Best Practice
Vielfalt wird groß geschrieben
Bei der Wiener Bäckerei und Konditorei Josef Schrott wird Vielfalt groß geschrieben. Das Engagement des Unternehmens im Bereich der Diversität wurde Ende vergangenen Jahres mit der Goldenen Securitas 2016 in der Kategorie „Vielfalt bringt Erfolg!“ ausgezeichnet.
Die Förderung von Diversität in der Gesellschaft ist schon lange nicht mehr allein eine Frage der gesellschaftlichen Verantwortung, sondern vor allem eine wirtschaftliche Notwendigkeit geworden. Der demografische Wandel und der damit einhergehende Mangel an Fach- und Führungskräften sowie die zunehmende Globalisierung stellen Personalistinnen und Personalisten sowie Human-Ressource-Managerinnen und -Manager vor große Herausforderungen. Welche Herausforderungen, kann niemand sagen. Unternehmen sind also gut beraten, sich möglichst breit aufzustellen, indem sie bei ihrer Personalauswahl auf Vielfalt achten. Vielfalt an Fähigkeiten und Kenntnissen, an Kulturen und Sprachen, an Alter und Bedürfnissen – je vielfältiger, desto besser.
Preis für gelebte Diversität
Im Familienbetrieb Bäckerei und Konditorei Josef Schrott, der seit 1885 besteht und mit vier Standorten in Wien vertreten ist, wird Vielfalt besonders groß geschrieben. Die von Eva und Josef Schrott geführte Bäckerei beschäftigt 48 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus aller Welt. Soziale Gerechtigkeit, ein gutes Arbeitsklima und loyale Mitarbeiter sind den beiden ein großes Anliegen. Deshalb finden viele Menschen aus unterschiedlichsten Herkunftsländern bei ihnen einen langjährigen Arbeitsplatz. Diese Präventionsmaßnahme wurde mit der Trophäe Goldene Securitas 2016 in der Kategorie „Vielfalt bringt Erfolg!“ ausgezeichnet. Mit diesem Preis, den AUVA und Wirtschaftskammer Österreich alle zwei Jahre ausschreiben, werden Klein- und Mittelbetriebe prämiert, die auf dem Gebiet der Prävention von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten vorbildliche Maßnahmen gesetzt haben.
Vielfalt ist selbstverständlich
Frei nach dem Grundsatz „Man kann nicht nicht kommunizieren“ (Paul Watzlawick) hat bereits in vielen Personalabteilungen großer Unternehmen ein Umdenken stattgefunden. Die Ausgestaltung und strategische Umsetzung einer unverwechselbaren Arbeitgebermarke wird nicht mehr als unveränderbare Tatsache gesehen, sondern als wichtiges Instrument, um sich auf dem Arbeitsmarkt zu positionieren. Parallel dazu werden in den Marketing- und Vertriebsabteilungen neue Konzepte ausgetestet und ein zielgruppenspezifisches Ethnomarketing implementiert. Diese Maßnahmen zielen in erster Linie darauf ab, neue Kundengruppen anzusprechen, und haben durch die intensive Präsenz innerhalb der migrantischen Communities den Nebeneffekt einer (unbeabsichtigten) Positionierung als attraktiver Arbeitgeber in diesen Zielgruppen. So wird beispielsweise die große Gruppe der Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien oder der Türkei in Österreich bis jetzt kaum direkt angesprochen. Eine spezifische Ansprache jener hochqualifizierten Personen unter Berücksichtigung von historischen, kulturellen und sprachlichen Gegebenheiten ist jedoch der Schlüssel zur authentischen Arbeitgebermarke.
In der Bäckerei Schrott wird Diversität in mehrfacher Hinsicht schon seit über 20 Jahren gelebt. Kulturelle Besonderheiten und Bedürfnisse des Personals hat man längst erkannt und mit Anerkennung und Wertschätzung angenommen. Dies bleibt auch bei den Kunden nicht unbemerkt und wird außerordentlich geschätzt. Diversität ist nicht nur im Kundenbereich, sondern auch in der Backstube seit langem implementiert und eine Selbstverständlichkeit. Seit 1992 ist ein Bäcker aus Nigeria beschäftigt; durch seine Fröhlichkeit bei der Arbeit sorgt er für ein angenehmes Betriebsklima am Standort Mariahilfer Straße. Viele Mitarbeiter stammen z. B. aus Kroatien, Serbien, Deutschland, Türkei, Kosovo, Rumänien, und auch Menschen mit Behinderung sind im Team willkommen. Darüber hinaus werden Bäcker, die auf dem Arbeitsmarkt aufgrund ihres Alters keinen Job mehr gefunden haben, von Josef Schrott eingestellt. Aber auch weniger begünstigten jungen Leuten wird die Chance gegeben, ihre Ausbildung zu schaffen. Aus diesem Grund arbeitet die Bäckerei immer wieder auch mit übergeordneten Initiativen der Jugendförderung zusammen.
Vielfalt in der Herkunft der Beschäftigten
Der immer deutlicher sichtbar werdende Fachkräftemangel in Österreich führte in den vergangenen Jahren zu intensiven Bemühungen seitens vieler Unternehmen, ausländische Fachkräfte für den österreichischen Arbeitsmarkt anzuwerben. Für die nächsten Jahre wird jedoch eine weitere Senkung der Erwerbsbevölkerung prognostiziert, wodurch Unternehmen in Zukunft noch stärker um qualifiziertes Personal konkurrieren werden. Dennoch haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus anderen Ländern es am Anfang schwer, einen Arbeitsplatz in Wien zu finden. In der Bäckerei Schrott bekommen sie einen sicheren Arbeitsplatz, damit können sie ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten und haben die Anerkennung, gebraucht zu werden und ihre Fähigkeiten nutzen zu können. Anfängliche Sprachprobleme werden durch tägliche Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen mit deutscher Muttersprache verbessert. Darüber hinaus bietet Schrott Sprachkurse an, die durch die Einteilung der Arbeitszeit unter Erhalt der vollen Arbeitsstelle ermöglicht werden. Der Gewinn ist für Josef Schrott, dass der Betrieb loyale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnt, die ihre Erfahrungen aus anderen Ländern einfließen lassen. Selbstverständlich werden auch besonders im Umgang mit Kunden die Muttersprachkenntnisse der Mitarbeiter genutzt.
Vielfalt in der Altersstruktur
Die Altersstruktur ist in der Bäckerei sehr gut gemischt. Von 48 Mitarbeitern sind 15 mindestens 50 Jahre alt und älter, viele davon sind schon viele Jahre im Betrieb. Es werden aber auch gerne noch ältere Bewerberinnen und Bewerber eingestellt, da diese neben sehr viel Lebenserfahrung auch langjährige Berufspraxis mitbringen. Ein nicht unwesentlicher Vorteil, den sich Eva und Josef Schrott nicht entgehen lassen wollen. So wurde vor fast zwei Jahren eine Bürosachbearbeiterin eingestellt, die zum Zeitpunkt der Bewerbung schon 57 Jahre alt war. Die vierfache Mutter, die jahrelang unter schwierigen Bedingungen einen Bergbauernhof bewirtschaftet hatte, brachte ihre reichhaltigen Erfahrungen aus ihrem Privatleben und Arbeitsalltag ein – dies kommt in mehrfacher Hinsicht der Firma zugute. Eva Schrott ist begeistert, da die engagierte Mitarbeiterin sehr gewissenhaft und schnell ihre Arbeit verrichtet und darüber hinaus selbst sehr gut einschätzen kann, was sofort erledigt werden muss oder zu einem späteren Zeitpunkt in Angriff genommen werden kann. Sie ist anderen Kolleginnen und Kollegen Ratgeberin und agiert auch im Sinne der Kunden. Da sie über den eigenen Tellerrand schaut, erledigt sie auch so manche Kleinigkeit, die weder in ihrem Dienstvertrag steht noch extra angewiesen wurde. Gelassenheit und Stressresistenz machen sie zu einer wertvollen Mitarbeiterin. Diese Arbeitnehmerin weiß ihren sicheren Arbeitsplatz, den sie aus der Sicht ihrer Vorgesetzten bis zu ihrem Pensionsantritt behalten wird, sehr zu schätzen. Für Eva und Josef Schrott ist sie jedenfalls nicht mehr wegzudenken, da die beiden in alltäglichen Belangen durch sie sehr entlastet werden und sich verlassen können, dass alles richtig läuft, wenn sie einmal nicht im Betrieb sind.
Ein weiterer großer Vorteil der Durchmischung der Altersstruktur liegt darin, dass Erfahrungen die Firma nicht verlassen, wenn Mitarbeiter in Pension gehen, da das wertvolle Wissen in den Jungen weiterlebt. Darüber hinaus verhindert der frische Wind der jungen Mitarbeiter, Betriebsblindheit zu vermindern. Das AMS fördert diese Betriebe zu Beginn der Einstellung. Für die Geschäftsführung ist es eine Selbstverständlichkeit, die Mitarbeiter – so sie ins Team passen – auch nach der bezahlten Förderung im Betrieb zu behalten. Wenn es einmal nicht so passt, wird das Dienstverhältnis auch schon während des Förderprogrammes gelöst. Im Normalfall gewinnt aber das Team wertvolle Mitarbeiter dazu. Kommt es dennoch aufgrund der Vielfalt an Alter und Herkunft zu Spannungen, wird das Gespräch mit den Betroffenen gesucht, um das gute Arbeitsklima schnellstmöglich wieder herzustellen.
Vielfalt bei gesundheitlichen Voraussetzungen
Um weniger begünstigten jungen Leuten die Chance zu geben, ihre Ausbildung abzuschließen, arbeitet das Ehepaar Schrott immer wieder mit übergeordneten Initiativen, z. B. Jugend am Werk, Wien Work, Best etc., zur Jugendförderung zusammen. So haben Lehrlinge dieser Einrichtungen die Möglichkeit, ihre Praktika zu absolvieren, wertvolle Erfahrungen zu sammeln, und sie können schon in den Beruf hineinschnuppern, um zu erkennen, ob es der richtige ist. Bewerberinnen und Bewerber mit Behinderung haben in der Bäckerei Schrott eine reelle Chance, eine Arbeitsstelle zu finden. Eva Schrott weiß aus eigener Erfahrung, dass ein Leben mit Behinderung eine Berufstätigkeit nicht ausschließt, da sie selbst zu 50 Prozent aufgrund einer Krebserkrankung behindert ist und ihre Aufgaben dennoch bestmöglich erledigt. Für sie liegt der Vorteil in der Sicherheit des Arbeitsplatzes und der Gewissheit, auf Verständnis zu stoßen, wenn sie einmal nicht so leistungsfähig ist. Der Vorteil für das Unternehmen liegt darin, dass zu ihrem Gehalt eine Förderung vom Sozialministerium gewährt wird und der Betrieb die Ausgleichstaxe nicht bezahlen muss. In Ermangelung von Bewerbungen ist sie derzeit die einzige begünstigte Behinderte im Betrieb. Das Unternehmen hatte schon andere Mitarbeiter mit besonderen Bedürfnissen und würde sehr gerne wieder jemanden einstellen, der mindestens zu 50 Prozent eine Behinderung hat.
Vielfalt in der Firmenleitung
Der Betrieb ist in der fünften Generation im Familienbesitz, und mit Jeremiah, Sohn von Josef Schrott, möchte ihn auch die sechste Generation sehr gerne übernehmen. So hat die Durchmischung von Jung und Alt einen hohen Stellenwert, da viele Erfahrungen der Älteren genutzt und an die Jugend weitergegeben werden, aber auch neue Ideen der jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einfließen. Damit wird Handwerksarbeit auf höchstem Niveau gewährleistet, ohne auf Neuerungen zu vergessen. Ein weiterer Vorteil an der Weitergabe der Firma an die nächste Generation liegt im Erhalt des Arbeitsplatzes, auch wenn der Chef sich in einigen Jahren aus Altersgründen langsam zurückziehen wird. So hat ein alteingesessenes Familienunternehmen hoffentlich noch lange Bestand und die Kunden müssen nicht auf ihre geliebten Produkte verzichten. Darüber hinaus können knapp 50 Arbeitsplätze trotz oft schwieriger Bedingungen erhalten bleiben. Josef Schrott ist sehr stolz auf alle seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denn ohne sie würde es diese Bäckerei nicht geben.
Zusammenfassung
Die Bäckerei und Konditorei Josef Schrott beschäftigt 48 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus aller Welt. Vielfalt wird in diesem Betrieb besonders groß geschrieben. Viele Mitarbeiter z. B. aus Nigeria, Kroatien, Serbien, Deutschland, Türkei, Kosovo, Rumänien und auch Menschen mit Behinderung finden ihren langjährigen Arbeitsplatz im Team. Darüber hinaus stellt Josef Schrott Menschen ein, die auf dem Arbeitsmarkt aufgrund ihres Alters keinen Job mehr gefunden haben.