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International

Strategischer Rahmen der EU für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2021–2027: Arbeitsschutz in einer sich wandelnden Arbeitswelt

Ende Juni 2021 wurde der neue strategische Rahmen der Europäischen Union für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz beschlossen. Dieser soll in den nächsten Jahren die Ausrichtung und Aktivitäten der Mitgliedstaaten anleiten und wird sich daher auf die österreichische Arbeitnehmerschutz-Politik auswirken. Im Folgenden werden die Eckpunkte der Strategie kurz vorgestellt. Eine thematische und zielgruppenspezifische Gliederung der EU-Vorhaben veranschaulicht Bezugspunkte für die Präventions­arbeit in Österreich.

Symbolbild Strategy
Adobe Stock / bluebay2014

Die neue Strategie schreibt Prioritäten der letzten Jahre, wie etwa die Prävention von arbeitsbedingten Muskel-Skelett- und Krebs-Erkrankungen und psychosozialen Risiken sowie die Stärkung der Umsetzung der Rechtsvorschriften, fort. Gleichzeitig stellt sie sich aktuellen Herausforderungen im Bereich von Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz. 

Die Eckpunkte Wandel, Prävention und Vorsorge

Drei Themenfelder stehen im Mittelpunkt der aktualisierten Strategie: 

I. Erfassung und Bewältigung des Wandels von Arbeit
II. Verbesserung der Prävention von arbeitsbedingten Erkrankungen und Unfällen
III. Stärkung der Vorsorge für mögliche künftige Gesundheitskrisen

Diese Eckpunkte (siehe auch Abbildung 1) sollen mithilfe der Förderung des sozialen Dialogs [1], einer Stärkung der Um- und Durchsetzung von Rechtsvorschriften, einer verbesserten Evidenzbasierung [2], der Sensibilisierung aller Beteiligten und der Bereitstellung von Finanzmitteln realisiert werden. Umsetzungsschritte sind auf unterschiedlichen Ebenen erforderlich, beginnend bei der europäischen Recht­setzung und nicht-legislativen Initiativen (z. B. Kampagnen und Arbeitsgruppen) über die nationale Implementierung bis hin zu Maßnahmen in Unternehmen.

I. Erfassung und Bewältigung des Wandels von Arbeit

Die EU-Strategien zum „Green Deal“ und zur Digitalisierung [3] sowie aktuelle sozio-­ökonomische Entwicklungen und die Alterung der Erwerbsbevölkerung bilden den Hintergrund der Diskussion über Möglichkeiten und Herausforderungen für die Gesundheit und Sicherheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. [4] Beispielsweise können risikoreiche und belastende Tätigkeiten an digitale Systeme übertragen werden. Gleichzeitig entstehen durch digitale Arbeit, etwa an Produktionsmaschinen oder auf Plattformen, neue Risiken und Belastungen (vgl. auch Schrape 2021, S. 106–107). Der strategische Rahmen zielt darauf ab, die zentralen Veränderungen der Arbeitswelt erstens zu erfassen und zweitens mit risikomindernden und möglichkeitssteigernden Maßnahmen zu begleiten. Dabei wird auf die Modernisierung und Vereinfachung der EU-Arbeitsschutzvorschriften im Kontext der grünen Wende [5] und der digitalen Transformation gesetzt. Zudem bildet die Reduktion von psychosozialen Risiken einen wesentlichen Fokus.

II. Verbesserung der Prävention von ­arbeits­bedingten Krankheiten und Unfällen

Mit dem Ansatz „Vision Zero“ strebt die EU die Verhinderung von arbeitsbedingten Todesfällen an. Dies soll durch die Stärkung der Präventionskultur sowohl auf organisationaler Ebene als auch auf Ebene der Arbeitnehmer:innen unterstützt werden. Die Verbesserung der Datenerfassung von Arbeitsunfällen und beruflichen Erkrankungen sowie die Ursachenanalyse von arbeitsbedingten Todesfällen und Verletzungen sind Voraussetzungen für adäquate Maßnahmen. Die Sensibilisierung für Risiken am Arbeitsplatz und die verstärkte Durchsetzung von Rechtsvorschriften und Leitlinien bilden weitere Schwerpunkte.

Die Vorbeugung von Krebs als Hauptursache für arbeitsbedingte Todesfälle ist weiterhin ein zentrales Anliegen und wird vor allem im Rahmen der europäischen „Roadmap on Carcinogens“ 2020–2024 bearbeitet. [6] Darüber hinaus soll der Umgang mit gefährlichen Arbeitsstoffen, insbesondere mit reproduktionstoxischen Stoffen, besser reguliert werden. Auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollen als zweithäufigste arbeitsbedingte Todesursache in der betrieblichen Präventionsarbeit angemessen berücksichtigt werden. Gleiches gilt für Muskel-Skelett-Erkrankungen, deren komplexe psychisch und physisch bedingte Entstehung verstärkt erfasst werden soll, um daraus entsprechende Maßnahmen zur Ursachenbekämpfung abzuleiten. Die Förderung der Gesundheit am Arbeitsplatz und der Gleichberechtigung bei der Arbeit sind weitere Prioritäten.

III. Stärkung der Vorsorge für mögliche  künftige Gesundheitskrisen 

Der Inhalt dieses dritten Eckpunktes sind vor allem Lerneffekte, die aus den Erfahrungen mit der COVID-19-Pandemie resultieren und dazu beitragen sollen, künftige Gesundheitskrisen besser zu bewältigen. Inhaltlich stehen die Themen Hygiene, nicht-pharmazeutische Interventionen und psychische Gesundheit im Vordergrund, um Gesundheitsrisiken für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu reduzieren. Auf Prozessebene sollen die Reaktionszeit bei Krankheitsausbrüchen verkürzt, die Wirksamkeit von Maßnahmen optimiert und der Arbeitnehmerschutz besser mit anderen öffentlichen Gesundheitsaufgaben abgestimmt werden. Zu diesem Zweck wird die Kommission unter anderem EU-Notfallverfahren und EU-Leitlinien für den Arbeitnehmerschutz entwickeln und die Umsetzung und Überwachung der Richtlinie über biologische Arbeitsstoffe [7] forcieren. Die Verbesserung der oft ungesunden und prekären Arbeits- und Lebensbedingungen von Saison- und Transportarbeitskräften sowie in vergleichbaren Arbeitsformen mobil Tätigen ist ein weiterer Fokus. Damit sollen menschengerechte Arbeits- und Lebensbedingungen in der EU sichergestellt werden, die gleichzeitig vor einer raschen Ausbreitung von Infektionskrankheiten (z. B. durch schlechte und überfüllte Unterkünfte) schützen. 

An viele Vorhaben der EU-Strategie lässt sich in Österreich gut anknüpfen. So bietet die AUVA eine Reihe von Tools zur Unterstützung von Betrieben in Hinblick auf psychische Belastung, gefährliche Arbeitsstoffe oder die COVID-19-Pandemie.

M. Jelenko und Th. Strobach

Im Bereich der Berufskrankheiten geht der strategische Rahmen über das Thema des Arbeitnehmerschutzes hinaus und wendet sich der sozialen Sicherheit zu, die rechtlich in den nationalen Zuständigkeitsbereich fällt: Die Kommission plant ihre Empfehlung zur Europäische Liste der Berufskrankheiten zu aktualisieren und bis 2022 COVID-19 umfassender aufzunehmen. Bereits heute ist gemäß der EU-Empfehlung eine Anerkennung unter der Nummer „407 Sonstige Infektionskrankheiten“ für bestimmte Berufsgruppen möglich. [8] 

Thematische und zielgruppenspezifische Schwerpunkte

Im strategischen Rahmen der europäischen Arbeitnehmerschutz-Strategie wird nicht nur die Ausrichtung skizziert, sondern es werden auch konkrete Aktivitäten festgelegt. Diese betreffen erstens die Kommission selbst, wenn es um die Schaffung eines geeigneten Rechtsrahmens und die Einleitung von europäischen nicht-legislativen Initiativen geht. Zweitens fordert die Kommission die Mitgliedstaaten zur Anpassung und besseren Umsetzung der nationalen Vorschriften sowie zur Unterstützung der Arbeitsaufsichtsbehörden und der Unternehmen in Arbeitnehmerschutz-Fragen auf. Drittens wendet sie sich an die Sozialpartner, die neue Vereinbarungen treffen und bestehende überarbeiten beziehungsweise konkretisieren sollen. Im Folgenden sind die im strategischen Rahmen geplanten Aktivitäten nach Themen aufgelistet. Die adressierten verantwortlichen Ebenen sind jeweils in Klammer hinzugefügt. Tabelle 1 gibt eine kurze Übersicht über die Vorhaben.

1) Digitalisierung und Green Deal

a) Überarbeitung der Arbeitsstätten- und Bildschirmrichtlinie vor dem Hintergrund der Digitalisierung bis 2023 [9] (Kommission)

b) Einleitung der „EU-OSHA-Kampagne für gesunde ­Arbeitsplätze“ 2023–2025 zum Thema Digitalisierung mit besonderem Blick auf psychosoziale und ergonomische Risiken (Kommission)

c)Entwicklung von analytischen Grundlagen, E-Tools und Leitlinien für die Risikobewertung von „grünen“ und digitalen Arbeitstätigkeiten und -prozessen; Auch hier soll der Fokus vor allem auf psychosoziale und ergonomische Risiken gelegt werden. (Kommission)

d) Aktualisierung der nationalen Arbeitnehmerschutz-Rechtsrahmen in Hinblick auf die grüne und digitale Wende und Forcierung des verstärkten Einsatzes von digitalen Werkzeugen durch die Arbeitsaufsicht (Mitgliedstaaten) 

e) Einleitung der Aktualisierung von bestehenden Sozial­partner-Vereinbarungen im Kontext der Digitalisierung bis 2023 mit Schwerpunkt auf psychosoziale und ergonomische Risiken; Im Fokus stehen Lösungen für Telearbeit, Digitalisierung und das Recht auf Nichterreichbarkeit [10], die an die Europäische Sozialpartner­einigung über Digitalisierung anknüpfen sollen (vgl. ETUC et al. 2020). (Sozialpartner)

Tabelle :Übersicht über die Vorhaben im Strategischen Rahmen der EU für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz
Tabelle 1: Übersicht über die Vorhaben im Strategischen Rahmen der EU für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz Europäische Kommission 2021, eigene Zusammenstellung (Details im Text)

2) Gefährliche Arbeitsstoffe  [11] 

a) Vorschläge für neue Arbeitsplatzgrenzwerte für Asbest (bis 2022), Blei und Diisocyanate (bis 2022) sowie Kobalt (bis Ende des ersten Quartals 2024) [12] (Kommission)

b) Aktualisierung der EU-Regelungen zur Bekämpfung von Krebs-, Fortpflanzungs- und Atemwegserkrankungen (Kommission):

  • durch die Einleitung einer Sozialpartner-Beratung zu Grenzwertreduktionen für Schweißrauch, polyzyk­lische aromatische Kohlenwasserstoffe, Isopren und 1,4-Dioxan im Rahmen der Richtlinie über Karzinogene und Mutagene im Jahr 2023 
  • durch die Erstellung einer Prioritätenliste für reproduktionstoxische Stoffe, die in den einschlägigen Richtlinien bis Ende 2021 zu berücksichtigen ist

c) Entwicklung eines Leitfadens für Arbeitsinspektionen bis 2022, welcher die qualitative Bewertung der Evaluierung biologischer Arbeitsstoffe (inklusive Maßnahmenfestlegung) entsprechend der europäischen Richt­linie anleitet (Kommission)

3) Psychische Gesundheit und Ergonomie [13] 

a) Vorbereitung einer nicht-legislativen Initiative zur psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz, die bis Ende 2022 Handlungsempfehlungen vorlegen soll (Kommission in Kooperation mit den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern)

b) Festlegung von Maßnahmen, die an die Entschließung des Europäischen Parlaments zum Recht auf Nichterreichbarkeit anknüpfen (vgl. Europäisches Parlament 2021) (Kommission)

c) Organisation von „Peer-Reviews“ [14] zu arbeitsplatzbezogenen psychosozialen und ergonomischen Themen (Mitgliedstaaten)

d) Verbessertes Monitoring inklusive Datenerfassung von psychosozialen Risiken in allen Branchen (Mitgliedstaaten)

4) Beschäftigte im Gesundheitswesen und  weitere spezifische Gruppen

a) Aufforderung an das Expertengremium für wirksame Gesundheitsinvestitionen zur Abgabe einer Stellungnahme bezüglich der psychischen Gesundheit von Be­schäf­­­-

tigten im Gesundheitswesen und in anderen sys­tem­relevanten Funktionen bis Ende 2021 (Kommission)

b) Erstellung einer Übersicht für den Schutz der Arbeitnehmer:innen im Gesundheits- und Pflegesektor bis zum ersten Quartal 2024 (Kommission in Kooperation mit EU-OSHA)  

c) Aktualisierung der Leitlinien bezüglich des Schutzes von Arbeitnehmer:innen vor der Exposition gegenüber gefährlichen Arzneimitteln bis 2022 (Kommission)

d) Einbringen eines Vorschlags für eine Gesetzesinitiative zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt bis Ende 2021 (Kommission)  

e) Reduktion der Gefahren im Gesundheitswesen durch die Einführung von sicheren Arbeitsverfahren, inklusive entsprechender Schulungen (Mitgliedstaaten)

f) Risikoreduktion für spezifische Gruppen von Arbeitnehmer:innen, vor allem besonders Betroffenen der Pandemie (z. B. Menschen mit Behinderung) sowie Krebspatient:innen und -überlebenden und Unterstützung ihrer Wiedereingliederung (Mitgliedstaaten)

g) Berücksichtigung der Genderdimension in allen Phasen des Arbeitnehmerschutzes (Planung, Umsetzung, ­Berichterstattung) (Mitgliedstaaten)

h) Angebot von Schulungen über Gesundheits- und ­Sicherheitsvorschriften für Landwirte durch die landwirtschaftlichen Beratungsdienste, insbesondere in Hinblick auf Chemikalien und Pflanzenschutzmittel (Mitgliedstaaten)

i) Verbesserung der Überwachung und Inspektion von Arbeitnehmerschutz-Regelungen für Saisonarbeitskräfte in risikoreichen Berufen (Mitgliedstaaten) 

j) Unterstützung des Schutzes von Arbeitnehmer:innen im Gesundheitswesen, insbesondere vor gefährlichen Arzneimitteln, durch die Ausarbeitung eines Leitfadens und Erweiterung des Risikobewertungstools OiRA [15] um eine Anwendung speziell für den Gesundheitssektor (Sozialpartner)

5) „Vision Zero“ zur Verhinderung arbeitsbedingter Todesfälle

a) Verbesserung der Datenerfassung und Ursachenanalyse (Kommission)

b) Einrichtung einer speziellen Arbeitsgruppe „Vision Zero“ für Informationsmaßnahmen und Sensibilisierungsinstrumente [16] (Kommission)

c) Verstärkte Durchsetzung der „Vision Zero“ durch die Unterstützung des Ausschusses Hoher Arbeitsaufsichtsbeamter – SLIC (Kommission): 

  • bei der Sensibilisierung für tödliche Gefahren auf Unternehmensebene
  • beim Austausch bewährter Praktiken 
  • bei Schulungsmaßnahmen für die Arbeitsaufsicht

d) Aktive Unterstützung für das Erreichen der „Vision Zero“ (Mitgliedstaaten)

6) Gesundheitskrisen und Folgen der COVID- 19-Pandemie

a) Bewertung der europäischen und nationalen Rahmen für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit vor dem Hintergrund der Folgen der Pandemie sowie Entwicklung entsprechender Notfallverfahren und ­Leitlinien in Kooperation mit dem öffentlichen ­Gesundheitswesen (Kommission)

b) Aktualisierung der Kommissions-Empfehlung zu Berufskrankheiten und Aufnahme von COVID-19 bis 2022 (Kommission)   

c) Anwendung der EU-Leitlinien und -Instrumente für Gesundheitskrisen, inklusive der Einarbeitung von Vor­sorgeplänen für künftige Gesundheitskrisen in die nationalen Arbeitnehmerschutzstrategien (Mitgliedstaaten)

d) Entwicklung von Koordinierungsmechanismen zwischen den Behörden für öffentliche Gesundheit und Arbeitnehmerschutz bis 2023 (Mitgliedstaaten)

e) Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Arbeitsaufsicht und anderen relevanten nationalen Behörden mit dem Ziel, die Gesundheits- und Sicherheitsstandards in allen Beschäftigungsbereichen zu verbessern (Mitgliedstaaten)

7) Weitere Themen

Bewusstseinsbildung für arbeitsbezogene Risiken

a) Förderung der Bewusstseinsbildung in den Bereichen arbeitsbedingte Muskel-Skelett- und Krebs-Erkrankungen, psychische Gesundheit, Belästigung und geschlechtsspezifische Vorurteile am Arbeitsplatz (Kommission)  

b) Verbreitung des Europäischen Kodex zur Krebsbekämpfung unter den Arbeitnehmer:innen [17] (Mitglied­staaten)

Herz-Kreislauf-Erkrankungen

c) Analyse und Prävention von arbeitsbedingten Kreislauf­erkrankungen (Mitgliedstaaten)

Kleinbetriebe

d) Erstellung von branchenspezifischen Informationen für KMU (Kommission in Kooperation mit der EU-OSHA)   

e) Verbesserung der Werkzeuge und Schulungsangebote für die Arbeitsplatzevaluierung (inkl. Präventionsmaßnahmen), insbesondere in KMU und Kleinstunternehmen (Mitgliedstaaten)

An viele der aufgelisteten thematischen und zielgruppenbezogenen Vorhaben der EU kann in Österreich aufgrund vergangener und aktueller Schwerpunktsetzungen und Aktivitäten gut angeknüpft werden. So bieten die AUVA, die Arbeitsinspektion und die Sozialpartner eine Reihe von Tools und Materialien beispielsweise zur Unterstützung von Unternehmen im Umgang mit COVID-19 sowie bei der Arbeitsplatzevaluierung arbeitsbedingter psychischer Belastung oder gefährlicher Arbeitsstoffe. Die AUVA forciert auch die „Vision Zero“ im Rahmen von internationalen Kooperationen mit Fokus auf die Unfallverhütung. Themen wie Digitalisierung und Pandemie-Prävention, neuere Erkenntnisse über gefährliche Arbeitsstoffe und diewachsende Bedeutung arbeitsbedingter Erkrankungen bleiben für den Arbeitnehmer:innenschutz herausfordernd. Zunächst wird spannend, wie sich der neue europäische Rahmen im Detail auf die Rechtsetzung und auf die kommende österreichische Arbeitnehmer:innenschutz-Strategie auswirken wird.

  • [1] Der „Soziale Dialog“ meint in diesem Rahmen vor allem den Einbezug der Sozialpartner, da diese besonders gut in der Lage seien, „(…) Lösungen zu finden, die den Umständen einer bestimmten Tätigkeit oder eines bestimmten Sektors Rechnung tragen.“ (Europäische Kommission 2021, S. 22).
  • [2] Unter Evidenzbasierung wird die Fundierung von Entscheidungen und Maßnahmen durch – mit hochwertigen Forschungsdesigns und Methoden gewonnene – wissenschaftliche Daten und aus diesen abgeleitete Theorien verstanden.
  • [3] Der Digitalisierungsdiskurs bezieht sich erstens auf eine Reihe von neueren (Informations-)Technologien wie etwa künstliche Intelligenz, Internet der Dinge und Robotik-Innovationen und zweitens auf die mit ihrer Nutzung verbundenen (erwartbaren) gesellschaftlichen und ökonomischen Veränderungen. Diese sind, wie Pfeiffer (2021) nachzeichnet, weniger auf den Bereich der Produktion gerichtet als auf jenen der effizienten Distribution von Waren und Gütern. Das spiegelt sich in einer hohen und steigenden Bedeutung von distributionsbezogenen Tätigkeiten und Berufen, wie etwa in Werbung und Marketing, Transport und Lagerung sowie Steuerung und Prognose, wider (vgl. ebd., S. 192–193 und 254–265).
  • [4] Siehe https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024 (zuletzt abgerufen am 11.08.2021).
  • [5] Die EU betrachtet ökologische Maßnahmen als Chance, um Märkte für „saubere“ Technologien und Produkte auf- und auszubauen. Mit Fokus auf Bereiche wie Energie, Verkehr und Bau/Sanierung soll die Schaffung von sogenannten „green jobs“, im Sinne von nachhaltigen und gut bezahlten regionalen Arbeitsplätzen, forciert werden.
  • [6] Siehe https://roadmaponcarcinogens.eu (zuletzt abgerufen am 09.08.2021).
  • [7] Directive 2000/54/EC of the European Parliament and of the Council of 18 September 2000 on the protection of workers from risks related to exposure to biological agents at work.
  • [8] Vgl. Empfehlung der Kommission vom 19. September 2003 über die Europäische Liste der Berufskrankheiten, Download unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32003H0670&from=EN (zuletzt abgerufen am 10.08.2021). Auch in Österreich können COVID-19-Erkrankungen gemäß der Liste der Berufskrankheiten unter der Position 38 „Infektionskrankheiten“ anerkannt werden, sofern die Betroffenen in bestimmten Unternehmen beispielsweise des Gesundheits- oder pädagogischen Bereichs beschäftigt sind. Vgl. Liste der Berufskrankheiten (§ 177 und Anlage 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes), abrufbar unter www.auva.at/berufskrankheiten (zuletzt abgerufen am 10.08.2021).
  • [9] Council Directive 89/654/EEC of 30 November 1989 concerning the minimum safety and health requirements for the workplace und Council Directive 90/270/EEC of 29 May 1990 on the minimum safety and health requirements for work with display screen equipment.
  • [10] Damit ist das Recht von Arbeitnehmer:innen gemeint, außerhalb ihrer Arbeitszeit nicht erreichbar zu sein. In einer entsprechenden Entschließung des Europäischen Parlaments bezeichnet der Begriff der „Nichterreichbarkeit“, dass „außerhalb der Arbeitszeit weder direkt noch indirekt mittels digitaler Werkzeuge arbeitsbezogene Tätigkeiten ausgeübt werden oder arbeitsbezogene Kommunikation erfolgt“ (Europäisches Parlament 2021, o. S.).
  • [11] Regelungen zu gefährlichen Arzneimitteln siehe Punkt „4) Beschäftigte im Gesundheitswesen und weitere spezifische Gruppen“ in diesem Artikel.
  • [12] Betrifft die Richtlinien über Asbest am Arbeitsplatz, über chemische Arbeitsstoffe und über Karzinogene und Mutagene.
  • [13] Siehe auch die Punkte „1) Digitalisierung und Green Deal“ sowie „4) Beschäftigte im Gesundheitswesen und weitere spezifische Gruppen“ in diesem Artikel.
  • [14] Peer Reviews dienen der Sicherstellung der Qualität von wissenschaftlichen Arbeiten und Projekten und werden von fachlich qualifizierten, unabhängigen Gutachtern durchgeführt.
  • [15] Siehe https://oiraproject.eu/de/oira-tools (zuletzt abgerufen am 10.08.2021).
  • [16] Angesiedelt im Beratenden Ausschuss für Sicherheit und ­Gesundheit am Arbeitsplatz (Advisory Committee on Safety and Health at Work, ACSH).
  • [17] Siehe https://cancer-code-europe.iarc.fr/index.php/de (zuletzt abgerufen am 09.08.2021).

QUELLEN

Zusammenfassung

Der neue strategische Rahmen der Europäischen Union für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz ist eine Leitlinie für die Aktivitäten der EU-Mitgliedstaaten. Die Autorin und der Autor legen dar, wo die Schwerpunkte des europäischen Arbeitnehmerschutzes bis 2027 liegen. 


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