Krebserzeugende Arbeitsstoffe
PAK im Gleisbau, im Kamin und in Altlasten
Oft nicht vermeidbar, manchmal – noch – unverzichtbar: Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) entstehen bei Verbrennungsprozessen und sind Bestandteil von Teeröl zur Imprägnierung von Holzschwellen. Wie man sich vor PAK schützen kann, zeigt das Weichenwerk Wörth.
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) sind allgegenwärtig. Sie entstehen vor allem bei der unvollständigen Verbrennung von organischem Material wie Holz, Kohle oder Erdöl, z. B. in Feuerungsanlagen von Haushalten, Gewerbe und Industrie. Beim Rauchen atmet man PAK ein, mit Gegrilltem und Geräuchertem nimmt man es zu sich. Je niedriger die Temperatur des Feuers ist und je weniger Sauerstoff zur Verfügung steht, desto unvollständiger verbrennen die Materialien und umso mehr PAK werden gebildet. Unterschiedliche Mengen an PAK sind in Produkten enthalten, die durch die Verkokung von Kohle oder die Raffination von Erdöl hergestellt werden. Chemisch gesehen sind PAK eine Stoffgruppe, die mehrere hundert aromatische Verbindungen mit unterschiedlichen Eigenschaften umfasst. Meist treten PAK als Gemische auf. PAK lösen sich gut in Fetten, binden sich an Partikel und reichern sich in Organismen wie dem menschlichen Körper und in der Umwelt an. Viele der bisher genauer untersuchten PAK lösen allergische Hautreaktionen aus, einige verursachen genetische Defekte, beeinträchtigen die Fruchtbarkeit, schädigen das Kind im Mutterleib und erzeugen Krebs.
Zur besonders gefährlichen Gruppe von PAK, die sowohl krebserzeugend als auch erbgutverändernd und fortpflanzungsgefährdend sind, zählt Benzo[a]pyren. Dieses kann beim Einatmen Kehlkopf- oder Lungenkrebs, beim Verschlucken Magen- oder Blasenkrebs und bei Hautkontakt Hautkrebs zur Folge haben.
Verbote und Ausnahmen
Mit Benzo[a]pyren und anderen gesundheitsgefährdenden PAK ist man in vielen Branchen konfrontiert – etwa bei der Bearbeitung von mit Steinkohlenteeröl imprägniertem Holz, beim Kaminkehren oder bei der Sanierung von Altlasten. Die Entstehung von PAK lässt sich oft nicht vermeiden, aber deren Menge verringern. In der EU wurden die meisten Produkte mit einem hohen Benzo[a]-pyren-Gehalt aufgrund des hohen Gesundheitsrisikos bereits durch weniger gefährliche ersetzt, allerdings stehen noch nicht für alle Anwendungen PAK-freie Alternativen zur Verfügung.
Das gilt auch für den Einsatz des Steinkohlenteeröls Kreosot als Holzschutzmittel, das einen hohen Anteil an PAK und insbesondere an Benzo[a]pyren enthält.
Dieser Umstand wird in der europäischen ebenso wie in der österreichischen Gesetzgebung berücksichtigt: Die EU-Chemikalienverordnung REACH und die Biozidprodukte-Verordnung (BPV) sehen Ausnahmen für jene Bereiche vor, für die noch keine geeignete Substitution existiert.
Die Verwendung von Kreosot kann beschränkt oder untersagt werden, wenn es ein anderes hinreichend wirksames Biozid oder eine nichtchemische Bekämpfungs- bzw. Präventionsmethode gibt. Die Alternative muss ein deutlich geringeres Risiko für Gesundheit und Umwelt aufweisen und darf nicht mit wesentlichen wirtschaftlichen oder praktischen Nachteilen verbunden sein. Fehlt ein geeigneter Ersatz, wird eine auf fünf Jahre befristete Genehmigung erteilt, die verlängert werden kann. Als Holzschutzmittel genehmigt ist Kreosot derzeit zur Imprägnierung von Bahnschwellen, Telefon- und Strommasten sowie von Holz für bestimmte landwirtschaftliche Zwecke, z. B. als Baumstützen, Hopfen- oder Rebstangen.
Kreosot im Bahnoberbau
Im Bahnoberbau wird Holz von Buche oder Eiche aufgrund seiner günstigen mechanischen Eigenschaften gegenüber anderen Materialien wie Stahl oder Beton besonders dort bevorzugt, wo verstärkt Vibrationen auftreten: bei Weichen, im Verschubbereich und auf Strecken mit engen Bogenradien. Für Schwellen ist eine Nutzungsdauer von 30 Jahren vorgesehen, was bei Holz momentan nur durch die Tränkung mit Kreosot erzielt werden kann. Dieses hat keine negativen Auswirkungen auf die mechanischen Eigenschaften von Holz, vermindert die Aufnahme von Feuchtigkeit erheblich und führt nicht zur Korrosion der Schwellenschrauben.
Der weitaus überwiegende Teil der Weichen wird auf Holzschwellen montiert, was für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein gesundheitliches Risiko durch Kreosot mit sich bringen kann. Die Weichenwerk Wörth GmbH, ein Gemeinschaftsunternehmen der voestalpine Weichensysteme GmbH und der ÖBB Infrastruktur AG, hat eine vorbildliche Lösung für den Schutz der mehr als 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Benzo[a]pyren gefunden.
Seit 2012 werden in dem in St. Pölten gelegenen Werk nicht nur Weichen gefertigt, sondern auch Holzschwellen aufgeplattet. „Bis 2010 sind die fertig aufgeplatteten Schwellen von einem österreichischen Holzimprägnierwerk geliefert worden. Als dieses geschlossen worden ist, haben wir auch diese Aufgabe übernommen“, beschreibt Mag. Peter Müller, QSU-Managementbeauftragter des Weichenwerks Wörth, die damals neue Herausforderung.
Aufplatten im Weichenwerk
Während einer Übergangsphase wurden die Schwellen nach dem früher üblichen Verfahren aufgeplattet: Auf die auf dem Boden liegenden Holzschwellen legte man Stahlschablonen auf und zeichnete die Bohrlöcher mit einem Körner an. Die Mitarbeiter bohrten die Bohrlöcher händisch in gebückter Haltung, legten die Rippenplatten auf und befestigten diese mit einem Schlagschrauber auf den Schwellen. Dabei waren die Arbeitnehmer dem ausgasenden Anteil von Kreosot ausgesetzt. Und auch der Witterung, da im Freien gearbeitet wurde, um die Schadstoffkonzentration der Luft für die Beschäftigten möglichst gering zu halten.
Beim Aufplatten kam es immer wieder zum Kontakt der Arbeitskleidung, gelegentlich auch zu direktem Kontakt von nicht bedeckten Hautpartien mit dem imprägnierten Holz. Dadurch bestand die Gefahr, dass PAK über die Haut bzw. infolge mangelnder Hygiene oral aufgenommen wurden. Weitere gesundheitliche Risiken stellten die Belastung durch als krebserzeugend eingestuften Holzfeinstaub beim Bohren, die vom Schlagschrauber erzeugten Hand-Arm-Vibrationen und die unergonomische Körperhaltung dar.
All diese Probleme wurden bei der Planung der neuen Bohr- und Aufplattungsanlage berücksichtigt. Betriebsrat und Arbeitsmediziner waren ebenso einbezogen wie DI Dietmar Geyer, Fachkundiges Organ Maschinenbau, der im Bereich Unfallverhütung der AUVA-Landesstelle Wien, Außenstelle St. Pölten, tätig ist. Er übernahm die sicherheitstechnische Beratung bei der Konzeption der Anlage und begleitete das Unternehmen während der rund zweieinhalb Jahre dauernden Umsetzung.
Schutz nach dem „STOP“-Prinzip
Dabei ging man nach dem „STOP“-Prinzip vor. Obwohl Holz für Weichenschwellen nur in wenigen Fällen durch Beton oder Metall ersetzt werden kann und es aktuell keine Alternative zur Imprägnierung mit Kreosot gibt, fand man eine Möglichkeit zur Substitution: Kreosot Typ WEI C enthält nur rund zehn Prozent der problematischen Inhaltsstoffe von Typ WEI B. Das Weichenwerk Wörth bezieht nun ausschließlich mit Kreosot WEI C imprägnierte Holzschwellen anstelle der früher verwendeten, die mit Typ WEI B behandelt waren.
„Wir haben darauf geachtet, dass der unmittelbare Kontakt mit den Schwellen weitestgehend vermieden wird, was uns durch Automatisierung gelungen ist“, fasst Müller die Schwerpunktsetzung bei den technischen Maßnahmen zusammen. Die gesamte Manipulation der Schwellen erfolgt mit Staplern. Statt händisch zu bohren, übernimmt diese Tätigkeit nun eine teilautomatisierte Koordinatenbohrmaschine mit zwei unabhängigen Bohreinheiten. Diese verfügt über eine direkte Absaugung des Holzstaubs am Bohrer, da bei einem Durchsatz von mehreren hundert Schwellen am Tag auch die Reduktion der Staubbelastung eine wesentliche Rolle spielt.
Die Koordinatenbohrmaschine bohrt die Löcher für die Rippenplatten, welche die Mitarbeiter auf die Schwellen auflegen. Die Schwellenschrauben werden zur Versiegelung in Gewindebitumen eingetaucht und in der hydraulischen Schraubanlage vibrationsfrei, geräuscharm und drehmomentüberwacht eingeschraubt. Anschließend kommen die fertig aufgeplatteten Schwellen über einen Rollgang in den Nebenraum und werden vollautomatisch zu einem transportierbaren Stapel zusammengeführt.
Schadstoffreduktion, Hygiene und PSA
Bei den organisatorischen Maßnahmen steht für das Weichenwerk Wörth die Reduktion der Menge von gesundheitsgefährdenden Arbeitsstoffen im Vordergrund. Da die Schwellen unmittelbar nach der Tränkung am stärksten ausgasen, müssen zwischen der Anlieferung im Werk und dem Zeitpunkt der Druckimprägnierung mindestens drei Wochen vergangen sein. Das wird in einem mitgelieferten Tränkungsprotokoll, in dem der genaue Zeitpunkt der Imprägnierung mit Kreosot angegeben ist, bestätigt. Durch die geringere Menge an ausgasendem Kreosot lässt sich auch eine Geruchsbelastung der Anrainer vermeiden.
Um die Konzentration gesundheitsgefährdender Stoffe in der Raumluft so gering wie möglich zu halten, werden die Schwellen unter einem Flugdach oder in einer Halle mit Querdurchlüftung gelagert. Im Produktionsbereich mit den Arbeitsplätzen befinden sich maximal drei Schwellen gleichzeitig.
Auf die Einhaltung der Hygienevorschriften wird konsequent geachtet. Damit das den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern leichter fällt, liegt ein Sanitärbereich mit Wasch- und Duschmöglichkeiten gleich neben der Produktionshalle. Ebenso ein mit Mikrowelle zum Wärmen mitgebrachter Speisen ausgestatteter Sozialraum, wie Müller betont: „Weil der Sozialraum so nahe ist, gehen die Arbeiter auch hin. Trinken, essen und rauchen am Arbeitsplatz ist natürlich streng verboten.“
Zum richtigen Umgang mit krebserzeugenden Stoffen finden regelmäßig Schulungen statt. „Man muss mit den Leuten so reden, dass sie es auch verstehen“, betont Müller und nennt ein Beispiel: „In zehn Litern Kreosot ist so viel Krebserzeugendes drin wie in einem Packerl Zigaretten.“
Da die Belastung mit Benzo[a]pyren durch die gesetzten Maßnahmen stark reduziert werden konnte, ist keine spezielle Schutzkleidung erforderlich. „Bei der Montage müssen die Beschäftigten Oberteile mit langen Ärmeln und lange Hosen tragen. Es wird – abgesehen von der Verschraubungsanlage – ausschließlich mit Handschuhen gearbeitet“, so Geyer. Bei der Arbeit an bzw. mit drehenden Teilen dürfen Schutzhandschuhe aus Sicherheitsgründen nicht verwendet werden.
Wirksame Maßnahmen
Wie wirksam die Schutzmaßnahmen sind, zeigen die Messungen, die von der Österreichischen Staub- (Silikose-)Bekämpfungsstelle ÖSBS durchgeführt werden. „Zum Teil wird direkt ,am Mann‘ gemessen. Alle Werte liegen unter den Grenzwerten, einige sogar unter der Nachweisgrenze. Die Konzentration von Benzo[a]pyren beträgt weniger als 1/20 des TRK-Werts von 2 µg/m3“, erklärt Geyer.
Auch in anderen Bereichen legt man im Weichenwerk Wörth großen Wert auf den Schutz vor gesundheitsgefährdenden und insbesondere vor krebserzeugenden Stoffen, etwa Schweißrauch. In der Abbrennstumpfschweißmaschine werden zwei Schienenstücke Stumpf auf Stumpf über einem offenen Lichtbogen unter Druck automatisiert verschweißt. „Die originale Absauganlage war nicht effizient, sie hat zur Hälfte Frischluft angesaugt. Mit der 2015 angeschafften frei hängenden Absaughaube und dem Schweißvorhang erzielen wir eine 95-prozentige Absaugquote“, nennt Müller eine der letzten Verbesserungen.
Weitere Umstellungen, die sich positiv auf Gesundheit und Umwelt auswirken, sind geplant. So finden heuer Versuche mit alternativen Materialien für Bahnschwellen statt, die keine Imprägnierung mit Kreosot erforderlich machen. Müller betont, dass soziale und ökologische Maßnahmen auch ökonomische Vorteile mit sich bringen. Holz mittelfristig zumindest zum Teil zu ersetzen sei auch angesichts steigender Preise für Buchen- und Eichenholz günstig. Schutzmaßnahmen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würden nicht nur durch weniger Fehlstunden, sondern ebenso durch gesteigerte Motivation zu einer höheren Produktivität beitragen.
PAK beim Rauchfangkehren
Eine weitere Branche, in welcher der Kontakt mit PAK-haltigen Stoffen zum Arbeitsalltag gehört, ist das Rauchfangkehren. Ruß mit einem hohen Gehalt an Benzo[a]-pyren entsteht vor allem bei unsachgemäßem Betrieb von Öfen wie Verbrennen von feuchtem Holz, überfüllter Brennkammer oder zu geringer Luftzufuhr sowie bei Feuerungsanlagen mit veralteter Technologie. Bei der Kehrung solcher Anlagen ist die Einhaltung von Sicherheitsmaßnahmen besonders wichtig.
Um einen unkontrollierten Staubaustritt zu verhindern, sind mögliche Staubaustrittsstellen bei Kaminkehrtätigkeiten abzudichten, z. B. durch Verschlossenhalten des Kaminkehrtürchens. Da es trotz der Abdichtungsmaßnahmen zu einer gewissen Staubentwicklung kommt, sollte man Stäube möglichst rasch an der Austrittsstelle mit einem Industriestaubsauger beseitigen. Das Gerät muss mit einem Einsatz der Filterklasse H 14 ausgestattet sein und regelmäßig gewartet werden.
Mit der richtigen Arbeitshygiene lässt sich ein unabsichtliches Verschlucken oder Einatmen belasteter Stäube vermeiden. Dazu zählt Händewaschen vor dem Essen, Trinken oder Rauchen. Zur Vorbeugung von Hautschäden, die die Entstehung arbeitsbedingter Hauterkrankungen begünstigen, dienen Hautschutz-, Hautreinigungs- und Hautpflegemittel. Eine Verschleppung von PAK-haltigem Staub wird durch Duschen nach Arbeitsende und Wechsel der Kleidung verhindert. Arbeits- und Privatkleidung sind getrennt aufzubewahren, um zu vermeiden, dass gesundheitsgefährdende Stoffe nach Hause verschleppt werden.
Bei der Arbeit mit PAK muss schon bei der „Evaluierung“ geprüft werden, ob Persönliche Schutzausrüstung notwendig und einsetzbar ist. Wenn das der Fall ist, muss die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber geeignete Schutzausrüstung zur Verfügung stellen. Sollte das nicht nötig oder möglich sein, hat das Unternehmen geeignete Arbeitskleidung bereitzustellen und auch für deren Reinigung zu sorgen.
„Wenn Ruß sichtbar ist, sind auch mehr oder weniger PAK darin enthalten. Dann braucht man wenigstens partikeldichte Arbeitskleidung, die auch im Sommer Arme und Beine bedeckt“, erklärt Dr. Norbert Hiel, Fachkundiges Organ in der Abteilung für Unfallverhütung und Berufskrankheitenbekämpfung der AUVA. Deshalb werden für die staubintensive Innenreinigung von Schieferkaminen „staubdichte“ Einweg-Staubschutzanzüge (Typ 5) empfohlen.
Vor dem Einatmen von belastetem Staub schützt bereits die Verwendung filtrierender Halbmasken der Type FFP2, vorzugsweise mit Ausatemventil. Beim direkten Umgang und der Möglichkeit des Hautkontakts mit stark PAK-haltigen, beispielsweise „pastösen“, Stoffen und Abfällen sind Chemikalienschutzhandschuhe nach DIN EN 374 zu verwenden. Lederhandschuhe schützen zwar vor mechanischen Verletzungen wie Rissen, Schnitten oder Abschürfungen, nicht aber vor einer Aufnahme von PAK über die Haut.
Beseitigung von Altlasten
Im Baugewerbe ist man vor allem bei Abbruch- und Sanierungsarbeiten mit krebserzeugenden PAK, darunter Benzo[a]pyren, konfrontiert. Bis in die 1950er-Jahre wurde PAK-haltiger Steinkohlenteerpech-Parkettkleber verwendet. Mit PAK belastetes Altreifengranulat findet sich mitunter in der Unterschicht des Bodenbelags. Auch im Dachbau sind früher steinkohlenteerhaltige Dachbahnen und mit Kreosot imprägnierte Hölzer zum Einsatz gekommen.
„Steinkohlenteer-Produkte kann man zum Teil an der schwarzen Farbe erkennen, öfter aber am Geruch. Der typische Naphthalin- bzw. Teergeruch ist auch nach 50 Jahren noch spürbar. Meistens merkt man ihn bereits, bevor es gefährlich wird“, stellt Dipl.-Ing. Ernest Stühlinger von der Abteilung für Unfallverhütung und Berufskrankheitenbekämpfung der AUVA fest. Beim Ausbau von PAK-haltigen Produkten in Innenräumen muss man auf ausreichende Lüftung achten.
Bei der Verarbeitung von Kohle in Kokereien können PAK durch Abgase und Abwässer in die Umwelt gelangen. Die Böden auf dem Gelände ehemaliger Kokereien sind daher oft mit PAK belastet, insbesondere im Bereich von Teergruben und Lagerflächen der Abfallprodukte. Mitunter stößt man bei Bauarbeiten aber auch unerwartet auf PAK-haltiges Material, so Hiel: „Wenn man beim Aushub von Tiefbaustellen auf eine Schicht trifft, die nach Teer riecht, kann das z. B. ein PAK-haltiger Austritt aus einem alten Kessel sein. Dann muss diese Arbeit vorerst eingestellt und der Vorarbeiter verständigt werden.“
Auf Baustellen finden sich PAK auch in Dieselmotoremissionen (DME) von Baumaschinen und -fahrzeugen. Bei DME handelt es sich nicht um einen chemisch eindeutig definierten Stoff, sondern um ein Stoffgemisch aus gasförmigen und partikelförmigen Anteilen, an denen sich weitere Stoffe, darunter PAK, anlagern. Darüber hinaus enthalten Dieselmotoremissionen andere gesundheitsschädigende Stoffe wie Stickoxide. Problematisch sind DME vor allem bei Arbeiten in ganz oder teilweise geschlossenen Arbeitsbereichen, etwa in Hallen, Tunnels, Schächten oder Gruben.
Rauchgase im OP
Im medizinischen Bereich sind PAK in Rauchgasen enthalten, die bei chirurgischen Eingriffen entstehen, bei denen mit einem Laser Gewebe gekautert, verdampft oder abladiert wird. Die normale OP-Lüftungsanlage ist für die Absaugung von lasergenerierten Rauchgasen nicht ausgelegt. Die technisch sinnvollste Schutzmaßnahme ist die Absaugung von chirurgischen Rauchgasen an ihrer Entstehungsstelle. Es gibt dafür spezielle Absauggeräte, die für eine lokale Absaugung ausgelegt sind und Hochleistungsfilter eingebaut haben. Eine spezielle Laser-OP-Maske ist bei guter Absaugung im Normalfall nicht erforderlich.
Berufskrankheit Krebs: Übersicht hilft bei Zuordnung
Krebs kann als Berufskrankheit anerkannt werden, wenn er durch die Arbeit verursacht wurde. Die neu erstellte „Übersicht: Krebs als Berufskrankheit“ der AUVA ordnet den Berufskrankheiten mögliche Tumorlokalisationen und Expositionen zu und erleichtert Ärztinnen und Ärzten so die Feststellung, ob ein Zusammenhang mit dem Beruf besteht.
Insbesondere bei Krebserkrankungen wird der Zusammenhang mit aktuellen oder früheren Berufen oft nicht hergestellt. Ein Mitgrund dafür ist, dass die Krebserkrankung nur bei wenigen Stoffen wie Benzol sehr schnell auftritt, bei den meisten krebserzeugenden Arbeitsstoffen sind die Latenzzeiten dagegen sehr lang. Bei Asbest liegen diese bei 40 Jahren oder mehr. Manche Betroffene sind daher bei der Diagnosestellung vielleicht sogar schon in Pension. Umso wichtiger ist eine ausführliche Anamnese, die das gesamte Berufsleben und damit auch früher ausgeübte Tätigkeiten sowie die dabei verwendeten oder entstehenden Arbeitsstoffe umfasst. Die Meldung als Berufskrankheit bei begründetem Verdacht ist ein wichtiger Schritt, denn nur so besteht für Betroffene die Chance, dass ihre Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt wird und ihnen damit Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zuerkannt werden.
Welche Erkrankungen als Berufskrankheiten anerkannt werden können, regelt der Gesetzgeber. Sie sind in der österreichischen Liste der Berufskrankheiten nachzulesen. Aktuell umfasst die Liste 53 Krankheiten. Auch nicht in der Liste stehende Erkrankungen können unter bestimmten Voraussetzungen über die Generalklausel als Berufskrankheit anerkannt werden.
Die neue „Übersicht: Krebs als Berufskrankheit“ bietet Informationen zu Krebserkrankungen, die einen Bezug zu Berufskrankheiten (lt. Anlage 1 des ASVG) haben können. Es werden darin – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – krebserzeugende Stoffe und deren Einstufungen, mögliche Tumorlokalisationen sowie mögliche Expositionen bzw. Verwendungen aufgeführt und den betreffenden Berufskrankheiten zugeordnet. Ärztinnen und Ärzte sollen dadurch bei der Feststellung eines „begründeten Verdachts“ als Voraussetzung für eine Berufskrankheiten-Meldung unterstützt werden. Es ist daraus allein allerdings kein Anspruch auf Anerkennung als Berufskrankheit ableitbar.
Informationen unter: www.auva.at/krebsgefahr (Krebserkrankung und Beruf)
FAQ zu krebserzeugenden Arbeitsstoffen: Die AUVA antwortet!
Im Rahmen des AUVA-Präventionsschwerpunktes „Gib Acht, Krebsgefahr!“ beantworten AUVA-Expertinnen und Experten in jeder Ausgabe von SICHERE ARBEIT bis Ende 2020 häufig gestellte Leserfragen zum Thema krebserzeugende Arbeitsstoffe.
Haben auch Sie Fragen? Dann senden Sie uns diese an FAQkrebsgefahr@auva.at!
Was steht hinter dem Konzept der risikobasierten Grenzwerte? Und wie ist der Stand dazu in Österreich?
Es gibt Arbeitsstoffe (beispielsweise krebserzeugende), für die keine toxikologische Wirkschwelle angegeben werden kann, also keine Dosis ohne negative Effekte auf die Gesundheit. Für diese Stoffe lässt sich daher auch kein Arbeitsplatzgrenzwert ableiten, bei dessen Einhaltung Gesundheitsschäden sicher verhindert werden können.
Um trotzdem höchstmögliche Sicherheit im Umgang mit diesen Stoffen zu erzielen, gelten in Österreich derzeit TRK-Werte (Technische Richtkonzentration) als Grenzwerte. Sie orientieren sich vor allem am Stand der Produktions- und Lüftungstechnik zum Zeitpunkt der TRK-Wertfestlegung bzw. an der Flüchtigkeit des jeweiligen Arbeitsstoffs.
Risikobasierte Grenzwerte sind ein alternativer, transparenter Zugang zur Grenzwertproblematik für solche Substanzen. Wie leitet man nun einen risikobasierten Grenzwert ab? Erstens muss in einem gesellschaftspolitischen Diskurs definiert werden, wie hoch das zusätzliche, durch die Arbeit bedingte Risiko, durch den betreffenden Stoff an Krebs zu erkranken, sein darf. Dieser für die Gesamtgesellschaft gerade noch hinnehmbare und sehr niedrige zusätzliche Risikofaktor gilt dann – unabhängig vom Arbeitsstoff und vom industriellen Verfahren – für alle Beschäftigten gleichermaßen. Zweitens muss man durch Studien feststellen, welche Belastungen durch krebserzeugende Substanzen mit welchem Risiko, an Krebs zu erkranken, einhergehen, um in Kombination mit dem festgelegten „akzeptierten zusätzlichen Risikofaktor“ konkrete risikobasierte Grenzwerte errechnen zu können.
In Deutschland hat man sich beispielsweise unter Teilnahme aller Beteiligten (Vertreter der Wirtschaft, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Regierung, …) auf einen akzeptierten zusätzlichen Risikofaktor von 4:100.000 (bzw. 1:25.000) geeinigt. Das bedeutet: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ein Arbeitsleben lang acht Stunden täglich für ca. 200 Tage im Jahr mit einem Stoff bei der Konzentration des risikobasierten Grenzwertes arbeiten, haben ein Risiko von 1:25.000, dadurch an Krebs zu erkranken. Die österreichischen TRK-Werte bedeuten in fast allen Fällen ein deutlich höheres Krebsrisiko für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
In Österreich wurde daher ein ähnliches Konzept wie jenes der risikobasierten Grenzwerte in Deutschland erarbeitet. Die Verhandlungen dazu sind noch am Laufen.
Sind alle Isocyanate krebserzeugend?
Nein, lediglich Diisocyanate gelten als krebsverdächtig. Häufig eingesetzte Diisocyanate, die als krebsverdächtig gelten, sind MDI (Methylendiphenyldiisocyanat) und TDI (Toluoldiisocyanat). Wobei nicht die krebsverdächtige, sondern die allergieauslösende Wirkung von Isocyanaten im Vordergrund steht. Grund dafür ist, dass die Einstufung als „krebsverdächtig“ auf Erfahrungen mit chronischer Entzündung der Atemwege durch langjähriges Einatmen von Isocyanat-Konzentrationen weit über dem MAK-Wert basiert. Meist kommen MDI und TDI jedoch in geringer Konzentration in Gemischen vor.
Der Hautkontakt ist allerdings bei allen Isocyanaten unbedingt zu vermeiden! Denn der Hautkontakt (z. B. wiederholte Spritzer auf die ungeschützte Haut) kann auf indirektem Weg dazu führen, dass zu einem späteren Zeitpunkt (nach Wochen, Monaten, Jahren …) bei neuerlicher Einwirkung von Isocyanat, vor allem auf die Atemwege, eine Asthma-Erkrankung ausbricht.
MDI und TDI werden z. B. bei der Produktion von Klebstoffen und PU-Schäumen sowie von Lacken eingesetzt. Aus isocyanathältigen Gussmassen stellt man Formteile, Halbzeuge und Beschichtungen her.
Für MDI und TDI sind verschiedene Namen und CAS-Nummern in Verwendung:
MDI:
- CAS 101-68-8
- CAS 2536-05-2
- CAS 5873-54-1
- CAS 26447-40-5
TDI:
- CAS 91-08-7
- CAS 584-84-9
- CAS 26471-62-5
Mehr Informationen im AUVA-Merkblatt M.plus 361 Sicherer Umgang mit isocyanathältigen Arbeitsstoffen (www.auva.at/merkblaetter).
Was muss im Umgang mit PU-Schäumen beachtet werden?
PU-Schäume enthalten als Isocyanat am häufigsten MDI (Methylendiphenyldiisocyanat). Wegen des äußerst geringen Dampfdrucks von MDI besteht bei Anwendung bei Raumtemperatur keine Gefährdung durch eine Aufnahme über die Luft. Aufgrund der sensibilisierenden (allergieauslösenden) Eigenschaften ist es jedoch wichtig, den Hautkontakt zu vermeiden.
Die Sammlung aller Fragen und Antworten zu krebserzeugenden Arbeitsstoffen können Sie auf der Webseite zum AUVA-Präventionsschwerpunkt nachlesen: www.auva.at/krebsgefahr, Menüpunkt „Häufig gestellte Fragen (FAQ)“
Zusammenfassung
Mit krebserzeugenden polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) ist man in vielen Bereichen konfrontiert, z. B. bei der Bearbeitung von Holz, das mit PAK-haltigem Steinkohlenteeröl Kreosot imprägniert ist. Dieses darf nur mehr für Anwendungen eingesetzt werden, für die es keine gleichwertigen Alternativen gibt, etwa für Bahnschwellen aus Holz. Mit umfangreichen Schutzmaßnahmen und dem Umstieg auf Schwellen, die mit Kreosot mit einem geringeren PAK-Anteil getränkt sind, gilt das Weichenwerk Wörth als Vorzeigebetrieb. Weitere Tätigkeiten, bei denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit PAK in Kontakt kommen können, sind Rauchfangkehren, Abbruch- und Sanierungsarbeiten, Arbeiten mit dieselbetriebenen Maschinen oder Fahrzeugen sowie chirurgische Eingriffe mittels Laser