Neue Arbeitswelten
Digitale Transformation – Gesundheit und Lernen am Arbeitsplatz ade? (1)
Die weltweite digitale Transformation beeinflusst beinahe alle Branchen, die „digitale Fitness“ entscheidet über den Erfolg von Unternehmen. Wie aber wirkt sich das rasante Veränderungstempo auf den arbeitenden und lernenden Menschen aus? Was gibt es dabei zu beachten? Besondere Herausforderungen bilden die Gesunderhaltung der arbeitenden Menschen und die Förderung adäquater Lernmöglichkeiten im Unternehmen.
Neue Technologien, agile Arbeitsformen, mobil-flexible Arbeitsplätze und andere Entwicklungen beeinflussen, wie und wo wir in Zukunft arbeiten werden. Der digitale Wandel vollzieht sich weltweit, nicht nur in Industriestaaten. Wie Studien zeigen, erwarten sich Unternehmen dadurch Vorteile wie jährliche Kosteneinsparungen von 3,6 Prozent und Umsatzsteigerungen von durchschnittlich 2,9 Prozent [1]. Auch neue Geschäftsfelder und Märkte sollen sich ergeben sowie eine zunehmende Automatisierung der Geschäftsprozesse, u. a. durch Robotic Process Automation (RPA) und datenbasierte Analysen [2]. Als vielversprechendste Technologie gilt die Entwicklung im Bereich künstliche Intelligenz (KI) mit vielseitigen Einsatzmöglichkeiten – z. B. Spracherkennung und -verarbeitung sowie automatisierte Entscheidungsunterstützung. Auch der Wegfall von Markteintrittsbarrieren zählt zu den Vorteilen. Schwierigkeiten zeigen sich dabei nicht nur im Finden der dazu nötigen Spezialistinnen und Spezialisten in ausreichender Zahl [1]. Auch die konsequente Nutzung von Data Analytics ist in den Unternehmen noch nicht gegeben.
Die digitale Transformation erfordert jedoch nicht ein „Mehr“ an Technologien oder Digitalisierung, sondern eine breite Palette an Innovation auf verschiedenen Ebenen, von Regulierung und Strukturierung bis hin zur Entwicklung einer neuen Unternehmenskultur. Erforderlich ist nichts weniger, als die Geschäftsmodelle auf neue Beine zu stellen. Österreichweit lässt sich vor allem bei Klein- und Mittelbetrieben ein gewisser Aufholbedarf feststellen. So wird im Digital-Dossier des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort 2018 [3] für ca. jedes dritte KMU konstatiert, den digitalen Technologien keine große Relevanz für das eigene Geschäftsmodell zuzumessen. Eine Studie von Ernst & Young hat erhoben, dass lediglich 21 % der KMU in digitalen Technologien eine sehr große Relevanz für ihr Geschäftsmodell sehen [4].
Österreich hat Nachholbedarf
Die meisten Indikatoren verschiedener Erhebungen weisen darauf hin, dass Österreich, was den Stand der Digitalisierung betrifft, europaweit bestenfalls im Mittelfeld liegt, in einigen Bereichen auch weiter zurück [5]. Auffallend ist bei Betrachtung der gegenwärtigen Situation, dass Österreich trotz relativ hoher Investitionen der Unternehmen im IKT-Bereich in den Rankings zurückliegt. Das ist u. a. auf die im internationalen Vergleich geringe Nachfrage der privaten Haushalte zurückzuführen [6]. Ein Investieren in digitale Fertigkeiten und digitale wirtschaftliche Weiterentwicklung ist schon deshalb notwendig, um den heutigen Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Breite Initiativen können einer möglichen digitalen Kluft innerhalb der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Unternehmen entgegenwirken. Die Folgen fehlender breiter politischer Unterstützung der Digitalisierung skizziert die stellvertretende Direktorin der AK Wien, Maria Kubitschek, 2019: „Die Konsequenzen sind Wettbewerbsnachteile für österreichische Unternehmen und letztendlich ein Wohlstandsverlust“ [6].
Lernen und dabei vor allem das Konzept des lebenslangen Lernens und die sorgfältige Auswahl und Implementierung psychologisch fundierter Lernkonzepte erlangt dabei eine neue Bedeutung. Darauf und auf das Erleben von Veränderungen durch die Digitalisierung soll eingegangen werden. Denn Profit ist letztendlich nicht alles: Was zählt, ist der Mensch!
Definitionen & Facts
Passig und Scholz [7] plädieren dafür, dass der Begriff der Digitalisierung zunächst genauer definiert werden soll, da er diffus verwendet wird: Digitale Transformation ist Problemlösen mit den bestmöglichen technischen Mitteln [8] [9]. Zur differenzierten Betrachtung von Problemen braucht es Arbeitsweisen wie Design Thinking oder Brainstorming. Sobald ein Verständnis für diese Themen vorliegt, kann man neue Technologien nutzen und technische Lösungen finden. Beispielsweise wird überlegt, ob man einen Prozess noch braucht oder ob dieser nicht mit Hilfe einer neuen Technologie vereinfacht werden kann. Wichtig ist dabei, dass der Start der digitalen Transformation immer die kundenzentrierte Lösung ist, NICHT die Technologie selbst!
Der Prozess umfasst folgende Stufen:
Stufe 1 – Digitale Transformation: Darunter ist der Wandel der Unternehmenswelt durch neue Internettechnologien zu verstehen, welcher Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft nach sich zieht: Von der Produktion bzw. Dienstleistung über den Kunden bis hin zum Lieferanten. Zur Performancesteigerung kommen dafür digitale Informations- und Kommunikationstechnologien zum Einsatz, um Unternehmensprozesse, Kundenerlebnisse und Geschäftsmodelle zu transformieren bzw. weiter zu entwickeln [8][9].
Stufe 2 – Digitale Nutzung: Hier geht es um die Anwendung der digitalen Tools.
Stufe 3 – Digitale Kompetenz: Diese beschreibt den Umgang mit neuen Technologien.
Digitalisierung an sich ist der Prozess, um analoge Medien in digitale Formate zu verwandeln [9][10]. Beispiele für die Digitalisierung sind Bilder, Filme, Musik etc., wobei analoge Informationen wie Bild oder Ton in digitalen Einheiten abgespeichert werden. In Unternehmen werden nach demselben Prinzip Inhalte (Briefe, Notizen …) Prozesse oder Informationen digitalisiert, d. h., es erfolgt ein Abbilden mit Hilfe digitaler Mittel. Dabei laufen oft Digitalisierung und Automatisierung Hand in Hand, wie z. B. ein automatischer Rechnungsversand nach einer Bestellung oder automatische Lohnabrechnung anhand der eingegebenen Stunden.
Eine Studie mit Verantwortlichen von über 2.000 Unternehmen in 26 Ländern zeugt vom hohen Stellenwert des Themas Digitalisierung [1]:
- Der durchschnittliche Digitalisierungsgrad soll binnen fünf Jahren von 33 auf 72 Prozent steigen.
- Ca. fünf Prozent des Umsatzes sollen jährlich dafür investiert werden.
Im europäischen Vergleich liegt Österreich in der Digitalisierung nur im Mittelfeld: im aktuellen DESI-Index (Digital Economy and Society Index) im Jahr 2019 auf Rang 10 von 28 mit dem Verlust von einem Platz im Vergleich zum Vorjahr [2].
Herausforderungen
Zahlreiche Unternehmen versuchen, ausschließlich bestehende Prozesse und Geschäftsbereiche mit digitalen Tools und Prozessen abzubilden, um das Durchführungstempo zu steigern. Dabei werden häufig neue Chancen, Herausforderungen sowie auch Möglichkeiten vergessen. Aus arbeitspsychologischer Sicht entstehen hier für die Beschäftigten gesundheitsgefährdender bzw. leistungsmindernder Stress und Druck: Jeder vierte Erwerbstätige hat Stress am Arbeitsplatz bzw. ist erschöpft [11], wobei junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter häufiger Stress und Erschöpfung zeigen und Führungskräfte weniger gestresst sind als Beschäftigte ohne Führungsverantwortung. In aktuellen österreichischen Studien bewerten Menschen ihren eigenen Gesundheitszustand zunehmend als schlecht, Stress und Burn-out-Gefährdung werden als mögliche Ursachen genannt. Als psychisch besonders belastend werden immer wieder Mobbing, Leistungsdruck, Zeitdruck, ständige Erreichbarkeit und Verfügbarkeit, aber auch finanzieller Druck und Angst vor Jobverlust ins Treffen geführt. Auswirkungen dieser Belastungen sind häufig körperliche und seelische Gesundheitsprobleme [12]. In Hinblick auf die neuesten, durch die Corona-Pandemie evozierten Veränderungen im Bereich der Erwerbsarbeit ist eine wesentlich höhere Belastung der Führungskräfte durch die Online-Führung erwartbar. Die aktuelle Anzahl der Stressfaktoren in der digitalen Welt ist kaum abschätzbar. Digitalisierung bewirkt einen Wandel der Berufsbilder, beschleunigt Prozesse, wirkt sich auf die Jobsicherheit aus und führt zu einer zunehmenden räumlichen und zeitlichen Entgrenzung, die den Druck steigern kann. Dazu gesellen sich weitere Stressfaktoren am Arbeitsplatz wie Ökonomisierung, Individualisierung und Globalisierung [13].
Dies wird jedoch unterschiedlich erlebt [14]. Jüngere bewerten das zunehmende Arbeitstempo positiver als Ältere. Bezüglich des Geschlechts bestehen hier keine nennenswerten Unterschiede. Bei den durch die Digitalisierung verursachten Veränderungen empfinden
- ca. 80 Prozent der Befragten, dass die Digitalisierung ihre Arbeitsanforderungen vielfältiger gemacht habe,
- ca. 70 Prozent, dass sie jetzt autonomer seien,
- ca. 60 Prozent, dass die Arbeit durch die Digitalisierung erleichtert wurde.
Was aber vermisst wird, sind Rückmeldungen zur Arbeit, das Gefühl von Glück und die Wichtigkeit von Aufgaben. Zunehmend wird bei Beschäftigten und Unternehmen der Begriff des „Wohlbefindens am Arbeitsplatz“ wichtiger. Hier können arbeitspsychologische Konzepte zur Gestaltung von Arbeitsaufgaben, -abläufen und -prozessen, aber auch Führungsthemen regulierend eingreifen. Eine wesentliche Aufgabe für die Zukunft wird es sein, in Prävention zu investieren [12].
Digitalisierung verändert die Vorstellungen von menschlicher Identität und Selbstverständnis. Das menschliche Erleben, durch Intelligenz und Steuerungsmöglichkeiten komplexe Situationen im Arbeitskontext zu bewältigen und dadurch Zufriedenheit und Motivation zu erhöhen, gerät ins Wanken. Maschinen/Technologien werden zunehmend als „bessere, präzisere Arbeiter“ wahrgenommen und nicht mehr nur als „Automaten“. Dieser Wandel lässt Menschen wohl auch in Zukunft noch intelligente Konzepte entwickeln, die dann aber von lernenden technischen Systemen optimiert werden. Die Anforderungen an Beschäftigte und Führungskräfte werden zunehmend im empathischen und kreativen Bereich liegen.
Drei Viertel der Befragten erleben zeitlich und räumlich flexibles Arbeiten als positiv. Das am häufigsten genannte Angebot ist Homeoffice, gefolgt von Gleitarbeitszeit und Jahresarbeitszeit. Knapp 50 Prozent können innerhalb ihrer Organisation mobiler Arbeit nachgehen, knapp ein Viertel kann Co-Working-Spaces (Büroräumlichkeiten, die weder Homeoffice noch Büro am Organisationssitz sind) nutzen. Je größer das Unternehmen, desto eher besteht die Chance auf mobile Arbeit.
In der Phase der Corona-Krise und in näherer Zukunft kommt nun Arbeitsformen wie Homeoffice, Onlinemeetings und „Remote“-Führung eine neue Bedeutung zu. Einige der in der Corona-Krise zwangsweise etablierten „neuen“ Arbeitsformen werden bleiben, andere wieder zurückgehen. Künftig wird aber vermehrt darauf zu achten sein, dass die Rahmenbedingungen für Beschäftigte und Führungskräfte angepasst werden und somit der Steigerung psychischer Fehlbelastungen Einhalt geboten werden kann. Detaillierte Ausführungen dazu siehe Amon-Glassl & Birbaumer 2020 [15].
Das mittlerweile populäre Desksharing-Konzept wird von unterschiedlichen Persönlichkeitstypen anders erlebt: Man vermutet, dass das Aufheben von festen Arbeitsplätzen eher extravertierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entgegenkommt und ein gewisser Anteil an Beschäftigten mit dem Verlust ihrer klaren räumlichen „Heimat“ im Unternehmen hadert [16]. Z. B. können laut Forschung Menschen in Großraumbüros mit Desksharing, wo Beschäftigte keinen eigenen fixen und damit gestaltbaren Arbeitsplatz mehr haben, das Gefühl erhalten, (leicht) austauschbar zu sein [17][18]. Dieses Gefühl von Austauschbarkeit bewirkt einen Anstieg von durchschnittlich 12 Health-Events (Tage mit Krankheit bzw. verminderter Leistungsfähigkeit) auf 15 Health-Events pro Jahr. Dadurch erhöhen sich sowohl Präsentismus als auch Absentismus [19]. Hier wirkt unterstützend, Abteilungen bzw. Arbeitsgruppen ein jeweiliges eigenes Territorium zur Verfügung zu stellen.
Rund ein Fünftel der Beschäftigten verfügt über keinen fixen Arbeitsplatz mehr, wobei sich eine von zehn Personen nicht richtig der Organisation zugehörig fühlt [14]. 80 Prozent verfügen derzeit noch über einen eigenen Arbeitsplatz, aber fast 60 Prozent davon gehen davon aus, dass dies in fünf Jahren nicht mehr der Fall sein wird. Das empfinden wiederum 40 Prozent als eher positiv, die Mehrheit sieht darin jedoch sowohl Vor- wie auch Nachteile. Gerade diese Einschätzungen müssen im Lichte des monatelang erzwungenen Homeoffice für viele Beschäftigte vermutlich neu bewertet werden. Homeoffice verleiht dem Terminus „fixer Arbeitsplatz“ eine andere Bedeutung. Aus früheren Erfahrungen mit Desksharing ist auch evident, dass eher ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter diesem Konzept leiden und sich „abgeschoben“ fühlen, nicht wertgeschätzt und ersetzbar. Auf diese Personengruppe ist daher auch in Zeiten des vermehrten Homeoffice besonders zu achten.
Die Informationsweitergabe und Kommunikation hat sich unter der Digitalisierung ebenfalls verändert [14]. Vier Fünftel der Befragten einer Studie fühlen sich in der Teamkommunikation dank digitaler Medien besser informiert. Dennoch gibt die Mehrheit an, nicht effizienter zu arbeiten. Auch das Gefühl der Teamzugehörigkeit wird nicht gesteigert. Hier sind vermehrte Anforderungen an Führungskräfte zu orten, welchen dafür arbeitspsychologisch fundierte Trainings bezüglich der Besonderheiten von digitaler Führung zuteilwerden sollten. Zu den Inhalten zählen höhersequenzielle, aber dafür in kürzeren Zeitspannen abgehaltene Meetings, häufigere Wiederholungen und Abstimmungen von Inhalten, Fragetechniken, Schaffung von Strukturen für digitale Kommunikation, klare Auftragsformulierungen, Feedbackkultur, Explizitmachen von Erwartungen u. v. m.
Zur Erhaltung der Gesundheit, Arbeitsfähigkeit und Produktivität sind zudem klare Vereinbarungen zur digitalen Erreichbarkeit notwendig [15]. Fast die Hälfte der Beschäftigten ist auch außerhalb der Arbeitszeit digital erreichbar, und drei Viertel sind während der Arbeitszeit privat online [14]. Bei rund 50 Prozent der Befragten verschlechtert die permanente digitale Erreichbarkeit Gesundheit und Schlaf. Deshalb braucht es zur Erhaltung der Arbeits- und Leistungsfähigkeit wie auch der Produktivität klar definierte Zeiten der Erreichbarkeit und eine sorgfältige Pausengestaltung [15].
Die digitale Erreichbarkeit wird umso weniger als störend erlebt, je selbstbestimmter sie gestaltet werden kann [10]. Die Zahlen der IAP-Studie zeigen, dass die Mehrheit der befragten Fach- und Führungskräfte die eigene Erreichbarkeit als mehrheitlich oder sogar ausschließlich selbstbestimmt erlebt [14]. Wünschenswert ist dennoch für mehr als 50 Prozent eine klarere Regelung der Erreichbarkeitserwartungen außerhalb der Arbeitszeit.
Voraussetzungen & Ziele der digitalen Transformation
Zu den Voraussetzungen [8] für eine erfolgreiche digitale Transformation zählt u. a. ein agiles Managementkonzept, welches Digitalisierung als kontinuierlichen Prozess und nicht als Projekt versteht. Eine offene Innovationskultur ist für die Weiterentwicklung von Produkten und des Unternehmens selbst unabdingbar. Eine Bereitschaft für kontinuierliches Lernen muss als Basis vorhanden sein mit einer Akzeptanz von trial & error, d. h., dass das Scheitern zur Unternehmenskultur gehört, um daraus regelmäßig Lerneffekte generieren zu können.
Dabei wird auch das Prinzip der „horizontalen Evolution“ hochgehalten: Eine Vernetzung mit zielaffinen Unternehmen wird angestrebt, um die synergetischen Effekte zu steigern. Die „vertikale Evolution“ sieht zusätzlich die Vernetzung mit zielaffinen Abteilungen bzw. Ressorts innerhalb des Unternehmens vor. Essenziell dabei ist die Transparenz, die man durch die maximale Einbindung aller Abteilungen/Ressorts erreicht.
Studien [14] belegen, dass rund die Hälfte der Beschäftigten meint, das digitale Zeitalter bringe in erster Linie mehr Selbstführung und mehr Führung auf räumliche Distanz mit sich. Die Führungskräfte selbst sollen durch die Digitalisierung stärker unter Druck geraten. Ebenfalls gibt ein beträchtlicher Anteil der Befragten an, dass die Führung über Identifikation und Ziele zugenommen habe, und ein Drittel geht davon aus, dass heute mehr partizipative Führung stattfindet. 30 Prozent der Befragten meinen, dass Führung vermehrt über digitale Kanäle stattfindet und die Hierarchien flacher geworden sind. Andererseits habe die Digitalisierung statt zu mehr Leadership zu mehr Management, Kontrolle und Überwachung geführt. Dies widerspricht aber jenen Befunden, die belegen, dass genau diejenigen Beschäftigten, die FREIWILLIG zu Hause arbeiten, nachweislich mehr Output, sowohl im Homeoffice wie auch in der Präsenzarbeitszeit, produzieren und höher motiviert sind [21]. Deshalb sind gerade hier Kontrolle und Druck fehl am Platz! Stattdessen spielt für die Leistungsfähigkeit von Teams Vertrauen eine große Rolle, wie Prof. Dr. Uta Wilkens von der Universität Bochum betont [22]. Vertrauen lässt sich u. a. mit den Führungsinstrumenten Mitarbeitergespräch, Wertschätzung, konstruktives Feedback und Schaffung von Gelegenheiten zum sozialen Austausch gut aufbauen.
Zudem ist es sehr wichtig, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens in den Prozess der Digitalisierung aktiv miteinzubeziehen und deren individuelle digitale Fähigkeiten weiter zu entwickeln[2].
Lifelong Learning
Um den Neuerungen im IT-Bereich gerecht zu werden, ist es unabdingbar, lebenslanges Lernen als Grundkonzept zu forcieren und psychologisch fundierte Lernmethoden in den Fokus zu rücken beziehungsweise näher zu beleuchten [23]. Vor allem auf Konzepte der Selbstregulation bzw. die Vermittlung von kognitiven Strategien, welche nebst Arbeitsgestaltung eine Basis für Qualifikation darstellen, soll in der nächsten Ausgabe im Teil 2 dieses Artikels eingegangen werden.
Insgesamt gilt es, im Rahmen der digitalen Transformation sorgfältig auf die Balance zwischen den Vor- und Nachteilen für die Unternehmen selbst wie auch für ihre Beschäftigten, Kunden und Kundinnen, Lieferanten etc. zu achten. Dies gelingt am besten im Rahmen der Prävention, indem man nach arbeitswissenschaftlich fundierten und praxiserprobten Konzepten zur Arbeits- und Organisationsgestaltung sowie zum Lernen vorgeht. Dabei stellen Problemlösungsstrategien, Anpassungsfähigkeit, Selbststeuerung und Kreativität zunehmend wichtige Kompetenzen im digitalen Zeitalter dar, für deren Entwicklung geeignete Lernstrukturen geschaffen werden müssen.
Literatur
- https://www.pwc.com/gx/en/industries/industries-4.0/landing-page/industry-4.0-building-your-digital-enterprise-april-2016.pdf Zugriff am 27.8.2020
- https://www2.deloitte.com/at/de/seiten/strategy-operations/articles/digitale-transformation.html Zugriff am 27.8.2020
- https://www.bmdw.gv.at/DigitalisierungundEGovernment/Documents/DigitalDossier.pdf?ref=articletext Zugriff am 27.8.2020
- https://www.derbrutkasten.com/kmu-oesterreich-daten-fakten/ Zugriff am 27.8.2020
- https://www.bmdw.gv.at/Services/Zahlen-Daten-Fakten/DigitalesInZahlen/Digital-Economy-and-Society-Index.html Zugriff am 27.8.2020
- https://wien.arbeiterkammer.at/digitalisierung Zugriff am 27.8.2020
- Passig, K., & Scholz, A. (2015). Schlamm und Brei und Bits. Warum es die Digitalisierung nicht gibt. Merkur, 69(11), 75–81.
- https://academy.technikum-wien.at/ratgeber/digitale-transformation-was-ist-das/ Zugriff am 27.8.2020
- https://morethandigital.info/digitalisierung-vs-digitale-transformation-wo-liegt-der-unterschied/ Zugriff am 27.8.2020
- https://morethandigital.info/digital-digitalisierung-begriffserklaerung-bedeutung-und-abgrenzung/ Zugriff am 27.8.2020
- Gesundheitsförderung Schweiz. (2016). Job-Stress-Index 2016: Ein Viertel der Erwerbstätigen ist erschöpft und gestresst. https://gesundheitsfoerderung.ch/ueber-uns/medien/medienmitteilungen/artikel/job-stress-index-2016-ein-viertel-der-erwerbstaetigen-ist-erschoepft-und-gestresst.html Zugriff am 27.8.2020
- Birbaumer, A. (2020). Warum ist die Förderung der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz so wichtig? Unveröffentlichtes Manuskript, im Erscheinen
- Hunziker, R. (2015, März 29). Depressionen: „Nicht nur die Freiheit, auch die Erwartung ist gewachsen“. NZZ am Sonntag. https://www.nzz.ch/nzzas/nzz-am-sonntag/nicht-nur-die-freiheit-auch-die-erwartung-ist-gewachsen-1.18512018 Zugriff am 27.8.2020
- IAP-Studie 2017. Der Mensch in der Arbeitswelt 4.0. ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.
- Amon-Glassl, U. & Birbaumer, A. (2020). Homeoffice – allen geht’s gut? In Sichere Arbeit, Internationales Fachmagazin für Prävention in der Arbeitswelt. Wien. Ausgabe 4/2020, S. 8–13.
- Steck, A. (2017, April 2). Kampf um den Bürotisch. Neue Zürcher Zeitung.
- Vollmer, A. (2002). Heimatlos oder überall zu Hause? Desksharing aus arbeitspsychologischer Sicht. In L. Ley (Hrsg.). Mobile Arbeit in der Schweiz. (S. 69–75). Schriftenreihe Mensch – Technik – Organisation (Hrsg. E. Ulich). Band 28. Zürich: vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich.
- Amon-Glassl, U. (2018). Nix ist fix – Flexibilität und Mobilität als Vorteil oder Trugschluss? In Sichere Arbeit, Internationales Fachmagazin für Prävention in der Arbeitswelt. Wien. Ausgabe 3/2018, S. 31–35.
- Gerlich, J.: Foliensatz zur Weiterbildungsveranstaltung „Absentismus und Präsentismus – Überblick zum Stand der Forschung“ am 14.3.2014. JKU – Institut für Soziologie: https://www.jku.at/soz/content/e94921/e95831/e256920/e256985/vortrag_gerichPrasesntismus_ger.pdf Zugriff am 27.8.2020
- Leung, L. (2011). Effects Of ICT Connectedness, Permeability, Flexibility And Negative Spillovers On Burnout And Job And Family Satisfaction. Human Technology 7(3). https://doi.org/10.17011/ht/urn.2011112211714 Zugriff am 27.8.2020
- Birbaumer, A. & Kompast, M. (1999): Telearbeit in der öffentlichen Verwaltung. Forschungsarbeiten der Abteilung für CSCW am Institut für Gestaltungs- und Wirkungsforschung der TU Wien, Nr. 12, Wien.
- Ruhr-Universität Bochum (18.5.2020): 1. Ideenlabor digital: Home Office und digitale Führung. Nachlese – persönliche Korrespondenz 20.5.2020
- Datenreport 2016. Lifelong Learning is essential. Sozialbericht der Bundesanstalt für politische Bildung. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.
Zusammenfassung
Die Autorinnen analysieren die Auswirkungen der neuen digitalen Arbeitswelten auf die Gesunderhaltung des arbeitenden Menschen und die Förderung adäquater Lernmöglichkeiten im Unternehmen.