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Lärmvermeidung

Grundbegriffe der Akustik

Lärmminderung und -vermeidung spielen im Arbeitnehmerschutz, aber beispielsweise auch im Anrainerschutz eine große Rolle. Um die geltenden Grenzwerte und Regelungen zu verstehen, bedarf es eines grundlegenden Verständnisses der wichtigsten Begriffe, die in Bezug auf Lärm bzw. Schall verwendet werden.

Symbolbild Akustik
Adobe Stock

Schall bezeichnet Druck- und Dichteschwankungen, die sich in einem Medium mit der Schallgeschwindigkeit als Welle ausbreiten (Abbildung 1). In diesem Artikel soll nur Luft als Medium betrachtet werden. Die Größe dieser Schwankungen kann durch den Schalldruck, also die lokale Stärke oder Amplitude der Druckschwankung rund um den statischen Luftdruck beschrieben werden. Vollständig erfasst wird das Schallfeld durch Schalldruck und Schallschnelle.

Die „Stärke“ des Schalls

Die Schallschnelle ist jene Geschwindigkeit, mit der sich die Teilchen um ihre Ruhelage bewegen (rote Pfeile in Abbildung 1).  Im Gegensatz dazu bezeichnet die Schallgeschwindigkeit die Geschwindigkeit, mit der sich eine Schallwelle ausbreitet. Aus dem Produkt von Schallschnelle und Schalldruck ergibt sich die Schallintensität.

Das menschliche Ohr kann einen sehr großen Schalldruckbereich verarbeiten: Die Wahrnehmungsschwelle liegt bei 0,00002 Pa, wohingegen die Schmerzschwelle bei ca. 100 Pa liegt – das entspricht fast 7 Zehnerpotenzen. Daher werden viele schalltechnische Größen nicht in ihren jeweiligen physikalischen Einheiten (also z. B. Pascal beim Schalldruck) angegeben, sondern mittels eines logarithmischen Pegelmaßes bezogen auf einen Bezugswert (0,00002 Pa beim Schalldruck). In der Praxis hat sich hier Dezibel (dB, d. h. 0,1 Bel) als Standard durchgesetzt. Eine Verzehnfachung des Druckes (oder der Schnelle) wird als ein Anstieg um 20 dB abgebildet. Dies entspricht einem Faktor 100 bei der Intensität.

Welche schalltechnische Größe betrachtet wird, hängt von der Fragestellung ab. Der Schalldruckpegel (gilt auch für Schnelle und Intensität) stellt eine lokale Größe dar und ist daher positionsabhängig. Um eine Klassifizierung der Schallemission von Schallquellen (z. B. Maschinen) zu ermöglichen, wird üblicherweise die gesamte Schallintensität auf einer die Quelle umgebenden Hüllfläche betrachtet. Diese Größe bezeichnet man als Schallleistung mit dem zugehörigen Schallleistungspegel. Sie entspricht einer Art akustischer Gesamtleistung der Quelle (also z. B. einer Maschine).

Die Frequenz

 

Die bisher genannten Größen beschreiben die „Stärke“ des Schalls. Eine zweite wichtige Größe ist die Frequenz, welche mit der zeitlichen Rate der Veränderung des Schalldrucks zusammenhängt. Die physikalische Einheit für die Frequenz ist das Hertz (Hz), wobei 1 Hz einer Schwingung pro Sekunde entspricht. Die Frequenz spielt bei der Wahrnehmung der Tonhöhe eine fundamentale Rolle, aber auch die Lautstärkeempfindung von Geräuschen ist frequenzabhängig. Typischerweise sind Menschen im Bereich von 1.000 Hz bis 4.000 Hz am empfindlichsten, wohingegen tiefere oder höhere Töne bei gleichem Schalldruckpegel als leiser wahrgenommen werden. Die hier verwendete Größe für das Lautstärkeempfinden ist der Lautstärkepegel, welcher in Phon angegeben wird und bei 1.000 Hz ident mit dem Schalldruckpegel ist. Die Stärke dieser Frequenzabhängigkeit nimmt mit steigendem Lautstärkepegel ab. Mittels zahlreicher Wahrnehmungsexperimente wurden sogenannte Isophonen abgeleitet (ISO 226:2003, Abbildung 2). Diese Kurven bilden die frequenzabhängige Veränderung des Schalldruckpegels bei gleichem Lautstärkeempfinden für einzelne Töne ab.

Die Isophonen (allerdings die von Fletcher und Munson, 1933) bilden die Basis für die in der Praxis hauptsächlich verwendeten A- und C-Frequenzgewichtungen (A- bzw.  C-gewichteter Schalldruckpegel), welche die menschliche Wahrnehmung berücksichtigen sollen. Das aufgenommene Schallsignal wird dafür mittels standardisierter Filter frequenzgewichtet, und danach wird der Pegel bestimmt. Die A-Gewichtung basiert auf der 40-Phon-Isophone und die C-Gewichtung auf den 80–100-Phon-Isophonen, wodurch sich eine stärkere Gewichtung der tiefen Frequenzen gegenüber der A-Kurve ergibt. Streng genommen sind also die Gewichtungen nur im Bereich dieser Pegel klar definiert.

Abbildung 1: Schematische Darstellung der Dichteschwankungen der Luftteilchen und deren Bewegung um die Ruhelage.
Abbildung 1: Schematische Darstellung der Dichteschwankungen der Luftteilchen und deren Bewegung um die Ruhelage. Kaseß/ISF

Anstatt den Schall durch eine einzige Zahl zu quantifizieren, kann der Frequenzinhalt auch in Form eines Spektrums betrachtet werden. Zum Beispiel können dadurch Schallemissionen von Lärmquellen genauer definiert werden. Dieses Quellspektrum kann dann über die ebenfalls frequenzabhängige Schallausbreitung zu Immissionswerten beim Hörer umgerechnet werden. Für diese Art der Analyse gibt es verschiedene Verfahren, z. B. die Fouriertransformation oder Filterbänke. Bei Lärm wird hier typischerweise die Schallenergie in Frequenzbereichen (auch Bänder genannt) berechnet, die einer Oktave oder einer drittel Oktave (große Terz) entsprechen. Wird der Frequenzinhalt in Abhängigkeit von der Zeit betrachtet, spricht man von einer Zeit-Frequenz-Darstellung oder auch Spektrogramm. Diese Darstellung ist sehr hilfreich, um einzelne Schallereignisse zu identifizieren und abzugrenzen.

Die Zeit

Neben der Frequenzgewichtung gibt es auch noch eine zeitliche Gewichtung des Pegels. Hier sind vor allem die Bewertungen „fast“ (Zeitkonstante 125 ms) und „slow“ (Zeitkonstante 1.000 ms) wichtig. Weiters gibt es noch den sogenannten energieäquivalenten Dauerschallpegel (Leq), bei dem die Energie über einen meist längeren Zeitraum gemittelt wird. Welche Bewertung verwendet wird, hängt von der Fragestellung ab. Der Leq findet unter anderem bei Immissionspegeln zur Beurteilung der Lärmbelastung über längere Zeit seine Anwendung, z. B. als Grundlage für den Day-Evening-Night-Level (LDEN), bei dem verschiedene Tageszeiten unterschiedlich gewichtet werden (z. B. ÖAL 3 Blatt 1).

Abbildung 2: Kurven gleichen Lautstärkepegels (Isophone) nach ISO 226 und Fletcher und Munson (1933). Zum Vergleich sind auch die umgekehrten A- und C- Kurven abgebildet.
Abbildung 2: Kurven gleichen Lautstärkepegels (Isophone) nach ISO 226 und Fletcher und Munson (1933). Zum Vergleich sind auch die umgekehrten A- und C- Kurven abgebildet. Kaseß/ISF

Die menschliche Wahrnehmung ist komplex

So gebräuchlich und nützlich diese Pegelmaße sind, sie spiegeln doch nur einen Teil der menschlichen Wahrnehmung wider. Zum Beispiel decken die auf einzelnen Tönen basierenden Isophonen den Lautstärkeeindruck nur unzureichend ab, da die spektrale Zusammensetzung des Signals eine wichtige Rolle spielt. Es kommt hier beispielsweise zu sogenannten Maskierungseffekten, d. h., dass dominante Signalkomponenten leisere Teile überdecken und diese daher nicht zum Lautstärkeempfinden beitragen (siehe z. B. Fastl und Zwicker, 2006).

Hierfür gibt es verschiedene sogenannte Lautheitsmodelle z. B. nach Zwicker oder nach Moore und Glassberg (1996), welche die Lautheit, also die empfundene Lautstärke, abbilden. Mittlerweile wurden die beiden wichtigsten Modelle genormt (ISO 532-1:2017 und ISO 532-2:2017). Die Einheit der Lautheit ist das Sone. Zahlreiche Studien zeigen, dass die Belästigungswirkung besser durch lautheitsbezogene Größen als durch den A-Pegel beschrieben werden kann (z.B. Kasess et al. 2017 oder Raggam et al. 2007).

Zusätzlich zur Lautheit gibt es noch weitere Maße, die sich an der Wahrnehmung orientieren. Eines davon ist die Tonhaltigkeit. Signale, die tonale Komponenten, also einzelne dominante Frequenzen enthalten, werden oft als lästiger empfunden als beispielsweise reines Rauschen, und daher mit Korrekturwerten bedacht (z. B. ÖAL 3 Blatt 2). Dies gilt auch für Impulshaltigkeit, d. h., wenn hohe Spitzen im Schallpegel auftreten.

Wenn ein Signal in der Amplitude so schnell variiert, dass diese Variation nicht mehr als eigentliche Schwankung wahrgenommen wird, wird dies in Analogie zu einer rauen Oberfläche als psychoakustische Rauigkeit bezeichnet. Ist die Frequenz niedrig, so wird dies über die Schwankungsstärke des Signals beschrieben. Weiters gibt es auch Modelle für die Schärfe. Ein Signal mit hoher Schärfe hat im Allgemeinen starke hochfrequente Anteile.

In den letzten Jahren wurde versucht, diese psychoakustischen Modelle beim Thema Lärm besser zu etablieren, unter anderem in der Form von Belästigungsindizes, welche den Zusammenhang zwischen Wahrnehmung und psychoakustischen Modellgrößen abbilden sollen. Wohl bedingt durch die große Fülle an vorhandenen Daten und die relative Einfachheit in der Anwendung ist in der Praxis beim Thema Lärm aktuell noch der A-gewichtete Pegel das Maß aller Dinge.

LITERATUR

  • Fastl, H. und Zwicker, E. (2006): Psychoacoustics: Facts and Models. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg.
  • Fletcher, H. und Munson, W.A. “Loudness, its definition, measurement and calculation”, Journal of the Acoustical Society of America. 5. 82–108 (1933).
  • ISO 226:2003, Acoustics — Normal equal-loudness-level contours.
  • ISO 532-1:2017 06 15 Acoustics — Methods for calculating loudness — Part 1: Zwicker method.
  • ISO 532-2:2017 06 01 Acoustics — Methods for calculating loudness — Part 2: Moore-Glasberg method.
  • Kasess, C. H., Maly, T., Majdak, P., Waubke, H. (2017): The relation between psychoacoustical factors and annoyance under different noise reduction conditions for railway noise, in: The Journal of the Acoustical Society of America 141, 3151–3163.
  • Moore, Brian & Glasberg, Brian (1996): A Revision of Zwicker’s Loudness Model. Acta Acustica united with Acustica. 82. 335–345.
  • ÖAL Richtlinie Nr 3 Blatt 1 – Ausgabe 2008 03 01, Beurteilung von Schallimmissionen im Nachbarschaftsbereich.
  • ÖAL Richtlinie Nr. 3 Blatt 2 – Ausgabe 2018 08 01, Schalltechnische Grundlagen für die Beurteilung von Lärm am Arbeitsplatz.
  • Raggam, R. B., Cik, M., Höldrich, R. R., Fallast, K., Gallasch, E., Fend, M., … Marth, E. (2007): Personal noise ranking of road traffic: subjective estimation versus physiological parameters under laboratory conditions. International Journal of Hygiene and Environmental Health, 210(2), 97–105.

Infobox

  • Schalldruck  Druckschwankungen um den statischen Luftdruck
  • Pa  Pascal, physikalische Einheit für den Schalldruck
  • Schallschnelle  gerichtete Bewegung der Luftteilchen um ihre Ruhelage
  • Schallintensität  Produkt aus Schalldruck und Schallschnelle
  • Schallleistung  Gesamtleistung (Energie pro Zeit) einer Schallquelle
  • Pegel  logarithmisches Maß für eine physikalische Größe bezogen auf eine Referenzgröße dB  Dezibel, die Einheit für den Pegel
  • Schallgeschwindigkeit  Ausbreitungsgeschwindigkeit der Schallwelle
  • Frequenz  Maß für die zeitliche Änderung des Schalldrucks
  • Hz  Hertz,  physikalische Einheit für die Frequenz
  • Fourieranalyse,  Filterbank Methoden zur Analyse des Frequenzinhaltes eines Signals
  • Lautstärkepegel  Pegelmaß für die Lautstärke, bezogen auf einen Ton bei 1000 Hz
  • Phon  Einheit für den Lautstärkepegel
  • Isophone  Beziehung zwischen Schalldruck und Frequenz bei konstantem Lautstärkepegel
  • A- und C-Kurve  Frequenzbewertungen aus den Isophonen von Fletcher und Munson (1933)
  • Spektrum  Pegel eines Schallereignisses als Funktion der Frequenz
  • Spektrogramm  Pegel eines Schallereignisses als Funktion der Frequenz und der Zeit
  • Psychoakustik  beschreibt die Beziehung zwischen physikalischen Schallgrößen und dem  menschlichen Sinneseindruck
  • Lautheit  Maß für die empfundene Lautstärke
  • Sone  Einheit für die Lautheit
  • Tonhaltigkeit  Maß für die Präsenz von tonalen Geräuschen
  • Rauigkeit, Schwankungs-stärke, Schärfe  psychoakustische Größen, die den Klang eines Geräusches beschreiben

Zusammenfassung

Der Autor beschreibt die wichtigsten Begriffe, die in Bezug auf Lärm bzw. Schall verwendet werden.


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