternehmen festgelegt ist, kommt es trotzdem immer wieder zu Beanstandung durch die Behörde und damit verbundenen Verwaltungsstrafen. 

Durch die AUVAtop-Analyse konnte ein fehlender, wichtiger Prozessschritt identifiziert bzw. ergänzt werden. Eine entsprechende Maßnahme wurde generiert. Ab sofort wird nach Errichtung der Schutzmaßnahmen zu Beginn der Baustellenarbeiten ein Fotodokument angefertigt und an die Bauleitung übermittelt. Ein kleiner, aber wichtiger, gleichzeitig nicht besonders schwieriger oder aufwendiger Schritt. Es zeigt, dass AUVAtop auch komplexe Themen wieder auf das Wesentliche herunterbrechen kann. Der Blick auf einfache und praktikable Lösungen wird dadurch geschärft.

Hinterfragen führt zum Ziel

Als Mittel zum Zweck kommen bei der AUVAtop-Analyse ausgewählte Fragestellungen zur Anwendung. Durch Hinterfragen der Prozesse wird das Ziel (die Lösung) erreicht.

Die allgemein bekannten Aspekte zu Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Unfallursachen lassen sich auch auf Baustellen beziehen:

  • Unfälle passieren nicht zufällig – sie werden verursacht. Meist lässt sich eine Ursachenkette feststellen.
  • 95 % der Unfälle werden durch „menschliche Fehler“ verursacht (Herbert William Heinrich – 1930er-Jahre). 
  • 85 % der Fehler werden von einem mangelhaften System und nicht von einzelnen Mitarbeitern:Mitarbeiterinnen verursacht.
  • 94 % aller Fehler sind dem Management und nur 6 % den Ausführenden zuzuordnen (William Edwards Deming – 1940er-Jahre).
  • Sicherheit und Gesundheit müssen im Betrieb und für die Baustelle organisiert („gemanagt“) werden.
  • Die gewählte Form der Organisation von Sicherheit und Gesundheit auf Baustellen obliegt im Wesentlichen dem Betrieb.
  • Parameter werden von der Gesetzgebung vorgegeben.
  • Eine Unterstützung durch Managementsysteme zur systematischen Erreichung von Zielen ist hilfreich. 
  • Latente Fehler des Systems (des Arbeitsprozesses) lassen sich lange vor dem Unfall auf der Führungs- und Organisationsebene identifizieren (Stichwort: Arbeitsvorbereitung).
  • Durch ungünstige Umstände und durch unsichere Handlungen (aktive Fehler) kommt es zum Unfall (Stichwort: Improvisation bei der Sicherheits- und Gesundheitsschutzarbeit auf Baustellen).

Auch bekannte Studien und Modelle zu Arbeitsunfallursachen kommen zum Schluss, dass häufig Systemfehler die wahren (unerkannten) Unfallursachen darstellen (siehe Abbildung 1, Käsescheibenmodell)

Quadrate mit Löchern, die von einem roten Pfeil durchfahren werden
Abbildung 1: Käsescheibenmodell nach J. Reason

Die Vorteile von AUVAtop

AUVAtop soll dem Unternehmen helfen, die Sicherheits- und Gesundheitsschutzarbeit auf Baustellen durch …

  • das Festlegen oder auch Abgrenzen von Prozessen,
  • das Definieren und Kommunizieren von Zuständigkeiten auf Baustellen und für die Arbeitsvorbereitung,
  • die Bereitstellung von unterstützenden Dienstleistungen der AUVA,
  • die Beobachtung und Bewertung von vorhandenen Prozessen,
  • die Entwicklung einer Sicherheitskultur auf Baustellen und
  • eine kontinuierliche Verbesserung der Baustellenabläufe

… zu optimieren.

Durch Hinterfragen der Prozesse wird das Ziel (die Lösung) erreicht.

Egon Nussbacher

Folgende Ergebnisse können durch AUVAtop erzielt werden:

  • Es werden Handlungsfelder und Lösungspotenziale aufgezeigt.
  • Es werden sichere und damit attraktive Arbeitsplätze im Unternehmen positioniert.
  • Die Rechtskonformität für die Unternehmen (vom Gesetz vorgegebene Parameter) und deren Führungskräfte (z. B. Poliere) wird erhöht.
  • Es wird ein fruchtbarer Boden für ein Sicherheitsmanagement und eine Sicherheitskultur im Unternehmen geschaffen.
  • Durch AUVAtop ist die Begleitung bei der Implementierung eines Managementsystems möglich.

Insbesondere für den letzten Punkt (Implementierung eines Managementsystems) stehen 21 AUVAtop-Module zur Verfügung, nach deren Abarbeitung eine Zertifizierung (z. B. nach ISO 45001) möglich sein muss. 

Das AUVA-Gütesiegel

Als aktuelles AUVA-Produkt zum Thema steht das AUVA-Gütesiegel zur Verfügung. Dieses soll einen niederschwelligen Zugang zu einem nach außen hin sichtbaren organisierten Sicherheits- und Gesundheitsschutzsystem im Betrieb bieten. Insbesondere für Klein- und Mittelbetriebe kann dies von Nutzen sein. Aber auch Großbetriebe können das Gütesiegel durchaus als Zeichen ihrer Positionierung zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz nutzen. Dabei unterstützen die AUVAtop-Module die Vorbereitung auf die Gütesiegel-Begutachtung.

Am Beginn der Betrachtungen steht beim AUVA-Gütesiegel eine Basisanalyse. Diese besteht aus Leitfragen zu den AUVAtop-Modulen. Dafür wird eine entsprechende App zur Verfügung gestellt. Grundsätzlich soll durch eine Selbsteinschätzung im Betrieb (über den Baustellenbetrieb) ein Überblick betreffend das Sicherheits- und Gesundheitsschutzniveau entstehen. Alternativ kann von Beginn an auch die Unterstützung über den Unfallverhütungsdienst der AUVA als Serviceleistung angefordert werden. In weiterer Folge kann das Ergebnis aus der Basisanalyse gegebenenfalls im Vorfeld (vor der Begutachtung) mit dem AUVA-Unfallverhütungsdienst gemeinsam weiter bearbeitet werden. Durch grafische Darstellungen (Radardiagramme) können Anfangs- und Endstadium eines verbesserten Prozesses (Moduls) dokumentiert und sichtbar gemacht werden. Die Beurteilung erfolgt durch ein Ampelsystem mit definierten Beurteilungskriterien (siehe Abbildung 2).

ein Kreis mit verschiedenen Farbschattierungen und verschiedenfarbigen Linien
Abbildung 2: Beurteilung mit Ampelsystem und Radardiagramm zur grafischen Darstellung

Weiterführende Informationen:

  • Folder „AUVAtop – Das modulare Beratungskonzept“ (2022)
  • Folder „AUVA-Gütesiegel – sicher und gesund arbeiten“
  • Informationsblatt „Rechtskonformität“

Erhältlich zum Download auf auva.at

ZUSAMMENFASSUNG

Oft sind es kleine Lücken in den Arbeitsprozessen, die durchaus große Auswirkungen haben und schlussendlich den gewünschten Erfolg verhindern. Durch eine systemische Betrachtung von Baustellenabläufen mit Hilfe von AUVAtop kann es gelingen, den Missing Link zu identifizieren und dann mit einer geeigneten Maßnahme diese Lücke zu schließen.


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