Ergonomie
Ergotherapie in Ergonomie & Prävention
Zusammenarbeit stand im Fokus einer Veranstaltung im Schlossmuseum in Linz im November 2019 – Zusammenarbeit mit dem Ziel, für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch für Unternehmen einen Mehrwert zu erzielen. In zehn spannenden Vorträgen, einer umfangreichen Mitmach-Ausstellung sowie bei einer Podiumsdiskussion wurde gemeinsam die Frage beantwortet: „Was unternehmen Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten mit und in Unternehmen?“
So wie das Schlossmuseum gekonnt historische Architektur mit modernem, innovativem Design verbindet, so bot auch diese Veranstaltung neue Perspektiven auf und für die Ergonomie und Prävention in Unternehmen. Die Veranstaltung, die am 28. November 2019 stattgefunden hat, brachte Fachleute zusammen und den mehr als 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus den verschiedensten Disziplinen Impulse für neue Netzwerke und gemeinsame Ideen.
Offene Kooperation
Die Veranstaltung entstand aus einer Kooperation zwischen der ÖAE (Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Ergonomie), der AUVA (Allgemeine Unfallversicherungsanstalt), der FH Gesundheitsberufe OÖ und der Ergotherapie Austria (Bundesverband der Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten Österreichs). Diese Zusammenarbeit bürgt für qualitativ anspruchsvolle Inhalte, verständlich, bewegt und bewegend präsentiert. Klar ist auch, dass diese Zusammenarbeit niemanden ausschließt, sondern ganz im Gegenteil offen ist für andere Berufe und weitere Berufsgruppen, ganz dem interdisziplinären und verbindenden Gedanken der Ergonomie verpflichtet.
Mitmach-Ausstellung
Bei einer interaktiven Ausstellung zum Mitmachen und Ausprobieren konnten nicht nur die verschiedensten Exoskelette, für jedes spezielle Bedürfnis passgenaue Bürodrehstühle sowie innovative Ideen für bewegte und bewegende Büros getestet werden, sondern auch der Gleichgewichtssinn trainiert, die Hand- und Armkraft überprüft sowie mit den kostenlosen Apps der AUVA (www.apps.auva.at) Heben und Tragen bewertet oder Bildschirmarbeitsplätze gecheckt werden. Zusätzlich boten Studierende der FHG OÖ bei drei Mitmachstationen die Möglichkeit, das eigene ergonomische Verhalten im Alltag zu reflektieren und Lösungsansätze zur Optimierung zu finden. Die Mittagspause wurde extra lang konzipiert, damit genügend Zeit zum Ausprobieren, aber auch zum Netzwerken vorhanden war.
Vorträge
Die Vorträge fokussierten auf die unterschiedlichen Beiträge der Ergotherapie in der Ergonomie. Inhalte waren zum Beispiel die Arbeitsplatzgestaltung mit ergotherapeutischer und ergonomischer Unterstützung für alle Menschen mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen sowie für alle Branchen und Bereiche. Die Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit zum Beispiel ist nicht nur ein ergotherapeutisches Verfahren für die Rehabilitation, sondern kann auch in der betrieblichen Eingliederung verwendet werden, direkt im Betrieb oder über externe Intervention.
Hochqualifizierte Praktikerinnen und Praktiker sowie Praktikantinnen und Praktikanten aus der ergotherapeutischen Ausbildung können direkt ins Unternehmen geholt und dort am Arbeitsplatz oder in speziellen Projekten präventiv und ergonomisch eingesetzt werden. Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten berichteten bei der Veranstaltung von ihren Aktivitäten in Betrieben in mannigfaltigen Projekten.
In ihren Begrüßungsworten betonte Marion Hackl, Ergotherapeutin und Präsidentin der Ergotherapie Austria, die Zusammenarbeit und deren wertvollen Beitrag für die Betriebe. Mag. Dr. Sylvia Öhlinger, Leitung der Hochschulentwicklung und Leitung des Hochschulkollegiums der FH Gesundheitsberufe OÖ, betonte den Mehrwert unterschiedlicher Perspektiven und Expertisen. Mag. Marina Pree-Candido, Direktorin der AUVA-Landesstelle Linz und des UKH Linz, beschrieb die AUVA-Unterstützung für den Einzelnen, aber auch für die Betriebe. „Die Palette reicht von Präventionsberatung und Betreuung der Betriebe durch Expertinnen und Experten unterschiedlichster Fachrichtungen über die Bereitstellung von Informationsmaterial für mehr Sicherheit und Gesundheit bis hin zur medizinischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation Verunfallter.“
Wege und Umwege der Ergonomie
Als erster Referent präsentierte DI Michael Wichtl, wohin die Ergonomie geht und ob sie mögliche Wege und Umwege beschreitet. Er ist langdienender Ergonom in der Hauptstelle der AUVA in Wien und Geschäftsführer der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Ergonomie (ÖAE). In seinem Beitrag wurde eine für die österreichische Situation erarbeitete Studie des Instituts für Landtechnik der Universität für Bodenkultur vorgestellt, in der die spezifischen universitären und Fachhochschulausbildungen für Ergonomie und Arbeitswissenschaften im Detail erhoben wurden.
Das Resultat daraus war, dass derartige Angebote in Österreich schwerpunktmäßig für Gesundheitsberufe und Technikausbildungen zwar existieren, dass aber vernetzte Lehrveranstaltungsangebote fehlen. Deshalb ist die Zulassung zur Euro-Ergonomen-Zertifizierung auf Grundlage der derzeit in Österreich möglichen Fachausbildungen vorerst unmöglich. Ziel des Vortrags bei der Veranstaltung war, ein Problembewusstsein für nötige und weitgehend interdisziplinäre Vernetzung von Theorie und Praxis, Technik und Humanwissenschaften zur ganzheitlichen ergonomischen Gestaltung von Arbeitssystemen zu erhalten, zu fördern und zu stärken. Das Wirken der Ergotherapie in den Unternehmen stellt dafür ein greifbares und positives Beispiel dar.
Gemeinsame Geschichte von Ergonomie und Ergotherapie
Über die gemeinsame Geschichte von Ergotherapie und Ergonomie sprachen gemeinsam die Ergotherapeuten Mag. Sabine Dielacher, Studiengangsleitung des Bachelorstudiengangs Ergotherapie an der FH Gesundheitsberufe OÖ, und Stefan Kollmann, MHPE (Mitglied des Lehr- und Forschungspersonals an der FH Gesundheitsberufe OÖ). Sie beschrieben gemeinsam eine Ergotherapie-Landkarte und referierten die Positionen der Ergotherapie in der Ergonomie in Österreich. Ein Bereich, der in beiden Disziplinen einen hohen Stellenwert einnimmt, ist die Prävention. Sowohl in der Ergonomie als auch in der Ergotherapie gibt es präventive Aspekte. Durch gezielte Maßnahmen soll das Auftreten von Krankheiten oder unerwünschten Zuständen weniger wahrscheinlich gemacht werden.
Geht es in der Primärprävention um die Verringerung der Inzidenz einer Krankheit, beschäftigt sich die Sekundärprävention mit der Eindämmung der Progredienz oder der Chronifizierung einer Erkrankung. Im Bereich der Tertiärprävention geht es um die Verhinderung von Folgeschäden oder Rückfällen. In der Verhältnisergonomie steht die Aufdeckung von Gesundheitsschäden durch Umweltfaktoren und die Veränderung dieser Einflüsse im Vordergrund.
Beide Disziplinen widmen sich intensiv der Verhaltensprävention, in deren Rahmen gesundheitsfördernde Verhaltensweisen gestärkt und gesundheitsriskante Verhaltensweisen reduziert werden. Praktische Beispiele rundeten den spannenden Vortrag ab.
Praktikantinnen und Praktikanten im eigenen Betrieb
Daran anschließend referierte Mag. Martina Kristler, Studiengangsleitung des Bachelorstudiengangs Ergotherapie an der FH Wiener Neustadt, gemeinsam mit Ines Murgg, MSc (Mitglied des Lehr- und Forschungspersonals der FH Wiener Neustadt), über die Ausbildung der Ergotherapie-Studierenden an der FH Wiener Neustadt und appellierte an die ERGOs, in die ERGOnomie in den Betrieben zu gehen! Der Bachelorstudiengang Ergotherapie der Fachhochschule Wiener Neustadt setzt mit dem Bereich Gesundheitsförderung und Prävention/Ergonomie bereits seit vielen Jahren einen Schwerpunkt in der Ausbildung von Studierenden. Im Rahmen mehrerer Lehrveranstaltungen erfolgt eine umfassende inhaltliche Vorbereitung auf ein vierwöchiges Praktikum im dritten Ausbildungssemester, das in verschiedensten Betrieben absolviert wird. Die Palette an betreuten Praktikumsstellen reicht von den „klassischen“ Büroarbeitsplätzen über Schulen und Kindergärten, Baustellen, „gesunde Gemeinden“, Arbeitsplätze im Bereich Reinigung oder Handwerk bis hin zu jeglicher Art von Industriearbeitsplätzen.
Arbeit und Gesundheit
Stefan Kollmann sprach über die Rolle der Arbeit und darüber, dass Arbeit(en) als wichtiger Faktor der Gesundheit zu sehen sei. Das ergotherapeutische Grundverständnis des Zusammenhangs von Person, Umwelt und Handlung zur Erreichung von Handlungsfähigkeit lasse sich gut in die Ergonomie übertragen. Durch individuelles Verhalten der Person (Verhaltensergonomie) im Rahmen einer bestimmten Arbeitsumwelt (Verhältnisergonomie) und der gestellten Arbeitsaufgaben (Handlung) wird die Handlungsfähigkeit jedes Einzelnen beeinflusst. Je besser eine Person eine gestellte Aufgabe selbst beeinflussen und zufrieden erledigen könne, desto eher steige das Wohlbefinden und das individuelle Empfinden im Gesundheits- und Krankheitskontinuum, führte er anschaulich aus.
Steh-Sitz-Arbeitsplätze
Larissa Frank, Ergotherapeutin in der eigenen Praxis „Freiraum“ für Ergotherapie und Gesundheitsförderung in Lienz, bot einen Rückblick auf ihre Diplomarbeit zum Thema „Der Steh-Sitz-Arbeitsplatz“ – Auswirkungen aus Sicht von Nutzerinnen und Nutzern, ergänzt um ergotherapeutische Perspektiven. Sie regte damit nicht nur die Ideen der Zuhörerinnen und Zuhörer an, sondern zeigte auch gleich vor, was es heißt, im Stehen zu arbeiten bzw. den Wechsel zwischen Sitzen und Stehen im Arbeitsalltag, aber auch auf einer Veranstaltung zu leben.
In ihrer Diplomarbeit wählte sie ein qualitativ-exploratives Vorgehen unter Verwendung eines semistrukturierten Interview-Leitfadens, um Daten von Nutzerinnen und Nutzern zu ihrem Erleben mit einem Steh-Sitz-Arbeitsplatz zu erheben. Berichtet wurden mehrheitlich positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden, die physische Gesundheit und auch auf andere Lebensbereiche. Negative Aspekte in Bezug auf das Wohlbefinden, Berichte über die erfahrene Beratung und die Empfehlungen der Nutzerinnen und Nutzer spiegeln deren Bedürfnis nach einer individuellen Beratung und Anpassung wider. Es zeigte sich der Bedarf an Informationen über positive Auswirkungen von wechselnden Körperhaltungen im Arbeitsalltag und das richtige Nutzungsverhalten. Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten können dabei Bedürfnisse klientenzentriert erfassen und analysieren sowie durch ihre Fähigkeit, sich in die Lage der Klienten zu versetzen, bei Veränderungen in ihrer Arbeitsumwelt entsprechend beraten, begleiten und motivieren.
Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit und arbeitsorientiertes Rehabilitationstraining
Der Leiter der Ergotherapie im Rehabilitationszentrum Weißer Hof der AUVA in Klosterneuburg, Christian Tesak, führte aus, dass Arbeit auch passen kann wie ein guter Schuh, und wie die Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten der AUVA, aber inzwischen auch anderer Institutionen über die Evaluierung der funktionellen Leistungsfähigkeit (EFL) und arbeitsorientiertes Rehabilitationstraining (ART) hierzu beitragen können. Das körperbezogene Assessment im R:A:T (Rehabilitatives Arbeitsorientiertes Training) ist die Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit (EFL). Mit ihr lässt sich einschätzen, ob eine Person eine bestimmte Berufstätigkeit ausüben kann oder nicht. In einer Testreihe werden Kraft, Fortbewegung, Arbeitspositionen und Handkoordination beurteilt und mit den Anforderungen der Arbeit verglichen. Der abschließende Bericht enthält Aussagen über die körperlichen Fähigkeiten, die Zumutbarkeit konkreter Arbeitsaufgaben und über Anpassungsmöglichkeiten am Arbeitsplatz. Wichtige Elemente des R:A:T sind das ausführliche Assessment in körperlicher, psychischer und sozialer Hinsicht, die Erarbeitung persönlicher und beruflicher Ziele mit wöchentlicher Überprüfung im Teamgespräch sowie das arbeitsplatzspezifische Training inklusive Arbeitssimulation. Ein paar der Tests konnten vor Ort ausprobiert werden. Ausführliche Beschreibungen mit Bildern dazu finden sich auch auf der Website des Vereins: www.efl-verein.at.
Praxisbeispiel kritisch beleuchtet
Heike Fink, MHPE, Ergotherapeutin und Lehrende am Studiengang Ergotherapie der FH Gesundheit in Tirol, berichtete über „Ergotherapie mit Besenstiel und Saunatuch – Ergonomieberatungen im Wellnessbereich?“ Der Weltverband der Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten formulierte im Jahr 2016 in einem Positionspapier die Expertise seiner Mitglieder, Arbeitswelten gesundheitsförderlich und sicher mitzugestalten. Die berufliche Handlungsfähigkeit von Menschen zu unterstützen gehöre in das ergotherapeutische Kompetenzprofil. Dabei werden sowohl das individuelle Verhalten wie auch die umweltbezogenen Rahmenbedingungen adressiert. Diese Aspekte wurden am Beispiel eines Ergonomieprojekts deutlich gemacht, das acht Studierende des sechsten Semesters des Bachelor-Studiengangs Ergotherapie der FH Gesundheit in Innsbruck unter Supervision einer Lehrenden gemeinsam mit einem Tiroler Wellnesshotel umgesetzt haben.
Wissenschaft als „Hilfsmittel“ der Ergonomie
„Von der Eminenz zur Evidenz“ – wie die Wissenschaft in der Ergonomie helfen kann, praktische Probleme zu lösen, präsentierte mit viel Humor, aber auch mit dem gebührenden Ernst Dr. Bernhard Schwartz, BSc, MSc. Er ist Wissenschafter im Fachbereich Ergonomie & klinische Studien an der FH Gesundheitsberufe OÖ. Er zeigte auf, dass, obwohl in der Vergangenheit zahlreiche ergonomische Interventionen zur Bekämpfung von Berufskrankheiten erfolgreich eingesetzt wurden, die zunehmende Digitalisierung und die stetigen Veränderungen am Arbeitsplatz zu wechselnden physischen und psychischen Belastungsstrukturen führen. Neben einem Rückgang der körperlichen Aktivität und einem Anstieg der im Sitzen verbrachten Zeit kommt es auch zu immer länger anhaltenden Arbeitsperioden in gleicher Körperhaltung und einem erhöhten psychischen Stressempfinden. Obwohl eine Vielzahl an erfolgversprechenden Interventionen zur Bekämpfung dieser Situation entwickelt wurde, führt die immense Anzahl an technischen Hilfsmitteln dazu, dass Interventionen am Arbeitsplatz häufig ausschließlich aufgrund von persönlichen Einschätzungen ausgewählt werden.
Investitionen am Arbeitsplatz sind oft mit hohen Kosten verbunden. Nicht funktionierende Interventionen führen zu Unmut bei Unternehmen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, zumal der Großteil des Erwerbslebens in der Arbeit verbracht wird. Daher ist es so wichtig, gezielte und effektive Interventionen zu setzen. Eine gezielte Unterstützung der Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger durch wissenschaftliche, sauber geplante Studien ähnlich wie im Medizinprodukte- oder Arzneimittelbereich kann bei der Auswahl von ergonomischen Maßnahmen helfen. So ermöglicht der systematische Vergleich der Effektivität verschiedener Interventionen, diese maßgeschneidert einzusetzen. Durch systematische Literaturrecherchen können etwaige Hindernisse und Erfolgsfaktoren identifiziert und in weiterer Folge auch Zeit, Geld und humane Ressourcen gespart werden. Ergänzend dazu können ökonomische Bewertungen aus dem klinischen Bereich, wie z. B. Health Technology Assessments, helfen, den Kosten-Nutzen-Faktor ergonomischer Interventionen klinisch und monetär zu bewerten.
Der Mensch ist das Maß
Der Ergotherapeut und Leiter der Arbeitssicherheit und Ergonomie bei der IBG (Innovatives Betriebliches Gesundheitsmanagement GmbH) in Wien, Matthias Welkens, MBA, berichtete über die Praxis der Umsetzung von Verhaltens- und Verhältnisergonomie in der IBG. Die Ergonomie setzt dabei auf strukturierte und praxisorientierte Maßnahmen, um Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Belegschaft zu fördern und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu beraten. Um nachhaltige Erfolge zu erzielen, unterscheidet auch die IBG dabei die Verhältnis- und Verhaltensprävention, d. h., Maßnahmen nehmen nicht nur das Verhalten Einzelner, sondern auch die Kultur, Prozesse und Strukturen eines Unternehmens in den Blick.
Konkret geht die von ihm beschriebene Ergonomie auf die Nahtstelle zwischen dem Menschen und seinem Arbeitsplatz und somit auf eine optimale und umfassende Arbeitsplatzgestaltung ein – der Mensch steht im Zentrum und ist das Maß der Dinge. Der Arbeitsplatz wird in seiner Gesamtheit analysiert, (neu) konzipiert und optimiert.
Ergotherapie in der betrieblichen Gesundheitsförderung
Der mit der Firma Ergo-Kaindl selbständig im Bereich Gesundheitsförderung & Prävention tätige Ergotherapeut Stefan Kaindl, BSc, zeigte, wie Gesundheit im Betrieb zu einem Mehrwert für Betriebe wird, und gab Einblicke in die praktische Arbeit eines Ergotherapeuten in der betrieblichen Gesundheitsförderung. Er schilderte anschaulich, teilweise mit Auszügen aus Interviews mit den Beteiligten, drei aktuelle Projekte aus seiner Arbeit, welche unterschiedlicher kaum sein könnten. Einmal ein klassisches „Mitarbeiter-bewegen-Mitarbeiter-Projekt“ in Kooperation mit Arbeitsmedizin und Arbeitspsychologie, dann ein eigenständiges Bewegungsprogramm als Ausgleich zu sehr fordernden Körperhaltungen und Positionen und zuletzt ein klassisches Ergonomie-Projekt in Zusammenarbeit mit einem sogenannten Systemoptimierer. Abschließend sprach er noch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer persönlich an, über das eigene Verhalten und die eigenen Gewohnheiten nachzudenken und dass es möglicherweise genau dort bei der Gesundheitsförderung anzusetzen gilt …
Er präsentierte die Ergotherapie mit all ihren Facetten und Besonderheiten und zeigte, wie man Betriebe davon überzeugen kann, dass mit diesem ganzheitlichen Ansatz, dem fundierten Hintergrundwissen und der Klientenzentrierung die ergotherapeutische Herangehensweise erfolgreich gelebt werden kann.
Podiumsdiskussion
Eine spannende Podiumsdiskussion mit hochkarätigen Diskutantinnen und Diskutanten über die aktuelle Lage in Österreich mit Blick in die Zukunft der Ergotherapie und ihren Möglichkeiten in der Ergonomie und Prävention bildete den Abschluss der Veranstaltung – und für teilnehmende Unternehmen vielleicht einen Anfang mit neuem Fokus.
Auf dem Podium vertreten waren Anna Lumetzberger – Studierende des Studiengangs Ergotherapie an der FH Gesundheitsberufe OÖ –, Stefan Kaindl, Marion Hackl und Christian Tesak sowie Michael Wichtl als Moderator des Nachmittags (am Vormittag moderierte MMag. Robert Brandstetter von der AUVA-Landesstelle Linz). Die Diskutanten nahmen zunächst zum Thema „zusammenARBEIT – Chancen und Herausforderungen für gemeinsames Handeln in Ergonomie und Prävention“ Stellung. Anschließend schilderten sie kurz ihre bisherigen Erfahrungen bezüglich ergotherapeutischer Arbeit in Betrieben. Ergänzt wurden diese dann durch Input aus dem interdisziplinären Publikum.
Danach wurden die verschiedenen Vorteile ergotherapeutischer Arbeit in Betrieben erörtert, aber auch, welcher Bedarf besteht und ob es berufspolitisch noch größerer Unterstützung bedürfe.
Die Diskutantinnen und Diskutanten berichteten dann über die Stärken der Ergotherapie im Bereich ZUSAMMENarbeit und darüber, welche Anknüpfungspunkte und Bindeglieder in der Disziplin besonders hervorzuheben seien.
Zuletzt wurde noch angesprochen, dass sich ein Trend bemerkbar macht, dass immer weniger Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmediziner für die Betriebe zur Verfügung stehen. Im Team mit Sicherheitsfachkräften und anderen Expertinnen und Experten zu arbeiten wäre für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten eine für alle Beteiligten wertvolle und hilfreiche Ausweitung der bisherigen Einsatzgebiete. Besonders im Hinblick auf die immer häufiger nötige betriebliche Wiedereingliederung einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eröffnen sich hier gute Möglichkeiten.
Ausblick
Gegenseitiges persönliches Kennenlernen und Vernetzen, aber auch das Verbinden der fachlichen Inhalte steht im Vordergrund dieser Zusammenarbeit. Der Mehrwert für die Betriebe muss sicher auch in Zukunft noch mehr publik gemacht werden – aber auch der Mehrwert in der therapeutischen Arbeit der „Ergos“ ist enorm, denn in der Therapie wird schließlich in vielen Fällen auf den Beruf vorbereitet bzw. auf den Wiedereinstieg nach einer Erkrankung, sei es im selben Beruf wie vorher oder auch in einem anderen Betätigungsbereich. Das Pensionsantrittsalter wird immer weiter angehoben, die Sozialleistungen werden reduziert, die täglichen Arbeitszeiten werden verlängert, und gleichzeitig steigt der Leistungsdruck. Das ist nicht nur ein Thema der Politik, sondern auch von Betrieben, wenn sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lange und gesund im Arbeitsprozess halten wollen, und es ist ein Thema jedes einzelnen Menschen, für sich selbst Sorge zu tragen. Hierbei unterstützt das Wissen um Ergonomie und unterstützen Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten, aber natürlich auch andere Gesundheitsberufe wesentlich! Zusammenarbeit ist hier eindeutig MEHRwert für alle Beteiligten!
WEITERE INFORMATIONEN:
www.oeae.at
www.auva.at/ergonomie
www.ergotherapie.at
www.fh-gesundheitsberufe.at
Zusammenfassung
Der Artikel bietet nicht nur einen Rückblick auf eine gelungene, bewegende und spannende Veranstaltung am 28. November 2019 in Linz, sondern soll vor allem dazu anregen, über die Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen in Unternehmen nachzudenken. Das kann vom Einsatz Studierender bei einem Ergonomie-Praktikum bis zu Gesundheitsförderungsprogrammen mit Unterstützung freiberuflicher Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten reichen, von der Anschaffung und Anpassung besonders geeigneter Bürodrehstühle bis hin zu Exoskeletten an ausgewählten Arbeitsplätzen. Aber auch die körperliche Eignung bei Aufnahme einer körperlichen Tätigkeit oder bei Wiedereingliederung nach einer Erkrankung kann mit Ergonomie und Ergotherapie – und im Sinne der Zusammenarbeit auch mit anderen Gesundheitsberufen – erfolgreich für alle Beteiligten, leichter und professionell sichergestellt werden.