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Rechtliche Aspekte

Auf dem Weg in eine neue Arbeitswelt

Mindestens 20 Prozent aller europäischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden nach der Corona-Pandemie ganz oder gelegentlich von zu Hause aus arbeiten. Was bedeutet das für die österreichische Arbeitswelt? Welche rechtlichen Vorschriften gelten für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer?

Mann im Homeoffice
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Ein EU-Webinar zum Thema „Telearbeit in einer globalen Pandemie“ hat eine Reihe wichtiger Rahmenbedingungen dargestellt: Nach der Pandemie ist es sehr wahrscheinlich, dass mindestens ein Fünftel der europäischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer regelmäßig und/oder gelegentlich (im Rahmen eines Hybridmodells) telearbeiten werden. Die Arbeitsbedingungen und Herausforderungen sind bei Telearbeit nicht die gleichen wie am Arbeitsplatz im Unternehmen. Das wirkt sich auf die Work-Life-Balance und die Gesundheit der Beschäftigten aus. Es wird daher entscheidend sein, in Telearbeitsvereinbarungen einen spezifischen Schutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer festzulegen. 

Das „Right to disconnect“ kann zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen beitragen – doch in Wirklichkeit handelt es sich um geltendes Recht (Arbeitszeit-Richtlinie).

Belastungen und Gefahren im Homeoffice

Nachfolgend ein kurzer Überblick zu Belastungen und Gefahren durch Telearbeit im Homeoffice:

  • Raumklima, Beleuchtung, Lärm, Gefahren durch Ausrutschen, Stolpern oder Stürze über Kabel 
  • Beanspruchung der Augen durch Blendung durch den Bildschirm oder unzureichenden Kontrast zwischen Bildschirm und Umgebung
  • Belastungen des Nackens und der Sehnen in den Handgelenken und Fingern als Folge einer ergonomisch ungünstigen Einrichtung des Arbeitsplatzes
  • Störungen bei der Arbeit, Isolation durch fehlenden Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen
  • Verwischung der Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben
  • lange Arbeitszeiten, Arbeitsintensivierung und Arbeiten trotz Krankheit

„Homeoffice-Gesetz“

Ein Homeoffice-Gesetz als solches gibt es eigentlich nicht, vielmehr ist es ein Bündel von Novellen mehrerer arbeitsrechtlicher Materiengesetze. Es handelt sich um das 61. Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden.

Was wird im Detail geregelt:

  • Für die Anwendung des „Homeoffice-Gesetzes“ müssen regelmäßig Arbeitsleistungen in der Wohnung erbracht werden.
  • Zwischen Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern und Arbeitgeberinnen/Arbeitgebern müssen die Leistungen schriftlich vereinbart werden.
  • Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben die erforderlichen digitalen Arbeitsmittel bereitzustellen,
  • oder aber der/die Arbeitgeber/in trägt die Kosten („angemessen und notwendig“), auch pauschaliert.
  • Die Organe der Arbeitsinspektion sind zur Durchführung ihrer Aufgaben nicht berechtigt, Wohnungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Homeoffice zu betreten.
  • Als Arbeitsunfälle gelten auch Unfälle, die sich im zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung in der Wohnung (Homeoffice) ereignen.
  • Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) gilt uneingeschränkt (soweit anwendbar), vor allem die Verpflichtung zur Arbeitsplatzevaluierung.

Homeoffice – Bildschirmarbeit – auswärtige Arbeitsstelle 

Im Homeoffice leisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Bildschirmarbeit außerhalb der Arbeitsstätte. Der Ort der Arbeitsverrichtung, wie z. B. die Privatwohnung, gilt rechtlich als auswärtige Arbeitsstelle. 

Daraus ergibt sich folgende Konsequenz: Das ASchG und Verordnungen gelten, nicht aber die Regelungen zu Arbeitsstätten (§§ 19 ff ASchG und AStV). Wichtig dabei ist, dass Homeoffice-Arbeitsplätze der Arbeitsstätte organisatorisch zuzurechnen sind und daher im Rahmen der Arbeitsplatzevaluierung miteinzubeziehen sind. Das hat auch eine Auswirkung auf die Betreuung durch Präventivfachkräfte. Die Telearbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer sind einer Arbeitsstätte zuzurechnen und in dieser müssen auch die für die Telearbeitsplätze relevanten Unterlagen (z. B. Arbeitszeitaufzeichnungen, Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente, Unterweisungsnachweise) vorhanden sein.

Wie kann die Arbeitsplatzevaluierung erfolgen?

Eine Beurteilung des konkreten Arbeitsplatzes vor Ort wird im Normalfall nicht möglich sein. Es wird daher empfohlen, eine Musterevaluierung für Arbeitsplätze im Homeoffice durchzuführen. Diese wird praktischerweise Checklisten zur Selbstüberprüfung des Arbeitsplatzes umfassen, ergänzt durch Tipps zur Gestaltung des Arbeitsplatzes. Dabei sind auch Belichtung und Beleuchtung, Platzverhältnisse und Lufttemperatur zu berücksichtigen, die sich aus der Arbeitsstättenverordnung ergeben würden. Diese ist zwar nicht anzuwenden, kann aber als Leitlinie durchaus herangezogen werden. Bei der Evaluierung der Arbeitsplätze im Homeoffice soll die Evaluierung der psychischen Arbeitsbedingungen breiten Raum einnehmen.

Unterweisungen

Erstunterweisungen sind unmittelbar und persönlich durchzuführen. Der Einsatz von Systemen zu Videokonferenzen ist möglich. Wichtig ist dabei, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Möglichkeit zu Rückfragen haben und dass sich die Vortragenden vergewissern können, ob die Inhalte auch verstanden worden sind. Elektronisch-computergestützte Unterweisungstools und Informationsblätter können die Unterweisung unterstützen, diese aber nicht ersetzen.

Präventivdienstliche Betreuung

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Homeoffice werden organisatorisch einer Arbeitsstätte, im Zweifel dem Unternehmenssitz, zugerechnet. Dies hat Auswirkung auf Art und Umfang der präventivdienstlichen Betreuung. Unverändert gilt auch im Homeoffice, dass Sicherheitsfachkräfte (SFK) und Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmediziner bei Arbeitsplatzevaluierung und Organisation der Unterweisung hinzuzuziehen sind, unterstützt insbesondere durch Fachleute der Ergonomie oder der Arbeitspsychologie. Präventivdienste können bei der Einrichtung des Bildschirmarbeitsplatzes vor Ort bzw. mittels Videotelefonie beraten – allerdings nur mit Einverständnis der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Ein Homeoffice-Gesetz als solches gibt es eigentlich nicht, vielmehr ist es ein Bündel von Novellen mehrerer arbeitsrechtlicher Materiengesetze

DI Ernst Piller

Bildschirmarbeitsplätze

Es gelten die Bestimmungen zu Bildschirmarbeitsplätzen aus ASchG und Bildschirmarbeitsverordnung (BS-V). Davon ausgenommen sind allerdings die Regelungen über Pausen und Tätigkeitswechsel, Augenuntersuchungen und Sehhilfen. Diese gelten nicht für Beschäftigte, die ausschließlich in Telearbeit beschäftigt sind, sondern nur für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die auch bei einem nicht unwesentlichen Teil ihrer normalen Arbeit im Büro ein Bildschirmgerät benutzen.

Wichtig zu wissen ist, dass gemäß ASchG keine rechtliche Verpflichtung besteht, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber technische Arbeitsmittel wie z. B. Laptops für Bildschirmarbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Wenn sie dies allerdings machen (was unserer Erfahrung nach üblich ist), müssen diese ergonomisch korrekt gestaltet sein und dem Stand der Technik entsprechen. Ähnliches gilt auch für Arbeitstische und -stühle. 

Frau im Homeoffice
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Mutterschutz, Arbeitszeit und Arbeitsruhe

Auch die Bestimmungen zu Mutterschutz, Arbeitszeit und Arbeitsruhe gelten für die Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Telearbeit. Vereinbaren Arbeitgeberin bzw. Arbeitgeber und Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag oder in einer Zusatzvereinbarung über Telearbeit, dass die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer

  • die Lage der Arbeitszeit und den Arbeitsort weitgehend selbst bestimmen kann (im Sinne eines „Mobile Working“, das nicht in der Wohnung stattfinden muss)
  • oder die Tätigkeit überwiegend (= mehr als 50 % der wöchentlichen Normalarbeitszeit) in der Wohnung erfolgen soll,

so kann eine Saldenaufzeichnung der Arbeitszeit geführt werden, d. h., dass nur mehr der jeweilige Tagessaldo aufgezeichnet wird, nicht jedoch die Lage der Arbeitszeit.

„Hausrecht“ – Schutz der Privatsphäre

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Präventivdienste sowie die Arbeitsinspektion haben kein Zutrittsrecht in Privatwohnungen. Der Zugang ist nur möglich, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausdrücklich zustimmen, bzw. dieser auf deren Wunsch zu Beratungszwecken oder zur Evaluierungsdurchführung erfolgt.

Weitere Informationen

Telearbeitsplätze, Homeoffice (Website der Arbeitsinspektion)

Leitfaden – Ergonomisches Arbeiten im Homeoffice (PDF, 1 MB) (Website der Arbeitsinspektion)

AUVA-Merkblatt M.plus 022 „Telearbeitsplätze“

Zusammenfassung

Der Autor fasst die aus Sicht der österreichischen Arbeitsinspektion wichtigsten rechtlichen Vorschriften rund um Homeoffice und Mobile Office zusammen.


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