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Rechtliche Aspekte

Homeoffice – alles neu?

Über ein Jahr nach Pandemiebeginn trat am 1. April 2021 ein lange angekündigtes Maßnahmenpaket zum Homeoffice in Kraft. Überraschenderweise handelt es sich nicht um ein Homeoffice-Gesetz, sondern lediglich um eine Vielzahl von Änderungen in verschiedenen Materiengesetzen. Welche rechtlichen Bestimmungen aus den Bereichen Arbeitszeit, Arbeitsmittel und Datenschutz muss ein Unternehmen berücksichtigen, das seinen Beschäftigten die Möglichkeit zum Homeoffice eröffnen will?

Symbolbild
Adobe Stock

Glaubt man den Umfragen, so gehen zwei Drittel der befragten Personen davon aus, auch nach der Krise verstärkt von zuhause aus arbeiten zu können. Unsere Arbeitswelt ist im Wandel – und das nicht erst seit der Pandemie. Der technologische Fortschritt, die gestiegene Mobilität, der höhere Frauenanteil in der Erwerbstätigkeit und letztlich auch die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen führen schon seit Längerem zu Veränderungen in der Arbeitswelt. Die Pandemie wirkte bei diesem Trend nur noch als Beschleuniger. Dieser Beitrag soll einen Überblick über häufige Fragestellungen im Hinblick auf Arbeitszeit, Arbeitsmittel und Datenschutz bieten. Bewusst wird das Thema ArbeitnehmerInnenschutz ausgespart, da sich andere Fachbeiträge in dieser Sonderausgabe ausgiebig mit diesem Thema befassen und das Maßnahmenpaket in diesem Bereich keine Änderungen bringt.

1. Grundlegendes

Soll in einem Unternehmen die Möglichkeit von Homeoffice zukünftig angeboten werden, so bietet sich der Abschluss einer Betriebsvereinbarung an – einerseits, um die Grundbedingungen für „Homeoffice“ festzulegen, und andererseits, weil die Einführung bestimmter Maßnahmen (beispielsweise Kontrollmaßnahmen) eine solche jedenfalls zwingend erfordert. Durch § 97 Abs 1 Z 27 ArbVG wurde ein eigener Betriebsvereinbarungstatbestand eingeführt. Dieser ist jedoch nur fakultativ, sodass es einer Einigung der Vertragsparteien bedarf, die nicht vor einer Schlichtungsstelle erzwungen werden kann. Zu beachten ist dabei, dass bei Regelungsinhalten, die eine notwendige oder erzwingbare Mitbestimmung fordern, diejenige mit der stärkeren Mitbestimmungsintensität als vorrangig gilt. Nachdem bereits vor dem Inkrafttreten dieses Pakets Betriebsvereinbarungen zumeist unter dem Begriff Telearbeit abgeschlossen wurden, empfiehlt es sich, diese hinsichtlich der Gesetzesänderungen zu überprüfen, da möglicherweise bei der einen oder anderen ein Änderungsbedarf gegeben sein kann.

2. Arbeitszeit im Homeoffice

§ 2 Abs 1 Z 1 AZG definiert als Arbeitszeit „die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen“. Für Homeoffice gilt Abs 2, wonach bestimmt wird, dass „Arbeitszeit im Sinne des Abs 1 Z 1 auch die Zeit ist, während der ein im übrigen Betrieb Beschäftigter in seiner eigenen Wohnung oder Werkstätte oder sonst außerhalb des Betriebes beschäftigt wird“. 

Wohl unbestritten gelten daher die arbeitszeit- wie auch arbeitsruherechtlichen Bestimmungen auch für das Homeoffice. Somit ist auch im Homeoffice eine Tageshöchstarbeitszeitgrenze von 12 Stunden, eine wöchentliche Höchstarbeitszeitgrenze von 60 Stunden und eine tägliche Ruhezeit von 11 Stunden bzw. eine Wochenendruhe von 36 Stunden zu beachten.

Um die Einhaltung der im AZG geregelten Angelegenheiten überwachen zu können, sind Arbeitszeitaufzeichnungen gemäß § 26 AZG zu führen. Für Beschäftigte, die die Lage ihrer Arbeitszeit und ihren Arbeitsort weitgehend selbst bestimmen können oder ihre Tätigkeit überwiegend in ihrer Wohnung ausüben, sieht Abs 3 insofern eine Erleichterung vor, als lediglich Aufzeichnungen über die Dauer der Tagesarbeitszeit – sogenannte Saldoaufzeichnungen – geführt werden können. 

Diese EU-rechtlich wohl sehr kritisch einzuschätzende Erleichterung ist wohl der mangelnden Kontrollmöglichkeit auf Arbeitgeberseite aufgrund der Verschmelzung des beruflichen Umfelds mit dem privaten geschuldet. Eine zumindest stichprobenartige Überprüfung dieser Arbeitszeitaufzeichnungen ist vom Arbeitgeber jedoch trotzdem durchzuführen, weshalb zusätzliche Maßnahmen zur Aufzeichnung von Arbeitsunterbrechungen bzw. der Nachvollziehbarkeit der angegebenen Arbeitszeit begleitend einzusetzen sein werden. Dies kann beispielsweise ein bereits bestehendes elektronisches Zeiterfassungssystem sein.

2.1. Gestaltung der Arbeitszeit im Homeoffice

Nachdem es, abgesehen von der Aufzeichnungspflicht, keine wesentlichen Änderungen für Homeoffice aus arbeitszeitrechtlicher Sicht gibt, ist beim Abschluss eines Homeoffice-Vertrages besonderes Augenmerk auf das anzuwendende Arbeitszeitmodell zu legen. In der Praxis wird meist jenes Modell gewählt, welches im Betrieb mittels Betriebsvereinbarung in Geltung ist. Sollte der Wunsch nach mehr oder weniger Flexibilität bestehen, so können separate Regelungen mittels Betriebs- oder Einzelvereinbarung abgeschlossen werden. Ob nun eine Gleitzeitregelung oder doch ein fixes Arbeitszeitmodell gewählt wird, ist eine Frage des Geschmacks. Jedenfalls empfiehlt es sich aber, Vereinbarungen zur Erreichbarkeit aufzunehmen.

Wird beim Homeoffice-Vertrag ein „hybrides Modell“ gewählt, sprich eine Mischung von Homeoffice und Bürotagen in der Woche oder im Monat, so empfiehlt es sich auch hier – wenn gewünscht – Regelungen zur Arbeitszeitgestaltung im Homeoffice wie auch im Betrieb aufzustellen. Eine Festlegung auf fixe Tage ist keinesfalls zwingend, es reicht beispielsweise eine Einigung auf maximal drei Tage Homeoffice in der Woche, wobei zumeist die Abstimmung mit Kolleginnen und Kollegen und/oder die Zustimmung der Führungskraft als zusätzliche Voraussetzung angeführt wird.

2.2. Mehr- und Überstunden

Das AZG kennt keine Einschränkung von Mehr- oder Überstundenarbeit explizit nur auf die Arbeitsstätte. Somit sind Mehr- oder Überstunden selbstverständlich auch im Homeoffice möglich. Voraussetzung dafür ist, dass diese angeordnet oder auf eine andere Art und Weise vereinbart wurden. Ein selbstbestimmtes Übergleiten einer Gleitzeitvereinbarung oder ein selbstbestimmtes Überschreiten einer fix eingeteilten Normalarbeitszeit kann daher nicht den Anfall von Mehr- oder Überstunden verursachen. Durch die erschwerte Kontrollmöglichkeit im Homeoffice bietet sich diesbezüglich eine ausdrückliche Regelung zu den Voraussetzungen einer Anerkennung als Mehr- oder Überstundenleistung an.

Drei Kollegen in einem Co-Working-Space
Im Homeoffice-Paket wird auf Modelle wie Co-Working-Space (Bild) oder das Mobile Office nicht eingegangen. Adobe Stock

2.3. Dienstreise oder Arbeitsweg?

Generell gilt, dass der Weg zwischen dem privaten Wohn- bzw. Aufenthaltsort zur Arbeitsstätte und zurück nicht als Arbeitszeit gilt. Wie verhält es sich aber, wenn an einem Tag ein geteilter Dienst sowohl am Wohnort wie auch in der Arbeitsstätte stattfindet? Der OGH entschied in einem Fall einer Reinigungskraft, die auf kürzestem Weg zwischen zwei Objekten (Arbeitsorten) wechselte, zugunsten von Arbeitszeit. Dagegen wurde eine solche Anerkennung bei einer Unterbrechung von mehreren Stunden verneint (OGH 9 ObA 47/11v). Wendet man nun diese Rechtsprechung auf den oben dargestellten Sachverhalt an, so wäre einerseits eine Vereinbarung von mehreren Arbeitsorten und andererseits eine Anweisung der Führungskraft, sich vom Homeoffice in die Arbeitsstätte (oder umgekehrt) zu begeben, eine nötige Voraussetzung für die Anerkennung der Wegzeit als Arbeitszeit. Zu einem anderen Ergebnis würde man kommen, wenn zwischen den beiden Diensten eine mehrstündige Unterbrechung aus privatem Grund vorliegen würde. In einem solchen Fall wäre es als Arbeitsunterbrechung und daher nicht als Arbeitszeit zu werten. 

Bei einer Dienstreise hingegen handelt es sich im Unterschied zu einem Arbeitsweg um eine Beauftragung durch den Arbeitgeber, den Arbeitsort für die Erbringung von Arbeitsleistungen an einem anderen Ort zu verlassen. Diese bloßen Reisebewegungszeiten sind als Sonderform grundsätzlicher Arbeitszeit im Abschnitt über die Ausnahmen von den normalen Arbeitszeitregelungen im AZG normiert.

3. Anspruch auf digitale Arbeitsmittel

Mit 1. 4. 2021 wurde durch das Maßnahmenpaket zum Homeoffice festgelegt, dass der Arbeitgeber zur Bereitstellung der erforderlichen „digitalen Arbeitsmittel“ verpflichtet ist. Abweichende Vereinbarungen können unter der Voraussetzung eines entsprechenden Kostenersatzes – dieser kann auch pauschal ausfallen – getroffen werden.

Was nun genau unter digitalen Arbeitsmitteln zu verstehen ist, bleibt unbeantwortet. Den Erläuterungen zu diesem Gesetzesentwurf ist zu entnehmen, dass dies jedenfalls die IT-Hard- und Software sowie die Datenverbindung und gegebenenfalls ein Smartphone sein soll.

Unsere Arbeitswelt ist im Wandel – und das nicht erst seit der Pandemie

Mag. Patricia Puhr

Durch diese neu aufgenommene Regelung wird einmal mehr verdeutlicht, dass eine darüber hinausgehende Verpflichtung des Arbeitgebers für die weitere Ausstattung des Homeoffice-Arbeitsplatzes nicht besteht. Somit bleiben die Regelungen des ASchG oder der BS-V in Bezug auf Arbeitstische oder -stühle weiterhin ausgespart, es sei denn, der Arbeitgeber würde diese freiwillig zur Verfügung stellen. Ebenso besteht keine Verpflichtung zur Bereitstellung von Räumlichkeiten samt der dazu benötigten Infrastruktur wie Strom oder Heizung. 

Ob eine derartige Kostenüberwälzung auch rechtens ist, bleibt offen. Zumindest nimmt die herrschende Lehre einen Anspruch auf Aufwandersatz unter analoger Anwendung des § 1014 ABGB an, da ein Arbeitnehmer gemäß § 1151 Abs 1 ABGB nur zu Dienstleistungen gegenüber dem Arbeitgeber verpflichtet ist und nicht zur Bereitstellung von Arbeitsmitteln. Der OGH beurteilt seine Entscheidungen zu diesem Thema unter dem Aspekt der Sittenwidrigkeit. Dabei wird darauf abgestellt, ob die Kosten vom Arbeitnehmer freiwillig übernommen wurden, er auf Art und Umfang der Kosten Einfluss nehmen kann oder ob er auch einen Vorteil aus der Kostenübernahme hat. Grundsätzlich stellt sich hier die Frage, inwieweit das Unternehmerrisiko auf die Arbeitnehmerin / den Arbeitnehmer übergewälzt wird. Steht der Mitarbeiterin / dem Mitarbeiter noch ein eigener Arbeitsplatz in der Arbeitsstätte zur Verfügung, so wird sich diese Frage wohl nicht stellen. Anders könnte dies freilich beurteilt werden, wenn die betreffende Mitarbeiterin bzw. der betreffende Mitarbeiter über keinen eigenen Arbeitsplatz mehr im Unternehmen verfügt.

Nicht unerwähnt soll an dieser Stelle bleiben, dass nunmehr Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer, die zumindest 26 Tage/Jahr im Homeoffice arbeiten, für die Anschaffung von erforderlichen Arbeitsmitteln zusätzlich 300 EUR pro Jahr als Werbungskosten im Steuerausgleich geltend machen können.

4. Datenschutz

Durch die mögliche Einsichtnahme Dritter auf Geschäftsgeheimnisse oder personenbezogene Daten gestaltet sich der Datenschutz im Homeoffice nochmals schwieriger, besonders dann, wenn entschieden wird, private digitale Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen.  

Im Homeoffice-Maßnahmenpaket wurde auf diese Thematik nicht eingegangen, sodass die bestehenden Regelungen unverändert auch für das Homeoffice aufrecht sind. Verantwortlich ist das Unternehmen, das durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen sicherzustellen, zu überprüfen, zu evaluieren und zu bewerten hat. Die Einhaltung dieser in der DSGVO verankerten Regelungen wird sich bei firmeninternen Geräten jedenfalls einfacher gestalten als bei den eingebrachten privat genutzten Geräten. Für diesen Fall sollten Überlegungen angestellt werden, wer von den Beschäftigten überhaupt dafür in Frage kommen kann, welche Dienste mit dem privaten PC abgedeckt werden können, welches Virenschutzprogramm am Rechner zu installieren sein wird bzw. welchen technischen Standard das Arbeitsmittel grundsätzlich aufweisen sollte.

Eine spezielle datenschutzbezogene Unterweisung für Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter im Homeoffice ist jedenfalls zu empfehlen, da die möglichen Risiken eines Datenmissbrauchs in den eigenen vier Wänden oftmals nicht bekannt oder vorstellbar sind.

5. Fazit

Die Arbeitswelt 4.0 ist geprägt von einer sehr dynamisch wirkenden Flexibilisierung. Das Homeoffice-Paket hätte dabei eine längst fällige Weiterentwicklung des österreichischen Arbeitsrechtes beginnen können, zumal das Arbeitsverhältnis von heute nicht mit dem von einst zu vergleichen ist. Es wäre höchst an der Zeit, das Arbeitsrecht an die Arbeitsrealität anzupassen, denn die „neuen“ Regelungen ändern nur imaginär die bisher bestehende Rechtslage. Warum nur speziell das Homeoffice geregelt und nicht zeitgleich auf die weiteren durchaus schon verbreiteten Modelle wie etwa den Co-Working-Space oder das Mobile Office eingegangen wurde, bleibt unklar.

Zusammenfassung

Mit der Änderung mehrerer Materiengesetze wurde Homeoffice in Österreich mit 1. April dieses Jahres teilweise neu geregelt bzw. wurden Bestimmungen angepasst. Der Beitrag soll einen Überblick über häufige rechtliche Fragestellungen im Hinblick auf Arbeitszeit, Arbeitsmittel und Datenschutz im Homeoffice bieten.


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