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Betriebliches Gesundheitsmanagement

Heart Work statt Hard Work

Das Seminarhotel Schindlerhof gilt weit über die bayrischen Grenzen hinaus als Musterbeispiel für „gesundes Führen“. Der selbstdefinierte Anspruch lautet: „Arbeit sollte ans Herz gehen, nicht an die Nieren.“

Teamfoto in Herzform
Für das Teamfoto wurde nicht zufällig die Herzform gewählt. Um einen wertschätzenden Umgang untereinander kümmern sich speziell die „Herzlichkeitsbeauftragten“. Schindlerhof

Im Vier-Sterne-Tagungshotel Schindlerhof in Nürnberg finden jährlich über 1.600 Seminare statt. Da bleibt viel zu tun für die rund 70 Angestellten. Der Stress im traditionsreichen Familienbetrieb hält sich dank einer ungewöhnlichen Unternehmens- und Führungskultur dennoch in Grenzen. Der Schindlerhof wurde 1984 von Renate und Klaus Kobjoll gegründet. Inzwischen leitet deren Tochter Nicole Kobjoll den Betrieb. Sie konnte in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe renommierter Auszeichnungen einheimsen, unter anderem jene als bester Ausbildungsbetrieb Bayerns oder als „Deutschlands bester Arbeitgeber“ in der Kategorie Hotellerie. „Begeisterung“ ist übertragbar – davon sind die Kobjolls jedenfalls überzeugt. Wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter also von ihrer Arbeit begeistert sind, dann werden es in der Folge auch die Gäste sein, so lautet die denkbar einfache Erfolgsformel der Gast- und Arbeitgeber. „SpielKultur“ nennen sie ihr Mitarbeiterkonzept ganz bewusst, mit dem „die besten Mitarbeiter“ nicht nur gewonnen, sondern auch zum „langfristigen Verweilen im Schindlerhof“ motiviert werden sollen.

Freude, Harmonie und Freiheit seien die zentralen Elemente dieser „SpielKultur“, erläuterte Nicole Kobjoll am 5. Jahresforum für Betriebliches Gesundheitsmanagement. Jedwedes Hierarchieverhalten, Uniformität oder Privilegien wären in diesem Zusammenhang kontraproduktiv, Individualität, höchste Entscheidungsbefugnisse sowie die Übernahme an Verantwortung hingegen förderlich.

Zur Verantwortung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehört es unter anderem auch, sich die neuen Kolleginnen oder Kollegen selbst auszusuchen. „Damit alle im Team unsere Vision mittragen, müssen die Mitarbeiter unsere Grundausrichtung teilen“, erzählt Nicole Kobjoll. Die Chefin behält sich lediglich ein Vetorecht vor.

Fehler des Monats

Entscheidungsbefugnisse und Verantwortung zu übergeben, heiße immer auch, Fehler zuzulassen und sie als wertvolle Ressource zu nutzen, um Prozesse zu verbessern bzw. Potenziale auszuschöpfen. „Fehlerfreudigkeit“ nennt das Nicole Kobjoll: „Wenn man Innovationskraft propagiert, dann muss man Fehler zulassen und daraus lernen. Daher küren wir seit Jahren im Schindlerhof intern den ‚Fehler des Monats‘. Allererste Preisträgerin war meine Mutter, die zweite war ich. Ich habe so viel aus meinen Fehlern gelernt, ich denke daher nach, noch ein paar zu machen.“ Verantwortung können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aber nur dann übernehmen, wenn sie über die notwendigen Informationen verfügen. Vollständige Transparenz und ein offenes Kommunikationsverhalten untereinander bilden daher eine zweite wesentliche Säule der Kobjollschen Unternehmenskultur.

Harmonie wiederum habe nichts damit zu tun, Streitigkeiten oder Auseinandersetzungen zu vermeiden. Diese müssten sehr wohl offen ausgetragen werden, danach sollten aber alle Beteiligten wieder rasch zu einem „wertschätzenden, freundschaftlich, liebenswerten Umgang zurückkehren“.

Herzlichkeitsbeauftragte

Ein Symbol für den liebenswerten Umgang im Team sind die sogenannten „Herzlichkeitsbeauftragten“, die in jedem Leistungsbereich für eine gewisse Zeitspanne ernannt werden. Diese „Forscher in Sachen Herzlichkeit“ wachen über den wertschätzenden Umgang, sowohl mit den Gästen als auch innerhalb der Kollegenschaft.

Da Herzlichkeit auch ansteckend sein kann, versuchen die ernannten Protagonistinnen und Protagonisten, diese mithilfe von Ritualen oder kleinen Aufmerksamkeiten entsprechend zu fördern. Sie veranstalten etwa in regelmäßigen Abständen Teampartys, bei denen mit Champagner auf einen erfolgreichen Tag angestoßen wird, Azubi-Welcome-Partys oder auch eigene Verabschiedungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die den Betrieb verlassen. Das Ritual der Verabschiedung lohne sich, ist Nicole Kobjoll überzeugt, weil viele der Verabschiedeten irgendwann wieder zurückkehren würden: „Ich habe das früher falsch gesehen, war persönlich beleidigt bei jedem, der gekündigt hat. Das ist in Wahrheit aber wie in jeder funktionierenden Familie, auch dort müssen die Kindern rausgehen.“ Für ausgezeichnete Lehrlinge gibt es zudem Ausflüge (Nicole Kobjoll war mit ihnen etwa in London oder Dublin), für alle kleine, aber individuelle Geschenke zu außergewöhnlichen Terminen, zum Beispiel am Beginn ihrer Jahresurlaube. In der internen „Aufgabenbörse“ können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die ihnen zugeteilte Aufgaben untereinander tauschen.

All diese Maßnahmen dienen einem zwar fordernden, aber harmonischen, wertschätzenden Umgang innerhalb des Teams. Sie sind in diesem Sinn auch „gesundheitsfördernd“, weil sie – vor allem psychische – Belastungen reduzieren. Nicole Kobjoll ist von ihrem außergewöhnlichen Weg jedenfalls überzeugt: „Das Schöne ist: Am Ende bekommst du alles zurück. Es ist immer ein Geben und Nehmen. Natürlich musst du zuerst einmal etwas investieren, aber dann kommt unglaublich viel zurück.“

Zusammenfassung

Mit einer Reihe von Maßnahmen versucht das Seminarhotel Schindlerhof im bayrischen Nürnberg, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Arbeit zu begeistern und bestmöglich zu motivieren. Damit können psychische Belastungen reduziert oder gar vermieden werden. Somit sind auch diese Maßnahmen „gesundheitsfördernd“.


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