Krebserzeugende Arbeitsstoffe
Galvanik: Glanzleistungen bei der Krebsprävention
Für glänzende Oberflächen kommen beim Galvanisieren krebserzeugende Verbindungen zum Einsatz. Good-Practice-Betrieb Lenhard GmbH Galvanotechnik erbringt Glanzleistungen sowohl bei der Oberflächenveredelung als auch beim Schutz vor gesundheitsgefährdenden Arbeitsstoffen.
Metallgegenstände erhalten durch das Galvanisieren nicht nur einen spiegelglatten oder seidenmatten Glanz, auch Korrosionsbeständigkeit und Verschleißfestigkeit werden erhöht. Um diese Eigenschaften zu erzielen, kommen krebserzeugende Chrom(VI)-, Cobalt- und Nickelverbindungen zum Einsatz – auch im Good-Practice-Betrieb Lenhard GmbH Galvanotechnik. „Beim Galvanisieren verwendet man naturgemäß gefährliche Arbeitsstoffe, nicht alle sind ohne Qualitätseinbußen ersetzbar. Daher ist das richtige Handling das Um und Auf“, betont Simone Lenhard, die gemeinsam mit ihrer Schwester Anja Schwarz den Familienbetrieb im oberösterreichischen Weng leitet.
Das vor genau 50 Jahren von Ing.Rudolf Lenhard gegründete, seit 2008 von seinen Töchtern geführte Unternehmen ist in den Sparten Galvanotechnik, Gestellbau und Computerized Numerical Control (CNC) tätig. Es beschäftigt rund 50 Mitarbeiter, zwei Drittel davon in der Galvanik. Galvanisiert werden kleine Metallteile bis zu einem Gewicht von maximal acht Kilogramm und einer Länge bis zu einem halben Meter, z. B. Brillengestelle oder Kleinteile für die Dentalmedizin über den Motorsport bis zur Flugzeugindustrie. Der Familienbetrieb ist für sein Engagement für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie im Bereich Umweltschutz bekannt. Letzteres wurde mit dem Umweltpreis des Landes Oberösterreich honoriert.
Verantwortungsbewusstsein soll auch der Belegschaft vermittelt werden, so Lenhard: „Wir machen unsere Angestellten auf mögliche Gesundheitsgefahren und auf die nötigen Schutzmaßnahmen aufmerksam. Gibt es Unklarheiten, ist es besser, noch einmal nachzufragen, bevor einem selbst oder einem anderen etwas passiert.“ Die Geschäftsführerin ermuntert ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit offenen Augen durch den Betrieb zu gehen und zu melden, falls ihnen etwas auffällt, das verbessert werden könnte. Besonderes Augenmerk wird auf die Information von Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern gelegt, die ausschließlich mit dem Ziel beschäftigt werden, sie in eine fixe Anstellung zu übernehmen.
Ing. Andreas Wiesinger, Chemiker in der AUVA-Landesstelle Linz, ist bei seinen Betriebsbesuchen positiv aufgefallen, dass Inputs zur Verbesserung des Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerschutzes bei Lenhard Galvanotechnik gerne angenommen werden. „Auch wenn man in der Galvanik mit Chrom(VI)-, Cobalt- und Nickelverbindungen arbeitet, kommt man im Routinebetrieb kaum mit krebserzeugenden Stoffen in Kontakt, wenn – wie bei Lenhard Galvanotechik – die Unterweisung richtig gemacht und persönliche Schutzausrüstung (PSA) verwendet wird“, so Wiesinger.
Gefahren im Routinebetrieb
Ende 2020 soll das neue AUVA-Merkblatt M.plus 340.10 „Krebserzeugende Arbeitsstoffe in Galvanikbetrieben. Routinebetrieb, Instandhaltung und Störung“ erscheinen. Inhalt wird unter anderem sein, bei welchen Tätigkeiten mit einer erhöhten Exposition zu rechnen ist, und wie die Aufnahme krebserzeugender Stoffe in den Körper erfolgt: Wenn die Stoffe versprüht bzw. durch Wasserstoffentwicklung aus dem Prozessbehälter ausgetragen werden, sich bei heißen Tauchbecken Aerosole bilden oder wenn es staubt, sind Atemwege und Lunge einer besonderen Belastung ausgesetzt. Eine Aufnahme durch die Haut ist bei Feuchtarbeit möglich. Bei Nichteinhaltung hygienischer Maßnahmen wie dem Ess-, Trink- oder Rauchverbot am Arbeitsplatz besteht zusätzlich ein Risiko durch Verschlucken.
Beim Umfüllen pulverförmiger Feststoffe stellt die Staubentwicklung ein Problem dar. Flüssigkeiten, etwa Nickellösung, können beim Umfüllen danebenrinnen oder bei der Probenahme spritzen. Dabei spielt es laut Wiesinger eine wesentliche Rolle, ob geeignete PSA zur Verfügung steht und ob sie auch richtig verwendet wird: „Befüllt man ohne Schutzhandschuhe ein Probenfläschchen aus einem Galvanikbad, ist Hautkontakt möglich.“ Keinesfalls dürfe man Heber oder Pipetten mit dem Mund ansaugen, da sonst gesundheitsgefährdende Stoffe verschluckt werden könnten, warnt Wiesinger: „Unfallmeldungen zeigen, dass das noch immer gemacht wird, aber nicht mehr so häufig wie früher.“
Gibt man beim Nachdosieren Chemikalien ins Galvanikbecken zu, kann es zu Spritzern auf die Haut oder die Arbeitskleidung kommen. Das Gleiche gilt für das Eintauchen der Metallteile ins Becken und das Herausnehmen der galvanisierten Werkstücke, das ruhig und langsam erfolgen sollte. Schutzbrille und -handschuhe können von der Lösung zwar nicht durchdrungen werden, normale Arbeitskleidung jedoch schon. Beim Entleeren von Galvanikbecken, Schläuchen und Pumpen ist ebenfalls ein Kontakt mit krebserzeugenden Chemikalien möglich.
Sogar die auf den ersten Blick „ungefährlich“ erscheinenden Kontrollgänge an Automaten und Anlagen bergen ein Risiko. „Wenn ein Teil zum Galvanisieren über einem Becken aufgehängt ist, kann er hineinfallen, z. B. wenn der Aufhängehaken aus Metall korrodiert ist, und dann spritzt es“, erklärt Wiesinger. Es sei daher notwendig, die Aufhängevorrichtungen regelmäßig zu kontrollieren, um Schäden zu erkennen. Nur so lasse sich vermeiden, dass infolge eines Bruchs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefährdet werden.
Instandhaltung und Reinigung
Gefahr für das Instandhaltungspersonal besteht vor allem durch unvermutet austretende Flüssigkeiten, wenn z. B. Armaturen ausgebaut, festkorrodierte Ventile, Hähne und Schieber betätigt oder Schrauben gelöst werden. Vor dem Einsteigen in einen Behälter muss sichergestellt sein, dass dieser keine gesundheitsschädigende Konzentration gefährlicher Arbeitsstoffe aufweist und ausreichend Sauerstoff in der Atemluft enthält. „Gase im Behälter können den Sauerstoff verdrängen. Wenn ein Behälter nicht mit Wasser gespült worden ist, bevor man schweißt, verdampfen die Chemikalien mit“, so Wiesinger.
Auch bei Reinigungs- und Entsorgungsarbeiten ist Vorsicht geboten, etwa bei der Entfernung von Rückständen vom Beckenrand, beim Reinigen von Becken, Geräten, Hilfsmitteln, Lüftung und Böden. Bei Arbeiten mit Hochdruckreinigern muss man den Rückprall der Reinigungsflüssigkeit beachten, der die reinigende Person, aber auch deren Kolleginnen und Kollegen treffen kann. Durch das Anbringen eines Schutzvorhangs lässt sich die Kontamination angrenzender Bereiche verhindern.
Substitution
Wie in allen Branchen, in denen krebserzeugende Arbeitsstoffe vorkommen, sollte auch in der Galvanik Substitution an erster Stelle stehen. Eine Möglichkeit besteht darin, Verbindungen des krebserzeugenden sechswertigen Chroms durch Chrom(III)-Verbindungen zu ersetzen. Ob das möglich ist, muss individuell verfahrenstechnisch geprüft werden. Bei Lenhard Galvanotechnik wird dreiwertiges Chrom derzeit versuchsweise verwendet. „Für das gleiche Ergebnis, z. B. um einen guten Korrosionsschutz zu erzielen, ist mit Chrom(III) ein viel höherer Aufwand notwendig“, erklärt Lenhard. Trotzdem werde der Probebetrieb weiter fortgesetzt.
Ist ein krebserzeugender Arbeitsstoff nicht durch einen anderen substituierbar, lässt sich das Gefahrenpotenzial durch eine niedrigere Konzentration verringern. Beim Umfüllen und bei der Zugabe von Chemikalien in die Galvanikbecken kann eine Belastung durch einatembare Stäube vermieden werden, wenn man anstelle von pulverförmigen Stoffen Lösungen verwendet. Substitution bedeutet aber auch, ein Arbeitsverfahren durch ein anderes zu ersetzen, bei dem die Beschäftigten gegenüber den gesundheitsgefährdenden Stoffen weniger exponiert sind.
Technische Schutzmaßnahmen
Früher händisch durchgeführte Tätigkeiten wurden bei Lenhard Galvanotechnik automatisiert, um eine Kontamination zu vermeiden. Im Chemikalienlager installierte man eine im eigenen Unternehmen gebaute Dosierstation für die krebserzeugende Nickellösung und die Reduktionslösung. „Wenn einem Galvanikbad eine Lösung zugesetzt werden muss, wird in der Abfüllstation die entsprechende Menge abgefüllt. Früher sind die Lösungen mit Fasspumpen abgefüllt worden. Die Pumpen mussten in die Fässer eingesetzt und wieder herausgenommen werden. Da hat es manchmal gespritzt“, erinnert sich Alexander Werni, Leiter des Bereichs Galvanik.
Ebenfalls im Chemikalienlager befindet sich die automatische Sackdosieranlage. Zum Entleeren legt man den Sack in die Sackaufgabe, wo er durch spitze Stifte in Position gehalten wird. Man schlitzt den Sack händisch auf und verschließt den Deckel. Dann kann das Produkt staubfrei in den Behälter geleert werden. Die Sackdosieranlage wurde im Haus hergestellt, ebenso wie die verwendeten Galvanisiergestelle. Dank des zweiten Standbeins von Lenhard Galvanotechnik, dem Gestell- und Werkzeugbau, lassen sich Lösungen für den Eigenbedarf direkt im Unternehmen entwerfen und umsetzen.
Stauben kann es auch beim Regenerieren der Becken, z. B. mit Nickelchlorid. Man muss das Pulver langsam ins Becken rieseln lassen, möglichst unter Verwendung einer Dosierhilfe. „Mittlerweile sollten Dosierhilfen in der Galvanik Standard sein, um Staubentwicklung zu vermeiden. Das Einrieseln dauert mit der Dosierhilfe etwas länger. Wie diese richtig gehandhabt wird, muss bei der Unterweisung gezeigt werden“, erklärt Wiesinger. Aerosole und Stäube sollten möglichst an der Entstehungsstelle abgesaugt werden. „Wenn sich ein Metallteil längere Zeit in der Salpetersäure befindet, können nitrose Gase entstehen, die abgesaugt werden müssen. Oft gibt es eine Absaugung bei den Becken, die aber nicht richtig dimensioniert oder an der falschen Stelle angebracht ist“, so Wiesinger. Bei Lenhard Galvanotechnik verfügen die Becken über eine Beckenrandabsaugung, wodurch keine zusätzliche Absaugung nötig ist. Im Chemikalienlager sind über der Wiege- und der Abfüllstation Absaughauben installiert.
Lagerung, Transport und Kennzeichnung
Um sich vor krebserzeugenden Stoffen am Arbeitsplatz schützen zu können, müssen diese durch Abgrenzung von Gefahrenbereichen und Kennzeichnung kenntlich gemacht sein. „Die Beckenkennzeichnung lässt in manchen Galvanikbetrieben zu wünschen übrig. Nötig wären Substanzbezeichnung, H-Sätze und GHS-Piktogramm“, weist Wiesinger auf diese auch für Erste-Hilfe-Maßnahmen wichtigen Informationen hin. Nach der CLP-Verordnung besteht die Verpflichtung, alle Chemikalienbehälter eindeutig zu kennzeichnen, bis zur kleinsten Probeflasche. Galvanikbecken und ortsfeste Tanks sowie Rohrleitungen, in denen Chemikalien transportiert und aufbewahrt werden, sind gemäß Kennzeichnungsverordnung zu kennzeichnen.
Bei Lenhard Galvanotechnik lagern gesundheitsgefährdende Stoffe in einem versperrten, mit Gefahrenpiktogrammen versehenen Schrank bzw. in einem mit einem Gitter abgesperrten Bereich im Chemikalienlager. Auch die Becken im Galvanikraum sind entsprechend gekennzeichnet. Der Zutritt zu den Gefahrenbereichen ist nur geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gestattet. Die Sicherheitsdatenblätter zu den Stoffen befinden sich in einem Ordner griffbereit im Galvanikbüro, zusätzlich sind sie im Firmencomputer gespeichert und jederzeit abrufbar. Ortsveränderliche Behälter, die dem täglichen Bedarf dienen oder gedient haben, sind an vorgegebenen Stellen im Betrieb zu lagern. Diese Lagerplätze müssen als solche erkennbar und mit einer Sicherheitskennzeichnung versehen sein. Es ist darauf zu achten, dass die Fässer dicht verschlossen und mit dem Spundloch nach oben aufgestellt sind. Für eine sichere Manipulation darf man die Fässer nicht rollen, sondern sollte sie mit einer Tragevorrichtung befördern.
Bei Glasbehältern besteht Bruchgefahr, daher braucht man für den Transport Schutzbehälter bzw. Tragekästen. Glas ist nicht für alle Flüssigkeiten geeignet, so würde es z. B. von Flusssäure aufgelöst werden. Allgemein ist darauf zu achten, dass das Material eines Behälters die nötige Beständigkeit aufweist. Um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen, dürfen gefährliche Arbeitsstoffe nicht in Getränkeflaschen, Konservengläser oder andere Lebensmittelbehälter umgefüllt werden.
Reinigung, Hygiene und Schulung
Lenhard betont, dass in ihrem Unternehmen Hygiene großgeschrieben wird: „Für die Reinigung in der Galvanik sind die Galvaniseure und Bestückerinnen selbst zuständig. Jeden Freitag ist eineinhalb Stunden vor Betriebsschluss Produktionsschluss, in dieser Zeit wird nur gereinigt.“ Erleichtert wird die Reinigung durch den im Galvanikraum verlegten chemikalienbeständigen Industrieboden. Sollte es zu einer Kontamination kommen, wird der Boden mit Wasser abgespritzt. Aufgrund der Neigung des Bodens kann die Flüssigkeit leichter ablaufen. Für die Reinigung der übrigen Räume inklusive des Chemikalienraums sind speziell geschulte Reinigungskräfte zuständig. Eine Reihe von Maßnahmen sorgt bei Lenhard Galvanotechnik dafür, dass Verschlucken und Verschleppung von gesundheitsgefährdenden Stoffen innerhalb des Betriebs und zu den Familien der Angestellten vermieden wird. Die Beschäftigten in der Galvanik bewahren ihre Trinkflaschen in verschlossenen Kästen auf. Die Pausen verbringen sie in einem Pausenraum mit kleiner Küche, der abgetrennt von der Produktion im Gestellbau-Bereich liegt. In der Früh entnehmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die saubere Arbeitskleidung einem mit ihrem Namen versehenen Kästchen, nach Arbeitsende verpacken sie die gebrauchte Kleidung in Säcke. Die Reinigung übernimmt eine professionelle Reinigungsfirma.
Damit die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Hygienevorschriften und andere Schutzmaßnahmen auch einhalten, werden sie entsprechend geschult. „Weil wir als Galvanikbetrieb ein großes Gefahrenpotenzial haben, ist es wichtig, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verstehen, worum es geht, und Verantwortung übernehmen. Das ist eine Grundvoraussetzung, das Technische kann man lernen“, so Lenhard. Bei neuen Arbeitskräften sei das ein Lernprozess, der von ihnen bereitwillig in Angriff genommen werde.
Personenbezogene Maßnahmen
„Alle, die bei uns arbeiten, sind geschult und unterwiesen, auch zur Verwendung der persönlichen Schutzausrüstung“, betont Werni. Beachtet wird nicht nur das Tragen der geeigneten PSA, sondern ebenso das richtige Ablegen, um eine Kontamination zu vermeiden, z. B. beim Ausziehen der Schutzhandschuhe. Da im Unternehmen nur kleine Metallteile galvanisiert werden und die Beschickung der Anlage ausschließlich händisch erfolgt, kommt dem Handschutz eine besondere Bedeutung zu. Kann Hautkontakt verfahrensbedingt nicht ausgeschlossen werden, ist die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber verpflichtet, geeignete Chemikalienschutzhandschuhe zur Verfügung zu stellen. Das Handschuhmaterial muss gegen den gefährlichen Stoff ausreichend beständig und undurchlässig sein. Die Handschuhe sind zu wechseln, wenn die vom Hersteller angegebene Durchbruchszeit erreicht ist, wobei man die einzelnen Tragezeiten zusammenrechnet. Durch eine erhöhte mechanische Beanspruchung des Handschuhmaterials oder hohe Temperaturen kann die Durchbruchszeit früher als angegeben erreicht sein. Ein Wechseln ist jedenfalls nötig, wenn die Handschuhe beschädigt sind. Beim Abfüllen von Chemikalien bzw. beim offenen Hantieren mit Säuren und Laugen muss eine Schutzbrille oder ein Gesichtsschutz verwendet werden, was Wiesinger auch für die Beckenkontrolle empfiehlt. Welche PSA zusätzlich zu Schutzbrille und -handschuhen erforderlich ist, hängt von der Gefährdungsbeurteilung ab. Beim Umfüllen und beim Reinigen der Galvanikbecken sollte man Gummihose bzw. -schürze und Gummistiefel tragen. Auch hier kommt es darauf an, es richtig zu machen, betont Wiesinger: „Man darf die Hose nicht in die Stiefel stecken, sonst merkt man nach zirka einer halben Stunde, dass es juckt und brennt. Dann löst sich die Haut ab. Die Folge können Hauttransplantation und mehrere Monate Krankenstand sein.“
Eine Halbmaske verwenden die Mitarbeiter von Lenhard Galvanotechnik beim Umfüllen von Säuren und beim Zugeben von pulverförmigen Chemikalien in die Becken. Einen wesentlichen Input dazu habe der AUVA-Präventionsschwerpunkt zu krebserzeugenden Arbeitsstoffen geliefert, so Lenhard: „Durch die Kampagne sind wir draufgekommen, dass wir für die Halbmaske nicht nur einen Gas-, sondern für staubende Chemikalien auch einen Partikelfilter brauchen.“
Verhalten im Notfall
Kommt es trotz aller Schutzmaßnahmen zur Kontamination mit einem krebserzeugenden Stoff, müssen möglichst rasch Notfallmaßnahmen gesetzt werden. Empfohlen wird, mobile Notfallwägen oder Notfallsets bereitzustellen, die alle nötigen Materialien zum schnellen und sicheren Binden gefährlicher Stoffe – etwa Bindemittel, Schaufel, Besen, verschließbaren Behälter und PSA – beinhalten. Bei der Verwendung von giftigen Arbeitsstoffen, z. B. von Flusssäure oder Cyaniden, ist ein entsprechendes Gegengift bereitzuhalten. Um bei Kontakt des Stoffs mit Augen oder Haut schlimmere Folgen zu vermeiden, benötigt man Augenspülflasche und Körperdusche, deren Funktion einmal pro Monat überprüft werden sollte. Dass die Notdusche bei Lenhard Galvanotechnik bisher nur zu Testzwecken aufgedreht werden musste, führt Lenhard auf die Einhaltung der Schutzmaßnahmen zurück. Die Geschäftsführung achtet darauf, alle Maßnahmen dem jeweiligen Stand der Technik anzupassen; so wurden beispielsweise die Absaugungen schon mehrmals erneuert. Bereits vor dem AUVA-Schwerpunkt sei man im Unternehmen auf die Gefahren durch krebserzeugende Arbeitsstoffe sensibilisiert gewesen, so Lenhard, langfristig werde versucht, sechswertiges Chrom zur Gänze zu ersetzen.
FAQ zu krebserzeugenden Arbeitsstoffen: Die AUVA antwortet!
Im Rahmen des AUVA-Präventionsschwerpunktes „Gib Acht, Krebsgefahr!“ beantworten AUVA-Expertinnen und -Experten in jeder Ausgabe von SICHERE ARBEIT bis Ende 2020 häufig gestellte Leserfragen zum Thema krebserzeugende Arbeitsstoffe.
Haben auch Sie Fragen? Dann senden Sie diese an FAQkrebsgefahr@auva.at!
Was sind künstliche Mineralfasern (KMF) und sind alle krebserzeugend?
Künstliche Mineralfasern (KMF) werden aufgrund ihrer wärme- und schallisolierenden Wirkung häufig als Baustoff eingesetzt. Nicht alle KMF sind als krebserzeugend eingestuft. Hinsichtlich des gesundheitlichen Risikopotenzials ist zwischen feuerfesten Keramikfasern sowie „alter“ Mineralwolle auf der einen und „neuer“ Mineralwolle auf der anderen Seite zu unterscheiden.
Für feuerfeste Keramikfasern wurde im September 2020 ein neuer Arbeitsplatzgrenzwert in die Grenzwerteverordnung (GKV 2018, BGBl. II 382/2020) aufgenommen – sie gelten als eindeutig krebserzeugend (Anhang III C). Feuerfeste Keramikfasern und die sogenannten „alten Mineralwollen“ (hergestellt bis 1996, verkauft bis 1998), die ebenfalls eindeutig krebserzeugend oder krebsverdächtig sind, kommen bei Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten häufig vor.
„Neue“ Mineralwollen (Glas- und Steinwolle produziert nach 1996) haben dagegen, bei Einhaltung der Staubgrenzwerte, ein geringeres gesundheitliches Risikopotenzial. Sie sind NICHT als krebserzeugend eingestuft und durch entsprechende Gütesiegel gekennzeichnet (EUCEB, RAL).
Bei allen künstlichen Mineralfasern ist die chemische Zusammensetzung für die krebserzeugende Wirkung relevant. Dazu gibt es den „Kanzerogenitätsindex“, der aus der chemischen Zusammensetzung berechnet wird. Weiters sind bei künstlichen Mineralfasern der Durchmesser von weniger als drei Mikrometern, die Länge von mehr als fünf Mikrometern und das Verhältnis von Länge zu Durchmesser von größer als 3 : 1 als Faserdefinition anzuwenden.
Ist Quarzfeinstaub krebserzeugend und wo kommt er überall vor?
Laut Änderung der Grenzwerteverordnung (GKV 2018, BGBl. II 382/2020) aus September 2020 gelten alveolengängige Stäube von kristallinem Siliziumdioxid (Quarzfeinstaub), die bei Arbeiten entstehen, bei denen aufgrund eines Arbeitsverfahrens eine Exposition gegenüber Quarzfeinstaub besteht, als eindeutig krebserzeugend.
Als alveolengängiger Staub wird jener Staubanteil bezeichnet, dessen Partikel so klein sind, dass sie beim Einatmen über die Atemwege aufgenommen werden und bis in die Alveolen (Lungenbläschen) vordringen können.
Welche Anforderungen und Empfehlungen gibt es für den sicheren Umgang mit Quarzfeinstaub?
Informationen zu Schutzmaßnahmen im Umgang mit kristallinem Quarzfeinstaub finden sich beispielsweise:
- im AUVA-Merkblatt M.plus 340.6 „Krebserzeugende Arbeitsstoffe auf Baustellen“ (www.auva.at/merkblaetter)
- im „Leitfaden über bewährte Praktiken zum Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer durch gute Handhabung und Verwendung von kristallinem Siliciumdioxid und dieses enthaltender Produkte“ (siehe https://www.nepsi.eu/de)
- im BGIA-Report 8/2006 „Quarzexpositionen am Arbeitsplatz“ der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) (https://publikationen.dguv.de/)
Ein weiteres AUVA-Merkblatt zum Thema Quarzfeinstaub ist derzeit in Ausarbeitung.
Die Sammlung aller Fragen und Antworten zu krebserzeugenden Arbeitsstoffen können Sie auf der Webseite zum AUVA-Präventionsschwerpunkt nachlesen: www.auva.at/krebsgefahr, Menüpunkt „Häufig gestellte Fragen (FAQ)“.
Zusammenfassung
Beim Galvanisieren werden krebserzeugende Chrom(VI)-, Cobalt- und Nickelverbindungen verwendet. Wenn man Schutzmaßnahmen nach der STOP-Rangfolge ergreift, kommen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Routinebetrieb kaum mit den krebserzeugenden Stoffen in Kontakt. Zu den Vorzeigebetrieben beim Schutz vor gesundheitsgefährdenden Arbeitsstoffen zählt der oberösterreichische Familienbetrieb Lenhard Galvanotechnik. Dieser hat das krebserzeugende sechswertige Chrom bereits zum Teil ersetzt.