Arbeiten auf Bäumen
Baumklettern – wer kann’s nicht?
Erinnern Sie sich noch, wann Sie zum ersten Mal auf einen Baum geklettert sind? Wahrscheinlich noch vor Ihrem ersten Schultag. Professionelles Baumklettern hat mit dem kindlichen Spieltrieb jedoch wenig zu tun.
Im § 1319 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) wird von einem Grundbesitzer gefordert, alle auf seinem Grundstück befindlichen Personen vor Gefahren zu schützen, die deren Sicherheit gefährden. Gefahren können dabei von herabfallenden Gebäudeteilen oder z. B. Bäumen ausgehen. Der Grundbesitzer muss im Schadensfall den Nachweis erbringen, in bestimmten Intervallen alle zumutbaren Sicherheitsmaßnahmen getroffen zu haben (= Beweislastumkehr). Dabei wird nicht unterschieden, ob es sich beim Grundbesitzer um eine Privatperson, eine Firma oder Gebietskörperschaften wie Bund, Länder oder Gemeinden handelt.
Wer darf Baumpflege-Arbeiten durchführen?
Während Sichtkontrollen bei Dachziegeln, Gartenzäunen oder Vordächern in Einzelfällen bereits einen Schaden aufdecken, kann ein Laie bei Bäumen nicht immer vom ersten optischen Eindruck auf dessen Gesamtzustand schließen. Trotz dieses Umstands wird im Zuge der Pflege des Baumbestandes auf Grundstücken selten ein entsprechender Befähigungsnachweis von den betreuenden Personen eingefordert.
Durch die im Gesetz geforderte Beweislastumkehr entsteht ein immer größer werdender Markt für Baumpflege. Problem: Viele fühlen sich befähigt, die Baumpflege durchzuführen, obwohl sie über keinen entsprechenden Ausbildungsstandard verfügen. Die Baumpflege an sich ist ein gebundenes, zur Gärtnerinnung zugehöriges Gewerbe, das einen Befähigungs- bzw. Praxisnachweis benötigt. Der entstehende Preisdruck durch den größer werdenden Markt wirkt sich nicht zuletzt auf die fachspezifische Ausbildung der Beteiligten, aber auch auf die Arbeitssicherheit, auf Passanten und deren Güter und auf den Baumbestand aus.
Neue Werkzeuge – alte Gefahren
Neue, teilweise sehr preisgünstige Arbeitsgeräte, z. B. Akku-Kettensägen, reduzieren zusätzlich Hemmschwellen, Baumpflege- bzw. Baumschnittarbeiten selbst durchzuführen, und werden in Zukunft nach Einschätzungen der Branche die Problematik verstärken. Im gleichen Maße bedeutet das auch geringere Hemmschwellen, diese im Privatbereich einzusetzen. Der Lärm einer benzinbetriebenen Motorsäge signalisiert noch immer ein gewisses Maß von „Achtung! Gefahr!“. Die Akku-Kettensäge wirkt dagegen verhältnismäßig harmlos.
Dem gegenüber stehen mittlerweile Verkaufseinschränkungen für Top-Handle-Sägen (fälschlicherweise als Einhandsägen bezeichnet), die Herstellerempfehlungen zufolge nur noch an ausgebildetes Fachpersonal abgegeben werden sollen. In Werbeprospekten wird gerne – wegen der geringen Größe der Säge – eine falsche Produktbezeichnung verwendet und somit die Gefahr beispielsweise des Rückschlags und damit verbundener massiver Oberkörper- und Gesichtsverletzungen verharmlost. Zumal in Bereichen, in denen Sägen in Verbindung mit geringer fachlicher Qualifikation der Beteiligten zum Einsatz kommen, die Verwendung von geeigneter Schutzausrüstung nach wie vor als mangelhaft bezeichnet werden kann. Wenn dann doch etwas passiert ist, wird die Darstellung des Unfallherganges oft mit den beliebten Füllwörtern „eigentlich“, „eh“ und „nur“ eingeleitet, um die Nichtverwendung der PSA zu erklären.
Sicherheit sollte oberste Priorität haben
Die Auftraggeber sollten sich in ihrem eigenen Interesse über die entsprechende Befähigung des Auftragnehmers informieren und ihre Auswahlkriterien nicht nur am Preis festmachen. Denn letztendlich geht es nicht nur um die Sicherheit, sondern auch um Haftungsfragen. Und welcher Auftraggeber möchte schon einen Verletzten verantworten?
Baumpflege – hätten Sie daran gedacht?
Grundvoraussetzung: zwei ausgebildete Kletterer vor Ort zur gegenseitigen Rettung!
- Welche Gefahren sehe ich am Baum
- Ist der Baum gesund? (Baumumfeld, Stamm und Krone)
- Sind Anzeichen für Schadstellen am Baum erkennbar?
- Trägt mich der Baum? (Standsicherheit, Bruchsicherheit)
- Weitere Gefahrenhinweise, z. B. Insektenflug
- Arbeits- und Gefahrenbereich am Boden festlegen, kennzeichnen, sperren
- Festlegung Rettungsmethode aus dem Baum
- Seiltechnik
- Leiter
- Hubarbeitsbühne
- Festlegung der Rettungskette
- Empfang Mobiltelefon
- Zufahrtsmöglichkeiten für Rettung
- Nächster Landeplatz für Hubschrauber
- Einweiser und weitere Hilfskräfte
- Übernahmeplatz für Rettung
- Fachkundiges Bodenpersonal sicherstellen
- Überblickt den Gefahrenbereich
- Unterstützt vom Boden aus
- Leitet Rettung ein bzw. führt diese durch
- Auswahl geeigneter Aufstiegs- und Sicherungshilfen
- Komplette Ausrüstung für Seilklettertechnik
- Leiter
- Hubarbeitsbühne
- Auswahl geeigneter Aufstiegs- und Sicherungstechnik (Einfachseil/Doppelseil)
- Welche Technik(en) wende ich in der jeweiligen Situation zur Eigensicherung an
- Welche Technik(en) wende ich in der jeweiligen Situation zur Baumpflege an
- Sicherung von fallendem Holz, Hilfsmaterial, …
- Kommunikation
- Festlegung Sprache, Kommandos und Sicherheitsabstände
- PSA
- Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA)
- Schutzhelm
- Augenschutz
- Handschuhe
- Bei Arbeiten mit der Motorsäge zusätzlich Schnittschutzhose und Gehörschutz
- Abtransport und/oder Zerkleinerung des Schnittguts mit Gerät
NEU: AUVA-Merkblatt
„M.plus 520: Arbeiten auf Bäumen“
Zielgruppe: alle Personen, die arbeitsbedingt Bäume besteigen (z. B: bei Forstarbeiten, Sicherungsarbeiten bei Leitungen, Ausästen, Baumpflege, etc.)
Inhalte: wichtige Tipps und Sicherheitsregeln von der Absicherung des Einsatzortes und geeigneten Aufstiegstechniken über Seilarbeiten am Baum und den sicheren Sägeneinsatz bis hin zu den Themen Rettung und Erste Hilfe, Bekleidung und Ausrüstung u. v. m.
ab sofort verfügbar.
Zusammenfassung
Obwohl das Arbeiten auf Bäumen grundsätzlich ein gebundenes Gewerbe ist, das eine fachliche Qualifikation voraussetzt, sind in der Baumpflege zunehmend Unternehmen tätig, die nicht immer über das notwendige Fachwissen und die Sensibilisierung für die entstehenden Gefahren verfügen. Damit steigt das Unfallrisiko.