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Forschung

Entwicklung und Anwendung eines Lungensimulators

In einem von der FH Technikum Wien durchgeführten und von der AUVA mitfinanzierten Forschungsprojekt wurde ein Lungensimulator entwickelt, der eine Alternative zu Tierversuchen darstellt. Er soll mithelfen, die Forschung zu Atemwegserkrankungen voranzutreiben. Der mobile Aufbau lässt auch zahlreiche Untersuchungen im Arbeitsumfeld Realität werden.

3D-Simulation der Lunge
Fotolia/yodiyim

alle Bild: Rainer GrycAtemwegserkrankungen sind weltweit, insbesondere aber in den Industrieländern stark auf dem Vormarsch. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass in Österreich Atemwegserkrankungen unter den häufigsten Todesursachen seit Jahren den dritten Platz einnehmen. Rechnet man Tumorerkrankungen der Atemwege dazu, so entfallen mehr als 10 Prozent aller Todesfälle in Österreich auf Atemswegerkrankungen. Dieser prozentuelle Anteil ist seit Jahren etwa konstant.

Parallel dazu wird in den vergangenen Jahren international und auch in Österreich ein deutlicher Anstieg chronischer Atemwegserkrankungen (z. B. Asthma, COPD) verzeichnet. Dies lässt für die Zukunft auch einen Anstieg der durch atemwegsbezogene Erkrankungen bedingten Todesrate erwarten.

Neue Forschungsanstrengungen notwendig

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, erscheint eine intensivere Erforschung der Wirkmechanismen lungengängiger Schadsubstanzen und der Entwicklung und Prävention von chronischen Atemwegserkrankungen als wichtiges Zukunftsthema notwendig, dem auch in der Bewertung der Arbeitsplatzsicherheit ein besonderer Stellenwert zukommt. Ursachen und Wirkungsweise verschiedenster Einflussfaktoren scheinen dabei aktuell nicht restlos wissenschaftlich geklärt. Neben einer genetischen Disposition hat insbesondere der persönliche Lebensstil einen bedeutenden Einfluss. Einerseits werden geänderte Ernährungsgewohnheiten und der Aufenthalt in schlecht belüfteten Räumen bei gleichzeitiger Zunahme von Innenraumschadstoffen angeführt. Auch geänderte Hygienestandards, welche die Aktivierung des Immunsystems reduzieren, werden als Ursache für chronische Atemwegserkrankungen angenommen. Aktiv- und Passivrauchen hat man schon vor langer Zeit als Risikofaktoren erkannt.

Parallel dazu können sich weitere umgebungsbedingte Faktoren ebenso negativ auswirken. Die regelmäßigen Messungen der Luftqualität in Österreich zeigen, dass insbesondere in manchen Großstädten im Osten und Süden des Landes immer wieder Überschreitungen von Schadstoff-Grenzwerten auftreten. Feinstaub spielt hier eine große Rolle, mit Rußpartikeln aus Dieselkraftfahrzeugen als einem der prominentesten Beispiele. Zu diesen Einflussfaktoren kommt hinzu, dass Körper und Atemwege einer ansteigenden Zahl von Chemikalien ausgesetzt sind, deren Auswirkungen auf die Gesundheit bisher teilweise nur unzureichend dokumentiert sind.

Alternativen zum Tierversuch gesucht

Aus diesem Grund wurde von der Europäischen Kommission das REACH-Programm (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals http://ec.europa.eu/environment/chemicals/reach/reach_en.htm) ins Leben gerufen. Im Zuge dieses Programms sollen die gesundheitlichen Auswirkungen einer Vielzahl von chemischen Verbindungen untersucht und allgemein zugänglich dokumentiert werden. Die Anzahl der im Zuge der ersten Stufe von REACH erhobenen Substanzen, die es zu untersuchen gilt, überstieg die ursprünglich angenomme um ein Vielfaches. Viele der Tests müssen in Tierversuchen erfolgen. Dies hat zur Folge, dass Millionen von Wirbeltieren für die Versuche notwendig wären.

Parallel zu REACH gibt es in der Europäischen Union jedoch auch intensive Bestrebungen, den Einsatz von Tierversuchen auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren (siehe dazu eur-lex.europa.eu). Daher wird aktuell eine Vielzahl neuer Methoden entwickelt, welche die toxikologische, allergene oder karzinogene Wirkung der verschiedenen Substanzen auf der Basis von Tests in Zellkulturen erlauben. Solche Tests finden bereits heute breite Anwendung und werden in Zukunft klar an Bedeutung gewinnen.

Den menschlichen Organismus nachbilden

Aus den durchgeführten Analysen auf der Basis von Zellkulturen können nur dann gültige medizinische Folgerungen gezogen werden, wenn die zugrunde gelegten Daten tragfähig sind und wenn sich eine Verbindung zum menschlichen Organismus eindeutig herstellen lässt. Um den Gap zwischen Mensch und Zellkultur zu schließen, können teilweise mechanische Modelle eingesetzt werden, die den menschlichen Organismus möglichst realistisch nachbilden, ohne dabei jedoch auf Tierversuche zurückgreifen zu müssen.

Ein solches Modell ist das an der FH Technikum Wien entwickelte mechanische Lungenmodell iLung 2.1, das in den vergangenen Jahren auch mit Unterstützung der AUVA weiterentwickelt wurde. Dieses Modell wird zukünftig nicht nur eine Absolutmessung der eingeatmeten Schadstoffe ermöglichen, sondern auch analysieren helfen, wie viel der eingeatmeten Schadstoffe wieder ausgeatmet werden und wo genau in der Lunge sich die verbleibenden Schadstoffe befinden. Der Messaufbau, der auch als Alternative zum Tierversuch entwickelt wurde, bedient sich dabei dreier Kernkomponenten (Module):

  1. Lungensimulator
  2. Aerosolmesseinheit
  3. Extrakorporaler Kreislauf

Der Lungensimulator

Der Lungensimulator selbst lässt sich als Hybridsimulator einstufen. Einerseits kann er im rein passiven Modus betrieben werden und ermöglicht damit zum Beispiel die Testung von aktiven Beatmungsgeräten. In diesem Anwendungsfall würde ein Lungenäquivalent durch von außen wirkende Veränderungen (Druckänderungen) beatmet werden. Unter einem Lungenäquivalent versteht man ein mechanisches Gegenstück zur Lunge. In der mechanischen Modellierung werden hierzu Latexbeutel, präparierte Schweinelungen oder auch künstlich am Leben erhaltene Schweinelungen als Äquivalent verwendet.

Andererseits ermöglicht die iLung 2.1 auch die Simulation einer aktiv spontan atmenden Lunge. Dieser Modus entspricht weitgehend der atmenden Lunge eines Menschen. Dabei wird in der Thoraxkammer ein Unterdruck erzeugt, wodurch eine Ausdehnung des Lungenäquivalents ähnlich der Einatmung im menschlichen Thorax erreicht wird. Der Ausatmungsprozess wird analog zur menschlichen Atmung realisiert und der Ausgangsdruck (nahe dem Umgebungsdruck) in der Thoraxkammer wieder hergestellt. Die Thoraxkammer stellt also ein Kernelement des Simulators dar. Diese ist in der Version 2.1 pneumatisch mit einem Balg verbunden, welcher durch einen Spindelmotor auf- und abwärts bewegt wird. Infolge der Änderung des Volumens im Balg wird der Druck in der Thoraxkammer direkt eingestellt, wodurch der Atmungsprozess simuliert wird. Bei der Atmung hängen unter anderem folgende Parameter zusammen und beeinflussen damit direkt das Atemverhalten, das durch die individuelle Situation der Testperson bestimmt wird:

  • Atemfrequenz
  • Tidalvolumen
  • inspiratorischer Druck

Die Atemfrequenz hat direkten Einfluss auf die Zeit, die ein Atemzyklus benötigt, und bestimmt damit auch das verschobene Volumen während der Atmung, das im Fall eines Atemzuges durch das Tidalvolumen definiert ist. Das Tidalvolumen stellt das während eines Atmungszyklus verschobene Luftvolumen dar. Wenn man von einer gesunden Lunge ausgeht, werden pathologisch verursachte Einflüsse auf den Atemprozess ignoriert. Das heißt, dass der inspiratorische Druck – der Druck, der während der Einatmung herrscht – von der Kombination von Atemfrequenz und Tidalvolumen abhängt.

Für die iLung bedeutet dies, dass die Werte für den Luftdurchfluss (Volumen über die Zeit) während des Atemzyklus für die Simulation ein essenzieller Regelbestandteil sein müssen. Daher werden die Messwerte des Durchflusses in der simulierten Luftröhre in beiden Richtungen in Echtzeit erfasst und analysiert und dienen damit dem Simulator als notwenige Regelgröße, um eine realistische physiologische, also gesunde Atmung zu ermöglichen.

Der Aufbau der iLung ermöglicht dabei die Nutzung unterschiedlicher Lungenäquivalente für unterschiedliche Anwendungsfälle. Im einfachsten Fall werden Latexbeutel mit definiertem Volumen in der Kammer als Äquivalent eingebracht. Dieser Aufbau ist besonders gut für Kalibrationsmessungen geeignet. Ebenso können Schweinelungen in der Thoraxkammer an der Luftröhre aufgehängt werden. Dabei spielt es für den Aufbau mechanisch keine Rolle, ob es sich um chemisch behandelte und haltbar gemachte Organe oder um frische, aus einem typischen Schlachtprozess entnommene Lungen handelt.

 iLung mit einer in der Thoraxkammer montierten präparierten Schweinelunge
Abb. 1: Die iLung mit einer in der Thoraxkammer montierten präparierten Schweinelunge (li.) sowie das mCM (mobile Cirulatory Module) zum Transport und zur Ernährung einer frischen Lunge (re.). Der Deckel der Thoraxkammer kann zwischen den Geräten mit einer daran montierten Lunge getauscht werden. Mathias Forjan
Rollerpumpe aus dem Projekt AlveoPic
Abb. 2: Die entwickelte Rollerpumpe aus dem Projekt AlveoPic mit den beiden Schlauchanschlüssen zur Verbindung mit der Lunge auf der einen Seite und dem Flüssigkeitsreservoir auf der anderen Seite. Mathias Forjan

Für die durchgeführten Messungen beeinflusst jedoch die Wahl des Lungenäquivalents die Messmöglichkeiten und Genauigkeiten erheblich. Wird bei einem Messaufbau für Messungen von Aerosolen eine chemisch vorbehandelte Lunge genutzt, hat dies den Vorteil, dass die interne Struktur der menschlichen Lunge ähnlicher ist, als es beim Latexbeutel der Fall ist. Allerdings wird die Ablagerung der Partikel in der Lunge durch die chemisch beeinträchtigte Gewebeoberfläche beeinflusst. Werden frische, künstlich am Leben erhaltene Lungen in den Messaufbau inkludiert, nähern sich die Eigenschaften der Lunge jenen einer menschlichen Lunge noch stärker an. 

Der technische Aufwand ist jedoch größer als bei den anderen Lungenäquivalenten. Im besten Fall sind nicht nur die Bronchien und Bronchiolen, sondern auch die kleinsten Einheiten, die Alveolen, zu einem großen Anteil noch funktionsfähig. Daher kann auch der Gasaustausch an diesem Gewebe noch stattfinden. Die Grundlage für eine solche anatomisch und physiologisch realistische Lungensimulation ist die Nutzung von frischen Schweinelungen. Die iLung wurde mit dem Ziel entwickelt, als mögliche Alternative zu Tierversuchen zum Einsatz zu kommen. Daher sind für die Simulation Organe, die während des normalen Schlachtprozesses entnommen werden könnten, das Mittel der Wahl. Ziel ist es dabei, das Organ so dem Prozess zu entnehmen, dass es einerseits den Simulationsanforderungen gerecht wird und andererseits der Eingriff die Hygienestandards des Schlachtprozesses nicht beeinträchtigt. Dadurch lässt sich ein Organ gewinnen, dessen anatomische Merkmale jenen der menschlichen Lunge sehr ähnlich sind und das daher für eine realistische Lungensimulation und Atmungssimulation geeignet ist.

Um eine solche realistische Simulation jedoch bewerkstelligen zu können, muss die Lunge nach der Entnahme so rasch wie möglich künstlich am Leben erhalten werden. Dazu flossen in Kooperation mit dem Wiener AKH Grundlagen der Transplantationsmedizin für Lungen in das Projekt ein. Bei einem seit einigen Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnenden Verfahren – der EVLP (Ex Vivo Lung Perfusion) – wird die Spenderlunge über einen Zeitraum von teilweise mehreren Stunden außerhalb des Körpers künstlich am Leben erhalten.

Extrakorporaler Kreislauf versorgt die Spenderlunge

Den Gasaustauch ebenso wie die Versorgung des Gewebes ermöglicht dabei ein extrakorporaler Kreislauf. In der klinischen Anwendung wird die Spenderlunge, je nach benutztem Entnahmeprotokoll, mit einer kühlen Lösung direkt nach der Entnahme durchgespült, um anschließend mit einer Blutersatzlösung auf physiologischem Temperaturniveau am Leben erhalten zu werden. Der Abbauprozess der Zellen im Organ lässt sich durch die EVLP hinauszögern und das Organ für längere Zeit den Medizinern außerhalb des Körpers zugänglich machen.

Ein solcher Kreislauf wurde auch als integrativer Bestandteil des iLung-Modells im Projekt AlveoPic (Advanced Lung research for VEterniary medicine Of Particles for Inhalation – Cooperation) an der FH Technikum Wien entwickelt. Die AUVA hat das Projekt AlveoPic, das von der EU im Rahmen des EFRE Programms gefördert wurde, kofinanziert und damit die Umsetzung des Projekts ermöglicht.

Dieses Projekt verfolgte u. a. die Zielsetzung, ein mobiles Kreislaufmodul namens mCM (mobile Circulatory Module) zu entwickeln, das eine Schweinelunge während des Transports vom Schlachthaus zum Labor künstlich am Leben erhält. Hierzu wird das Lungengewebe kontrolliert beatmet und mit einer blutähnlichen Nährlösung perfundiert. Die Kernbestandteile des entwickelten Moduls sind

  • eine Pumpe, umgesetzt als Rollerpumpe, wie in Abb. 2 gezeigt, zur Aufrechterhaltung des Flusses der Nährlösung, 
  • ein beheizbares Flüssigkeitsreservoir für die verwendete Blutersatzlösung,
  • eine Organkammer zur Lagerung des Organs während des Transport mit einem Verschluss, der mit der iLung-Deckelkonstruktion kompatibel ist, wie in Abb. 3 zu sehen ist, und
  • eine mobile Applikation zur Überwachung und Steuerung.
Deckelkonstruktion der Organkammer
Abb. 3: Deckelkonstruktion der Organkammer im mCM zur Entnahme des versorgten Organs vom mCM und Einbau in die iLung. Rechts im Bild ist das beheizbare Reservoir für die Nährflüssigkeit zu sehen. Mathias Forjan

Die Oberfläche der mobilen Applikation ist in Abb. 4 dargestellt. Die App kommuniziert mit dem mCM über eine Bluetooth-Schnittstelle und ermöglicht damit eine Überwachung des Organs während des Transports. Diese mobile Überwachungseinheit, genannt LUMOR (Kurzform für „Lungen Monitor“), greift auf Temperatur-, Druck- und Durchflusssensoren im Kreislauf zu. Ein mobiles Beatmungsgerät ermöglicht während des Transports den optimalen Gasaustausch in der entnommenen Lunge. Durch den interoperablen Verschluss lässt sich das Organ aus dem Kreislaufmodul am Anwendungsort der Messung in den Lungensimulator einbauen, wobei die Versorgung der Lunge nie unterbrochen werden muss.

Ab dem Zeitpunkt der Montage des Lungenäquivalents im Lungensimulator wird die künstliche Beatmung durch das Beatmungsgerät gestoppt und durch die eigenständige aktive Atmung der Lunge im Simulator ersetzt. Von da an ist die iLung einsatzbereit, um Messungen im Feld, wie zum Beispiel an einem Arbeitsplatz, durchzuführen.

Integriertes Aerosolmesssystem

Eine mögliche Anwendung wäre die Vor-Ort-Aerosolmessung an einem beliebigen Messplatz. Um die Aerosolmessungen zu ermöglichen, wurde ein Messsystem in den Lungensimulator inkludiert, das quantitative und qualitative Aussagen über die ein- und ausgeatmeten Partikel zulässt, ohne dabei den Atmungsprozess wesentlich zu beeinflussen. Zur Anwendung kommt im Messaufbau ein optisches Weißlicht-Aerosolspektrometer. Durch die Erfassung der Partikel während des Durchströmens eines mit Weißlicht ausgeleuchteten definierten Messvolumens wird eine minimalinvasive Messanordnung in den Simulator eingebunden.  Dieses Setup erlaubt es, den Luftstrom während des Atmungsprozesses möglichst wenig zu beeinträchtigen und damit durch die Messung selbst die Simulation der Atmung nicht zu beeinflussen. Das genutzte optische Aerosolspektrometer erfasst die Lichtsignale, die durch Streuung an den Partikeln im Sensor verursacht werden. Dieses etablierte Messverfahren musste zum Zweck der Einbindung in den Lungensimulator jedoch adaptiert werden.

Gemeinsam mit den Partnern wurden die digitalen Filter der Signalerfassung so modifiziert, dass sie eine Messung in einem nicht gleichförmigen Volumenstrom ermöglichen. Um das System in die iLung zu integrieren, wurde der Weißlichtsensor in die simulierte Trachea des Simulators aufgenommen. Dadurch ist gewährleistet, dass während des Ein- und Ausatemprozesses kontinuierlich die Partikelkonzentration der geatmeten Luft erfasst werden kann.

Partikel in einer Größenordnung von 0,2µm bis 100µm können mit diesem inkludierten optischen Aerosolspektrometer gemessen werden. Dabei stellen Partikel mit einem Durchmesser unter 2-3µm bereits eine Gruppe dar, welche die Alveolen erreichen kann. Partikel von größerem Durchmesser werden bereits im Nasen-Rachen-Raum abgeschieden und von dort durch physiologische Reinigungsprozesse wieder aus dem Körper transportiert.

Simples Niesen produziert daher nicht nur selbst ein Aerosol, sondern hilft auch, eingeatmete, möglicherweise schädliche Partikel auszuscheiden. Größere Partikel als jene, die den Alveolarbereich der Lunge erreichen können, scheiden sich im Lungengewebe aufgrund ihrer Masse in der Regel durch Impaktion oder Sedimentation ab, da sie nicht dem Luftstrom folgen können. Ist der Ablagerungsort nahe genug an den Reinigungsmechanismen des Respirationstraktes, können die Partikel von dort auch leicht wieder abtransportiert werden. Die menschliche Atmung ist weder durch eine gleichbleibende Strömungsrichtung – man atmet ja schließlich auch aus – noch durch eine kontinuierliche Luftströmung während des Atemprozesses charakterisiert. Diese sich ständig ändernden Umgebungsbedingungen beeinflussen daher auch die Ablagerung und den Transport der eingeatmeten Partikel.

Aus diesem Grund wurde auch in den unter anderem durch die AUVA geförderten Projekten an der FH Technikum Wien die optische Online-Aerosolmesseinheit in den Lungensimulator integriert. Durch die Eingliederung dieses Messverfahrens kann die Aerosolmessung während der Atemprozesse realistischer an die tatsächlichen Luft- und Partikelbewegungen und damit an die einhergehenden Ablagerungen in der Lunge angepasst werden als bei rein quantitativen und stationären Messverfahren. Letztere bieten eine ausreichend gute Informationsbasis, um Luftgüte und Partikelbelastung an einem bestimmten Ort zu evaluieren, erlauben jedoch nur durch mathematische Modelle Rückschlüsse auf die wahrscheinliche Deposition in der Lunge.

Oberfläche der mobilen Überwachungsapplikation LUMOR
Abb. 4: Die Oberfläche der mobilen Überwachungsapplikation LUMOR – oben ohne Alarmierung, unten mit Alarmierung durch zwei Grenzwertüberschreitungen. Mathias Forjan

Für die zukünftige Verwendung des iLung-Modells bieten sich eine Vielzahl von Anwendungsfeldern an. Auf der einen Seite soll die iLung als tatsächliche Alternative zum Tierversuch weiterentwickelt werden. Inhalatorische Messungen von Substanzen sollen durch den Schluss des Messkreislaufs zwischen dem atmenden Organ und der Ermittlung der Zytotoxizität ermöglicht werden. Gewebeproben könnten dabei aus definierten Arealen des Organs entnommen werden, nachdem die Lunge eine bestimmte oder auch unbestimmte Substanz über einen definierten Zeitraum tatsächlich eingeatmet hat. Durch diesen Messaufbau lassen sich Messverfahren zur Ermittlung der Zytotoxizität nicht nur auf Basis theoretischer Konzentrationen durchführen, sondern durch realistische, tatsächlich gemessene Partikelkonzentrationen bereichern. Auf der anderen Seite steht als eine der Anwendungsmöglichkeiten der praktische Einsatz der iLung im Feld. Es ist also auch möglich, die iLung an potenziell mit Aerosolen kontaminierten Arbeitsstätten zur Quantifizierung der Belastung einzusetzen. Der Messaufbau könnte an einem Arbeitsplatz aufgebaut werden und über einen typischen Arbeitstag einer Person – angepasst darauf, ob Teilzeit, Vollzeit oder Schichtbetrieb – eine realistische Näherung der tatsächlichen Partikelbelastung durch Inhalation erfassen.

Da die Aerosolproduktion in verschiedenen Betrieben zum Teil als immanenter (z. B. Lackierereien), zum Teil als unfreiwilliger Bestandteil (Frisörsalon) auftritt, wären Vor-Ort-Messungen mit dem iLung-Modell in Zukunft möglich, um eine noch realistischere Abschätzung der effektiven Partikelbelastung am Arbeitsplatz zu erhalten. Dabei werden zusätzlich Daten erhoben, welche die individuelle Arbeitsplatzsicherheit weiter zu erhöhen erlauben. Diesem Anwendungsfall wurde auch mit einem Artikel in der Tageszeitung „Der Standard“ (http://derstandard.at/2000026335244/Einmal-tief-Luft-mit-Chemikalien-holen) Rechnung getragen, der das Bild der Anwendung der iLung in einem Frisörsalon vor Augen führt. Auf diese Weise werden die Möglichkeiten der Messung der Aerosolbelastung an einem typischen Arbeitsplatz pointiert dargestellt.

Zusammenfassung

Ein neu entwickelter Lungensimulator soll die Erforschung der Ursachen von Atemwegserkrankungen erleichtern. Das mobile System kann unter anderem auch direkt im Arbeitsumfeld eingesetzt werden.


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